Milde Strafe für Odins Andy

Es ist immer wie­der erstaun­lich, wel­che Häu­fung von Zufall und Unwis­sen­heit sich gera­de bei Pro­zes­sen wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung auf der Ankla­ge­bank wie­der­fin­det. Dies­mal in der Per­son von Andy Z. ali­as Andy Pip­kin ali­as Andy Wals ali­as Andre­as von Blau­au­ge, dem Betrei­ber von Odins Bar, die im Jahr 2012 Lab­sta­ti­on für die Neo­na­zi-Sze­ne in Salz­burg war.

Die Eröff­nung der Bar am 20. April 2012, also zu Hit­lers Geburts­tag? Purer Zufall! Die Haken­kreuz­fah­ne bei der Bar, die von Zeu­gen bestä­tigt wur­de? Die gab’s nicht, denn, so Andy: „Das hät­te ich sofort unter­bun­den.” War­um eigent­lich? Aus­ge­rech­net Andy, der sich den Hit­ler auf sei­nen edlen Kör­per täto­wie­ren ließ, ein ent­schie­de­ner Geg­ner des Haken­kreu­zes? Bei der Musik in Odins Bar ver­sag­te jeden­falls das fei­ne Gespür des Bar­be­trei­bers. Rund 700 Lie­der bzw. ein­schlä­gi­ge brau­ne Lied­tex­te wur­den bei einer Haus­durch­su­chung gefun­den. Nicht nur in der Bar wur­de der Nazi-Schrott gespielt, son­dern auch auf Face­book mach­te Andy Wer­bung für sei­ne brau­nen Lieb­lin­ge von „Stahl­ge­wit­ter” bis zu „Gigi & die brau­nen Stadt­mu­si­kan­ten”. Vor Gericht ver­ant­wor­te­te sich Andy damit, dass er nicht gewusst habe, dass die­se Lie­der in Öster­reich straf­bar sei­en: „Das mit der Musik ist blöd gelau­fen.“ (Salz­bur­ger Nach­rich­ten, 21.3.2014)

In der Ankla­ge ent­hal­ten war auch der Vor­wurf, dass Andy einen Poli­zis­ten bedroht habe. Der Beam­te des Salz­bur­ger Ver­fas­sungs­schut­zes war bei der Geburts­tags­par­ty von Andy in Odins Bar anwe­send und wur­de von die­sem dahin­ge­hend belehrt, dass er ihm was antun wür­de, wenn er nicht verschwinde.

Ähn­lich lief es offen­sicht­lich mit jenen Zeu­gen ab, die Anfang Sep­tem­ber 2012 das Lokal auf­such­ten, weil sie ein „Metal“-Lokal ver­mu­te­ten. Als sie das Lokal betra­ten, merk­ten sie, dass dort eine ande­re Post abgeht. Rund 40 über­wie­gend kahl­ge­scho­re­ne Typen mit Bom­ber­ja­cken und Sprin­ger­stie­feln, die sich mit brau­ner Musik beschal­len lie­ßen. Hin­ter der Bar die Haken­kreuz­fah­ne, die dann im Urteil nicht dem Ange­klag­ten zuge­rech­net wur­de. Ein Zeu­ge laut „Salz­bur­ger Nach­rich­ten“ (21.3.2014):

Sie hät­ten sofort kehrt­ge­macht, so der Zeu­ge, doch ein „ziem­lich gro­ßer, fes­ter Herr“ habe geru­fen: „Wartet’s, wir wol­len mit euch reden!“ Als sie dan­kend abge­lehnt hät­ten, habe der Mann eine Eisen­stan­ge ergrif­fen. „Die woll­ten uns ver­prü­geln, wenn nicht tot­schla­gen“, so der Ein­druck des Zeu­gen. Ein zwei­ter Zeu­ge hat noch immer Angst: Er erschien ver­mummt und mit Son­nen­bril­le vor Gericht.

