Rassismus-Reports von ZARA und TIGRA für 2015 (I)

Gle­ich zwei Ras­sis­mus-Berichte wur­den am Mon­tag, 21. März präsen­tiert. Das hängt damit zusam­men, dass der 21. März von der UNO als inter­na­tionaler Tag zur Über­win­dung ras­sis­tis­ch­er Diskri­m­inierung benan­nt wurde. Deshalb präsen­tierte der Vere­in ZARA in Wien seinen öster­re­ich­weit­en Ras­sis­mus-Report für das Jahr 2015 und die „Tirol­er Gesellschaft für ras­sis­muskri­tis­che Arbeit“ (TIGRA) den Tirol­er Ras­sis­mus­bericht 2015.

ZARA doku­men­tiert für ganz Öster­re­ich 927 ras­sis­tis­che Vor­fälle, TIGRA allein für Tirol 247. Die Erk­lärung für diese Zahlen ist ganz ein­fach und gle­ichzeit­ig eine Bestä­ti­gung für die Arbeit bei­der Organ­i­sa­tio­nen: bei­de Zahlen doku­men­tieren nicht alle ras­sis­tis­chen Vor­fälle im jew­eili­gen Bere­ich, son­dern nur die jew­eils von den bei­den Beratungsstellen erfassten Vor­fälle. Anders aus­ge­drückt: wo Infor­ma­tion und Beratung stat­tfind­et, wird auch gemeldet.

Für TIGRA ist es der zweite Jahres­bericht – der Trägervere­in wurde 2013 gegrün­det, erhielt 2014 ein Büro in Inns­bruck und veröf­fentlichte im Vor­jahr seinen Bericht für das Jahr 2014. 94 Vor­fälle waren es damals, 247 im Vor­jahr. Der gewaltige Anstieg lässt sich vielle­icht noch irgend­wie damit klein­er reden, dass es eben auch einige Zeit dauert, bis Betrof­fene auf eine solche Beratungsstelle aufmerk­sam wer­den. Aber man ahnt es und spürt es wohl auch, dass der Ras­sis­mus im Jahr 2015 eine neue Qual­ität erre­icht hat.

„Das Jahr, in dem Ras­sis­mus ganz nor­mal wurde“, titelt der „Stan­dard“ in der Print- Aus­gabe vom 22.3. seinen Bericht über den Ras­sis­mus-Report von ZARA. Seit dem Jahr 2000 doku­men­tiert ZARA (ste­ht für Zivil­courage und Anti-Ras­sis­mus-Arbeit ) seine Arbeit in den jährlichen Reports. Die Jahres­berichte wer­den immer bess­er, genauer, analytischer.

Ein Beispiel dafür: die Tabelle, die den rapi­den Anstieg bei ras­sis­tis­chen Vor­fällen im Inter­net dokumentiert.

Aber auch bei den erfassten ras­sis­tis­chen Vor­fällen ins­ge­samt hat sich einiges getan: etwas mehr als 300 waren es 2001, 2010 745, 2014 794 und 2015 schließlich 927. Die Zahlen zeigen nicht mehr als die Spitzen von Eis­ber­gen – wenn man dann die exem­plar­ischen Einzelfall­berichte liest, weiß man , wie schreck­lich diese ras­sis­tis­chen Über­griffe für Betrof­fene sind. Und wie unschätzbar wichtig es ist, dass es Ein­rich­tun­gen wie ZARA und TIGRA gibt, die ihnen zuhören, für sie Partei nehmen.

Viele dieser Einzelfall­berichte enden näm­lich so:

„Da die drei Angst haben, erstat­ten sie keine Anzeige. ZARA bietet Frau S. an, die drei Betrof­fe­nen nachträglich dabei zu unter­stützen, doch noch Anzeige zu erstat­ten, sofern diese das möcht­en. Frau S. bedankt sich für die Beratung und informiert ZARA in der Folge, dass die betrof­fene Fam­i­lie mit dem Fall abschließen und keine weit­eren Schritte set­zen möchte“ (Einzelfall 8, p.16). – Oder so:

„ZARA bietet Her­rn K. abschließend noch an, Anzeige gegen den Mann wegen ras­sis­tis­ch­er Belei­di­gung und gefährlich­er Dro­hung zu erstat­ten, da diese Anzeigen offen­bar nicht durch die Polizei erfol­gt sind. Herr K. entschei­det sich aber dage­gen, da er mit dem Vor­fall abschließen möchte“ (Einzelfall 9, p.17).


Alpen-Donau ärg­erte sich regelmäßig über Zara. Alpen-Donau gibt es nicht mehr
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Was ZARA da beschreibt, Angst, Ver­let­zung, fehlende Unter­stützung durch andere (Zeu­gen, Exeku­tive, Vorge­set­zte), find­et sich auch im Ras­sis­mus- Bericht von TIGRA:

„Nach­dem keine weit­ere sofor­tige aus­sicht­sre­iche Möglichkeit gefun­den wer­den kon­nte, entsch­ied sich der betrof­fene Mann dazu, seinen Arbeit­splatz zu ver­lassen“ (Einzelfall: Ras­sis­tis­che Beschimpfung/Beleidigung am Arbeit­splatz, p. 28). Oder auch

„Der Fall wurde von TIGRA aufgenom­men und doku­men­tiert. Die Betrof­fe­nen waren sehr ver­let­zt und ent­täuscht, woll­ten den Vor­fall aber nicht weit­er­ver­fol­gen“ (Einzelfall: Her­ab­würdi­gende Behand­lung eines Kindes, p. 35).

Der Ter­mi­nus Einzelfall täuscht bei den Reak­tio­nen der Betrof­fe­nen darüber hin­weg, dass ihre sehr ver­ständliche Reak­tion, den jew­eili­gen Vor­fall nicht weit­er zu ver­fol­gen, abschließen zu wollen, eine sehr typ­is­che und keineswegs einzelfall­hafte ist.