Der Prozess begann mit einer gut einstündigen Verspätung, weil der Angeklagte nicht auftauchte: „Ich habe den Wecker nicht gehört und verschlafen. Ich habe gestern aus Nervosität Medikamente genommen“ (NÖN, 4.11.14), erklärte der Angeklagte (55) dem Gericht. Der Angeklagte war aus dem Bezirk Mistelbach angereist.
W.P.s Profil
Dann wurde die Anklage vorgetragen – und die war, obwohl offensichtlich einige Stationen seines politischen Lebens nicht enthalten waren –heftig. NS-Wiederbetätigung, Verhetzung und Besitz verbotener Waffen warf ihm die Anklageschrift vor und der Staatsanwalt veranschaulichte die Tatbestände über Projektion auf eine Leinwand. Zu sehen waren NS-Symbole und SS-Runen, der Text des Treueschwurs auf Hitler, Hitler in verschiedenen Posen, drei einschlägige Fahnen, als verbotene Waffe unter anderem ein Teleskopschlagstock und Bilder, bei denen gegen Juden und Muslime gehetzt wurde.
Rund 7.000 Postings hat der Angeklagte (55), der nach unseren Recherchen unter verschiedenen Nicknames in sozialen Netzwerken und bei verschiedenen braunen Gruppenvertreten war, laut Anklage abgesetzt. Wir haben’s nicht nachgezählt, aber eines ist sicher: Diese Postings waren zum Gutteil nazistisch, antisemitisch und hetzerisch. W.P., so kürzen wir ihn ab, fühlte sich in den sozialen Netzwerken sicher, weil er zumeist Nicknames verwendete und den Zugang zu seinem Konto, etwa auf Facebook, das für ihn das „Judenbuch“ der“Judenwixer“ war, beschränkte. Aber die Zahl seiner FB-Freundinnen und ‑Freunde, die meisten davon aus dem freiheitlichen Spektrum, war doch relativ groß. Als er wieder mal ein einschlägiges Foto auf sein FB-Konto stellte, postete er nach einer Warnung:
Das war ein Irrtum, aber im Kreis seiner Kameraden und unter Alkoholeinfluss wurde W.P. gerne mal etwas unvorsichtig. Da konnte es schon passieren, dass ihm die Hand zum Hitlergruß ausrutschte. Das Foto davon wandert noch heute noch im Internet herum.
In wie vielen rechtsextremen, blau-affinen oder eindeutig neonazistischen Gruppen W.P. unter welchem Nickname aktiv war, weiß er vermutlich selber nicht mehr so genau. Die Anklage dürfte sich dazu auch ausgeschwiegen haben. Seine neuesten Vorlieben entsprechen jedenfalls dem blauen bzw. rechtsextremen Zeitgeist: Auf seinem FB-Konto wimmelt es nur so von Putin-Fotos, dazwischen etwas Iran, Ahmadinejad und Assad, der Schlächter aus Syrien. Pfingstl darf sich auch freuen: Das mittlerweile auch schon wieder verblichene alpen-donau.info hat W.P. auch gefallen – im alten war er vermutlich mit dem Nickname „Thulefeuer“ drinnen.
Jetzt ist „Thulefeuer“ abgebrannt: Trotz der üblichen Ausreden (die „Kindheit“) und verlogenen Ausflüchte („nicht alles war schlecht“ am NS-Regime) wurde W.P. von den Geschworenen schuldig gesprochen und vom Gericht mit 24 Monaten Haft, davon sechs Monate unbedingt, bestraft. Das ist – W.P. ist auch schon mehrfach vorbestraft – für den jahrelangen braunen Dreck, den er verbreitet und mit anderen in den diversen Gruppen geteilt hat, eigentlich nicht so wild. Ob er in Zukunft nicht mehr hetzen wird? Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.