Wolfgang Haberler (I) – der Rechtsaußen von Wiener Neustadt

Die Bewer­tung der Wahl des ÖVP-Klub­­o­b­­manns im nie­der­ös­ter­rei­chi­schen Land­tag, Klaus Schnee­ber­ger, zum Bür­ger­meis­ter von Wie­ner Neu­stadt durch ÖVP, FPÖ, die Lis­te Slu­­ka-Gra­b­­ner, die Lis­te Haber­ler und eine Gemein­de­rä­tin der Grü­nen ist eine Sache. Fakt ist jeden­falls, dass Wolf­gang Haber­ler, der ein­zi­ge Gemein­de­rat der Lis­te Wie­ner Neu­stadt Aktiv, in den rund 30 Jah­ren poli­ti­scher Tätig­keit klar […]

26. Feb 2015

Sei­ne poli­ti­sche Kar­rie­re begann er in den 1980er-Jah­ren als Funk­tio­när des Rings Frei­heit­li­cher Jugend. Es folg­te ein rascher Auf­stieg zum Bezirks­par­tei­ob­mann der FPÖ (1986), Gemein­de­rat (1990) und Land­tags­ab­ge­ord­ne­ten der FPÖ (1993). Schon von Anfang an war Haber­ler ein­schlä­gig auf­ge­fal­len, ohne dass sei­ne blaue Kar­rie­re dadurch irgend­wie beein­träch­tigt wor­den wäre. Im Gegen­teil: Haber­lers stramm rech­ter Kurs fand immer wie­der aus­rei­chend Unter­stüt­zung in der Partei .

Sturmtruppe Ost

In der rechts­extre­men Pos­til­le „Der Völ­ker­freund“ beklag­te er sich 1988 über das „Dik­tat von St. Ger­main“. 1990 wur­den dann vier Jugend­li­che fest­ge­nom­men, als sie gera­de Pla­ka­te der „Sturm­trup­pe Ost” mit der Paro­le „Öster­reich war deutsch, ist deutsch und bleibt deutsch“ affi­chie­ren woll­ten. Mit dabei auch: der dama­li­ge Obmann des RFJ Wie­ner Neu­stadt, Patrick P.. Die Pla­ka­te der „Sturm­trup­pe Ost”, die ihr „S” mit der Sig-Rune zeich­ne­te, waren in der FPÖ-Zen­tra­le in Wie­ner Neu­stadt gedruckt wor­den. Dort fan­den sich bei einer Haus­durch­su­chung auch die Druck­plat­ten. Haber­ler als ver­ant­wort­li­cher Funk­tio­när der FPÖ Wie­ner Neu­stadt erklär­te, mit der „dum­men“ Sache nichts zu tun zu haben und kün­dig­te eine Anzei­ge an: gegen den Poli­zei­ein­satz wegen Haus­frie­dens­bruch. Die Neo­na­zis von Micha­el Küh­nens „Neu­er Front” in der BRD rühm­ten sich damals einer funk­tio­nie­ren­den Kame­rad­schaft in Wie­ner Neu­stadt. Die Grup­pe wur­de wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung und Sach­be­schä­di­gung von der Poli­zei ange­zeigt. Von einer Ankla­ge bzw. einem Pro­zess ist aller­dings nichts bekannt.

Waffenaffäre

Mit­te der 1990er-Jah­re beschäf­tig­te eine Waf­fen­af­fä­re nicht nur Medi­en wie „pro­fil“ und „Fal­ter“, son­dern auch das Par­la­ment, wo sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Abge­ord­ne­te in Anfra­gen Auf­klä­rung über die Betei­li­gung von Wie­ner Neu­städ­ter FPÖ-Funk­tio­nä­ren, dar­un­ter Haber­ler, an ver­bo­te­nen Waf­fen­lie­fe­run­gen ins kroa­ti­sche Kriegs­ge­biet forderten.

