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FPÖ/RFJ Wels: „Freche Fahne, Kamerad!“

Elf Man­da­te hat die FPÖ im Wel­ser Gemein­de­rat. Die SPÖ als stim­men­stärks­te Par­tei stellt 14 Man­da­te und den Bür­ger­meis­ter. Die ÖVP hat acht Man­da­te und die Grü­nen drei. Es gibt also schon jetzt labi­le Mehr­heits­ver­hält­nis­se in Wels. Nach der Gemein­de­rats­wahl am 27. Sep­tem­ber ver­mut­lich noch mehr. Höchs­te Zeit also, sich die FPÖ-Kan­­di­­da­­tIn­­nen-Lis­­te etwas genau­er anzuschauen. […]

22. Sep 2015

Der Wahl­kampf­au­t­akt der FPÖ OÖ fand nicht zufäl­lig in Wels statt. Die FPÖ will die Mehr­heits­ver­hält­nis­se in der Stadt ändern. Dafür mobi­li­siert sie alles. Beim Auf­takt waren auch eini­ge Rechts­extre­me dabei. Einer hat sich sogar den Hit­ler auf die Wadln täto­wie­ren las­sen und ihn prä­sen­tiert. Mit ein­schlä­gi­gen Tat­toos und T‑Shirts ist bei den Kan­di­da­tIn­nen der FPÖ Wels ver­mut­lich nicht zu rech­nen. Oder doch?

Ralph Schä­fer, ein lang­jäh­ri­ger Funk­tio­när des RFJ, kan­di­diert auf Platz 10 für die Wel­ser FPÖ. Aktu­ell trägt er lie­ber Lacos­te-Lei­berl, aber frü­her ein­mal war es ein „Masterrace“-Sweater. Wir neh­men wie üblich an, dass der Kan­di­dat für den Gemein­de­rat nicht wuss­te, wel­che Inschrift er da auf sei­nem Pul­li hat­te und ihm die Über­set­zung mit „Her­ren­ras­se“ und „Her­ren­volk“ nichts wei­ter sagt.

Jetzt hat er mit Kame­ra­den eine Art Bür­ger­wehr in sei­nem Wel­ser Wohn­be­zirk gegrün­det, wie der „Kurier“ (22.9.15) berich­tet. In einem Flug­blatt warnt er: „Auf­grund der jüngs­ten Vor­fäl­le und der Macht­lo­sig­keit der Exe­ku­ti­ve gegen­über kri­mi­nel­len Ein­bre­cher­ban­den aus dem Aus­land sind sämt­li­che Bewoh­ner zur Vor­sicht und vor allem zur Wach­sam­keit auf­ge­ru­fen!!!” (Kurier, 22.9.15)

Angeb­lich hat sei­ne Trup­pe am 13. August zwei ver­däch­ti­ge Män­ner „auf­ge­grif­fen“, die die Gegend aus­kund­schaf­ten woll­ten: „Nach Ver­stän­di­gung der Poli­zei stell­te sich her­aus, dass dies ledig­lich ein Vor­wand war, um die Gegend aus­zu­kund­schaf­ten.” (Kurier) Die Poli­zei weiß zwar von einer Mel­dung, aber nichts von einem Zusam­men­hang mit Straf­ta­ten. Ob Schä­fer mit „Mas­ter­race“-Lei­berl patrouil­liert? Oder ist eine RFJ-Bürgerwehr?

Der „Kurier“ hat über den Kan­di­da­ten noch etwas ande­res erfah­ren. 2009 hat es ein Ver­fah­ren nach dem NS-Ver­bots­ge­setz gegen ihn gege­ben, das mit Diver­si­on been­det wur­de. Des­we­gen soll er bis März auch für eine Offi­ziers­lauf­bahn gesperrt gewe­sen sein, was der FPÖ-Spit­zen­kan­di­dat Rabl bestä­tigt: „Ja, das stimmt.”