Andy ist nicht zum ers­ten Mal ein­schlä­gig auf­fäl­lig gewe­sen. 2010 ver­such­te er, ein Kon­zert von Kate­go­rie C in Henn­dorf zu orga­ni­sie­ren, schei­ter­te aber am brei­ten öffent­li­chen Wider­stand. Und vor zehn Jah­ren kam es in sei­ner Woh­nung zu einer Haus­durch­su­chung, die sich offen­sicht­lich auf den Ver­dacht der NS-Wie­der­be­tä­ti­gung bezo­gen hat.

Ja, wenn es nur die Ver­gan­gen­heit wäre! In der Bar von Andy ver­kehr­ten nicht nur so gut wie alle bekann­ten Neo­na­zis aus der Salz­bur­ger, ober­ös­ter­rei­chi­schen und baye­ri­schen Sze­ne, son­dern auch sein Cou­sin, der einer der ver­haf­te­ten und gestän­di­gen Stol­per­stein-Schmie­rer ist und sei­ne brau­nen Paro­len aus der Bar von Andy bezog.

Dem Gericht ver­such­te Andy weis­zu­ma­chen, dass „er nie jeman­den ver­letzt habe oder zur Gewalt auf­ru­fen wür­de“. Klingt gut, vor allem in Ver­bin­dung mit der Ankün­di­gung: „Ich wer­de so etwas nicht mehr machen und ruhig blei­ben.” (APA, 20.3.2014) War­um die zahl­rei­chen neo­na­zis­ti­schen und offen anti­se­mi­ti­schen Pos­tings bzw. Links auf dem Face­book-Kon­to von Andy im Pro­zess kei­ne Erwäh­nung fan­den bzw. kei­nen Vor­halt dar­stell­ten, ist eigent­lich uner­klär­lich, da sie extrem ver­het­zend sind und zumin­dest teil­wei­se den Ver­dacht der NS-Wie­der­be­tä­ti­gung recht­fer­ti­gen. Die Pos­tings bzw. Links sind trotz der Erklä­rung von Andy vor Gericht noch immer online! Beispiele:

Aus dem Jahr 2012 stammt ein Link von Andy zu dem Song „Am Tag, als Ignatz Bubis starb“. Der Song ist extrem wider­lich und klar anti­se­mi­tisch („dei­ne Juden­haut ist über­reif (…) wir pis­sen auf dein Juden­grab“ usw.).

2011 zitiert Andy eine Text­zei­le der Nazi-Band „Wei­ße Wöl­fe“: „10.000 j…. für ein freu­den feu­er“. Die gar nicht so ver­steck­te Anspie­lung wird sofort ver­stan­den. Wäh­rend Andys Schwes­ter klar ant­wor­tet mit „Trottl“, pos­tet Chris­ti­an St.: „Ich pack noch­mal 5.990.000 oben drauf”

Aus dem Dezem­ber 2013 stammt ein Link zu dem Song von „Stahl­ge­wit­ter“ für Rudolf Heß und ein Pos­ting, das die Ver­nich­tung von Tür­ken bzw. Juden thematisiert.

Das Gech­wo­re­nen­ge­richt hat Andy im Sin­ne der Ankla­ge für schul­dig befun­den. Die Straf­hö­he wur­de mit zwei Jah­ren beding­ter Haft bemes­sen. Das Urteil ist noch nicht rechts­kräf­tig. Auf Andys Face­book-Account wur­de das Urteil bereits kom­men­tiert: „Du oide masn­sau!!”, schrieb Mario, der sich mit Salz­burgs Haft­an­stalt ganz gut aus­kennt, und mein­te damit, dass Any mit dem Urteil wohl ziem­li­ches Glück hat­te. Auch ein ande­rer brau­ner Kame­rad mel­det sich: Nor­man „ Nord­mann“ aus Mün­chen, der hier ganz gut beschrie­ben ist.