Attacken auf Moscheen: Einzelfälle?

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Unter­schied­li­cher könn­ten die Reak­tio­nen nicht sein: In Schwe­den gin­gen Tau­sen­de Men­schen nach den Atta­cken auf isla­mi­sche Gebets­stät­ten auf die Stra­ße, die Poli­zei ver­stärk­te ihre Patrouil­len bei mus­li­mi­schen Ein­rich­tun­gen und die Regie­rung will die Sicher­heits­be­dürf­nis­se der Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten klä­ren. In Öster­reich beschwer­te sich die isla­mi­sche Glau­bens­ge­mein­schaft über die Schweig­sam­keit der Medi­en, und ein Spre­cher des Innen­mi­nis­te­ri­ums erklär­te, es wür­de kei­ne Sta­tis­tik zu islam­feind­li­chen Aktio­nen geführt, da es sich um Ein­zel­fäl­le handle.

13 Angrif­fe auf mus­li­mi­sche Gebets­häu­ser hat es in Schwe­den im Jahr 2014 gege­ben, drei davon in den Tagen seit Weih­nach­ten. Schwe­dens Pre­mier­mi­nis­ter Ste­fan Löf­ven ver­ur­teil­te die Anschlä­ge und ver­sprach: „Nie­mand soll Angst haben, sei­ne Reli­gi­on aus­zu­üben.“ In Gesprä­chen mit den Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten sol­len deren Sicher­heits­be­dürf­nis­se erho­ben wer­den. Die Poli­zei prüft mitt­ler­wei­le auch den Ver­dacht, dass die Anschlä­ge mög­li­cher­wei­se koor­di­nier­te Atta­cken waren.

In Öster­reich gibt es nicht ein­mal eine eige­ne Sta­tis­tik über islam­feind­li­che Pro­vo­ka­tio­nen, weil es sich, so ein Spre­cher des Innen­mi­nis­te­ri­ums gegen­über der APA, „glück­li­cher­wei­se“ noch immer nur um Ein­zel­fäl­le hand­le. Die Gewiss­heit über die Ein­zel­fäl­le bezieht sich nicht nur auf mus­li­mi­sche Gebets­stät­ten, son­dern auch auf jüdi­sche, bud­dhis­ti­sche und auch christ­li­che: Anschlä­ge auf sie, egal ob Schmie­re­rei­en, Brand­an­schlä­ge oder sons­ti­ge Pro­vo­ka­tio­nen, wer­den nicht geson­dert sta­tis­tisch erfasst.

Der SPÖ-Abge­ord­ne­te Johann Mai­er woll­te schon vor Jah­ren wis­sen, wie oft in den Jah­ren 2006 bis 2010 Grä­ber auf jüdi­schen Fried­hö­fen ver­wüs­tet wur­den und erhielt dazu die Aus­kunft, dass „Beschä­di­gun­gen von Grä­bern auf jüdi­schen Fried­hö­fen (…) nicht geson­dert aus­ge­wer­tet“ wür­den. Ver­mut­lich auch, weil es sich dabei nur um „Ein­zel­fäl­le“ gehan­delt hat.


Quel­le: Isla­mi­scher Glaubensgemeinschaft

Die Zahl der Über­grif­fe auf isla­mi­sche Ein­rich­tun­gen in Öster­reich ist zwar gerin­ger als in Schwe­den, ihre Erfas­sung und Bewer­tung aber genau so not­wen­dig wie bei ande­ren kon­fes­sio­nel­len Einrichtungen.

2014 gab es etwa

Das deu­tet auf ein wei­te­res Pro­blem hin: Es gibt mit Sicher­heit eine Dun­kel­zif­fer bei den Über­grif­fen, die aus Furcht (vor Eska­la­ti­on, vor Nach­ah­mung) in der Ver­gan­gen­heit nicht gemel­det bzw. ange­zeigt wurden.

Die isla­mi­sche Glau­bens­ge­mein­schaft hat jetzt eine Doku­men­ta­ti­ons­stel­le ein­ge­rich­tet, die seit Dezem­ber 2014 islam­feind­li­che Über­grif­fe aller Art regis­triert. Im ers­ten Monat sind dort etwa 50 Mel­dun­gen ein­ge­gan­gen: „Dabei geht es um alle mög­li­chen For­men von Dis­kri­mi­nie­rung – von Pro­vo­ka­tio­nen wie dem Schwei­ne­fleisch an der Moschee über ver­ba­le Gewalt bis zu Vor­fäl­len, bei denen jemand phy­sisch ange­grif­fen wird.“

Aber auch wenn die neu geschaf­fe­ne isla­mi­sche Doku­men­ta­ti­ons­stel­le sehr exakt und detail­liert arbei­ten will („Alle Fäl­le sol­len künf­tig kate­go­ri­siert und sta­tis­tisch auf­be­rei­tet wer­den – etwa, um wel­che Art von Vor­fall es sich gehan­delt hat – von Anspie­lun­gen auf die Ter­ror­or­ga­ni­sa­ti­on IS bis zu Über­grif­fen –, ob er sich in der Öffent­lich­keit abge­spielt hat, ob das Alter oder das Geschlecht der betrof­fe­nen Per­son eine Rol­le spiel­te.“), ist eine Doku­men­ta­ti­on aller Über­grif­fe auf alle reli­giö­sen Ein­rich­tun­gen not­wen­dig. Die Aggres­sio­nen gegen Juden/Jüdinnen und Mus­li­me bzw. deren reli­giö­se Ein­rich­tun­gen haben in den letz­ten Jah­ren näm­lich ein­deu­tig zuge­nom­men, und neu­er­dings gibt es auch Atta­cken gegen christ­li­che Einrichtungen.