Auch der Kan­di­dat für Platz 9, Mark Pau­lus­ber­ger, eben­falls ein RFJ-Funk­tio­när, hat ähn­li­che Pro­ble­me. 2013 gab er auf Face­book als musi­ka­li­schen Favo­rit einen Song der Neo­na­zi-Band „Sturm­wehr“ an. Jens Bruch­er­s­ei­fer, Sän­ger der Grup­pe, gas­tier­te übri­gens solo bei den Neo­na­zis von Objekt 21.

An Mark Pau­lus­ber­ger lässt sich gut beob­ach­ten, dass ihm der mehr­jäh­ri­ge inten­si­ve Kon­takt mit FPÖ und RFJ nicht gut getan hat. Waren vor eini­gen Jah­ren sei­ne Kom­men­ta­re noch harm­los und ver­bind­lich im Ton, so hat sich das in letz­ter Zeit geän­dert. Der Kan­di­dat scheut sich nicht, die dümms­ten Hetz­pos­tings wei­ter zu ver­brei­ten. Etwa das von „Anony­mous“, wonach mitt­ler­wei­le 4.000 aus­ge­bil­de­te und trai­nier­te IS-Kämp­fer als Flücht­lin­ge nach West­eu­ro­pa ein­ge­schleust wor­den wären. Oder das Bild mit dem angeb­li­chen IS-Kämp­fer am Münch­ner Haupt­bahn­hof.

Als Pau­lus­ber­ger dann ein Zitat von Vik­tor Orbán, dem unga­ri­schen Regie­rungs­chef, über­nimmt, reißt einem Bekann­ten die Geduld: „Mark schäm dich. Vor 5 Jah­ren warst noch ein ambi­tio­nier­ter Jung­po­li­ti­ker der poli­ti­sche The­men kri­tisch betrach­tet hat…jetzt bist du nicht mehr als ein rechts­extre­mer Par­tei­sol­dat, der ohne die Quel­len zu prü­fen, fal­sche Hass- und Angst­bot­schaf­ten verbreitet.“

Pau­lus­ber­ger ant­wor­tet: „Peter mich stimmt es trau­rig, dasst du den Main­stream Medi­en ver­fal­len bist. Ich und rechts­extrem ist doch ein scherz oder :)).
Peter war­um soll ich wirt­schafts Flücht­lin­ge inte­grie­ren ??. Ver­ges­sen wir alle geset­ze ??? Ver­ges­sen wir unse­re Hei­mat ?. Wir sind nicht das sozi­al Amt der Welt.“

Dass er in sei­ner Ant­wort auf rechts­extre­me Slo­gans („Main­stream-Medi­en“, „Sozi­al­amt der Welt”) zurück­greift, fällt ihm dabei anschei­nend nicht ein­mal mehr auf.

2013 war noch ande­res von ihm zu lesen: „Wir fah­ren mit Rechts­ra­di­ka­len sofort ab“, erklär­te er anläss­lich sei­ner Wahl zum RFJ-Bezirks­ob­mann. Dazu noch ein auf­mun­tern­des „Auf gehts“

Dass das Ver­spre­chen, Rechts­extre­me aus dem RFJ zu ent­fer­nen, nicht beson­ders ernst gemeint sein konn­te, dafür lie­fer­te Pau­lus­ber­ger selbst einen sehr anschau­li­chen Beleg. Ein paar Mona­te vor sei­nem Spruch mit dem Auf­räu­men, Anfang 2013, pos­te­te ein Freund von ihm ein Foto, in dem ein Aus­schnitt der deut­schen Reichs­kriegs­flag­ge (in der Fas­sung von 1933 bis 1935) zu erken­nen ist – ein von Neo­na­zis ger­ne benutz­tes Motiv. Pau­lus­ber­ger reagiert auch klas­sisch: „Fre­che fah­ne kame­rad !“ Dann setzt er noch nach: „Per­fekt.”

Damit es kei­ne Über­ra­schun­gen bei den Kan­di­da­tIn­nen gibt, hat die FPÖ Wels die ers­ten 30 eine Erklä­rung unter­schrei­ben las­sen, in der sie ein Bekennt­nis zu Repu­blik, Demo­kra­tie, Ver­fas­sung und gegen Extre­mis­mus able­gen muss­ten. Wie zu sehen ist, ohne Erfolg.