In der „Neu­en NÖN-Wie­ner Neu­städ­ter Zei­tung“ (17. Mai 1995) waren schwe­re Vor­wür­fe gegen Haber­ler und den AUF-Poli­zis­ten Man­fred P. erho­ben wor­den. Die Zei­tung ver­öf­fent­lich­te außer­dem ein Foto, das Haber­ler in einem kroa­ti­schen Schüt­zen­gra­ben posie­rend mit einer Kalasch­ni­kow zeigt. In der par­la­men­ta­ri­schen Anfra­ge (1237/J vom 1.6.1995) der Abge­ord­ne­ten Grab­ner und Stip­pel heißt es: „Außer­dem behaup­tet ein ehe­ma­li­ger Par­tei­freund von Habe­ler, die­ser habe ‚nach aus­rei­chen­dem Kon­sum von Alko­hol‘ (…) ‘Lie­der gesun­gen, die nur einen ein­deu­ti­gen Schluß auf kroa­tisch-faschis­ti­sche Ten­den­zen haben konnten‘.“


Par­la­men­ta­ri­sche Anfra­gen zu Habe­ler und Poli­zei­be­am­ten Man­fred P.

Die Infor­ma­tio­nen über die Betei­li­gung von Haber­ler und dem AUF-Poli­zis­ten Man­fred P. an den Waf­fen­lie­fe­run­gen und den Auf­tritt im kroa­ti­schen Schüt­zen­gra­ben stamm­ten von FPÖ-Funk­tio­nä­ren aus Wie­ner Neu­stadt, die kurz danach die Par­tei verließen.

Die Zeit­schrift „pro­fil“ schrieb damals:

Als der Krieg nach Kroa­ti­en kam, began­nen die Wie­ner Neu­städ­ter Frei­heit­li­chen Decken, Medi­ka­men­te und Lebens­mit­tel zu sam­meln. Sie betrie­ben einen Schnaps­stand, wo sie an Pas­san­ten Punsch aus­schenk­ten. Der Erlös soll­te die Hilfs­lie­fe­run­gen finan­zie­ren. Haber­ler und P.(Abkürzung durch SDR), er ist Mit­glied der „Akti­ons­ge­mein­schaft Unab­hän­gi­ger und Frei­heit­li­cher” (AUF) bei der Exe­ku­ti­ve, sorg­ten dafür, daß die Lie­fe­run­gen anka­men: in Nova Gra­dis­ca an der Front in West-Slawonien.
Bei Medi­ka­men­ten und Decken, so behaup­ten Teil­neh­mer, blieb es nicht. So ging am 11. Jän­ner 1993 ein äußerst merk­wür­di­ger Trans­port in Rich­tung Krieg. Kaum hat­ten damals die Hel­fer, alle­samt Mit­glie­der der F, ihre Lie­fe­rung in den Lager­hal­len abge­ge­ben, zogen sie ins Feld. Auf „Front­be­sich­ti­gung”, wie es offi­zi­ell hieß — fünf Tage lang. Bewaff­net mit geborg­ten Kalasch­ni­kows und eige­nen Pis­to­len, stan­den unter ande­rem Volks­ver­tre­ter Haber­ler und der Wie­ner Poli­zist P. im Schüt­zen­gra­ben. Nur für „Erin­ne­rungs­fo­tos”, wie bei­de spä­ter erklär­ten.
 (pro­fil 24/1995)

Haber­ler ant­wor­te­te auf die Vor­wür­fe sei­ner Par­tei­freun­de mit zivil­recht­li­chen Kla­gen. Das Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um erklär­te, den Aus­gang des Zivil­pro­zes­ses abwar­ten zu wol­len, bevor man wegen der Waf­fen straf­recht­lich ermitt­le. Und so nahm die Affä­re ein nicht uner­war­te­tes Ende durch einen Ver­gleich der Streit­par­tei­en, den die NÖN so zusammenfasste:

Der Beklag­te kann nicht bestä­ti­gen, daß die vom Klä­ger gesun­ge­nen Lie­der kroa­tisch-faschis­ti­schen Inhalt hat­ten. 2. Der Beklag­te erklärt des­wei­te­ren, daß er kei­ne per­sön­li­chen Wahr­neh­mun­gen dar­über gemacht habe, daß der Klä­ger Waf­fen und/oder Muni­ti­on ins ehe­ma­li­ge Jugo­sla­wi­en trans­por­tiert hat­te bzw. hät­te. Der Beklag­te hat nie behaup­tet, sol­ches per­sön­lich wahr­ge­nom­men zu haben. 3. Das übri­ge Unter­las­sungs­be­geh­ren wird zurück­ge­nom­men. Die Punk­te 1b und 1c (es gebe Fotos von Haber­ler in ein­deu­tig rechts­extre­mer Posi­ti­on, Haber­ler habe alko­ho­li­siert Auto­un­fäl­le ver­ur­sacht und Fah­rer­flucht began­gen, Anm. der Red.) wer­den ersatz­los fal­len gelas­sen. (NÖN, 4.12.1995)

Haber­ler über­nahm die noch offe­nen Anwalts­kos­ten der Gegen­sei­te – und das war’s dann.

Lehrlinge, Sozialfälle und Läuse

Im Okto­ber 1997 bezeich­ne­te Haber­ler in einer Debat­te im nie­der­ös­ter­rei­chi­schen Land­tag Lehr­lin­ge als „Läu­se”. Von fünf Lehr­lin­gen, die das AMS einem Unter­neh­men schi­cke, sei­en ein bis zwei „Läu­se”, die nicht mehr los­zu­krie­gen sei­en und vom AMS auch ganz bewusst als Sozi­al­fäl­le los­ge­schickt wor­den sei­en, so der dama­li­ge FPÖ-Land­tags­ab­ge­ord­ne­te, der pas­sen­der­wei­se auch Arbeit­neh­mer­spre­cher war. Trotz eini­ger hef­ti­ger Pro­tes­te (ÖGB und ÖGJ) blieb auch die­ser Sager ohne Kon­se­quenz. Zwei Mona­te spä­ter ent­schul­dig­te sich Haber­ler in der übli­chen frei­heit­li­chen Manier („Die Aus­sa­ge war nur unglück­lich for­mu­liert und wur­de aus dem Zusam­men­hang geris­sen“) – das war es dann. Drei Jah­re zuvor hat­te der Lan­des­vor­stand der Frei­heit­li­chen Arbeit­neh­mer vor einer dro­hen­den Macht­über­nah­me Haber­lers in die­ser Orga­ni­sa­ti­on gewarnt – die War­nung ist den Funk­tio­nä­ren nicht gut bekommen.


Haber­ler im nie­der­ös­ter­rei­chi­schen Land­tag zu Lehrlinge

„Der Wolf­gang, der ist halt ein Ste­her“, erklär­te ein frei­heit­li­cher Par­tei­ka­me­rad der Zeit­schrift „For­mat“ (25/2002), um zu beschrei­ben, war­um Haber­ler so vie­le poli­ti­sche und per­sön­li­che Affä­ren in der FPÖ über­lebt hat­te. Der „Ste­her“ ist aber nicht ein­mal die hal­be Wahr­heit. Tak­tie­ren und Frak­tio­nie­ren hat­te er offen­sicht­lich früh­zei­tig beim RFJ erlernt und davon bis 2002 für sei­ne Funk­tio­nen inner­halb der FPÖ reich­lich Gebrauch gemacht. Haber­ler hat auch für und gegen die FPÖ-Lan­des­par­tei- bzw. Klub­ob­leu­te Bern­hard Grat­zer, Ernest Wind­holz, Bar­ba­ra Rosen­kranz und Ewald Stad­ler intri­giert – und sie bis 2002 über­lebt. Dann war aller­dings Schluss mit der FPÖ.

➡️ Wolf­gang Haber­ler (II) – Zwi­schen Sprit­zen­trau­ma und Horst-Wessel-Lied
➡️ Wolf­gang Haber­ler (III) – Mie­ter­freund oder Ausländerfeind?
➡️ Wolf­gang Haber­ler (IV) – Trü­be Aussichten

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