Dem Info-Portal linksunten.indymedia.org ist es zu verdanken, dass die Tagungsunterlagen zum außerordentlichen Burschentag öffentlich zugänglich sind. Die Einladung beginnt gleich mit der bangen Frage: „Werden wir uns in unserer fast 200-jährigen Geschichte und als einziger der großen korporativen Dachverbände vertagen müssen?“
Im seltsamen Burschi-Vokabular bedeutet eine „Vertagung“, dass die DB als Dachverband ihr Vereinsleben faktisch einstellen und auf bessere Zeiten hoffen müsste. Die Säbel sind jedenfalls gewetzt und der hilflose Appell der notvorsitzenden Burschenschaft Redaria Allemannia Rostock , „persönliche Animositäten auszublenden“, wird da wohl nicht viel helfen.
Von Rechtsaußen kommt da gleich einmal der zackige Antrag, die Pflichtmensur für alle Mitgliedsbünde wieder verbindlich zu machen „zur Einigung der Deutschen Burschenschaft“. Für die österreichischen Mitgliedsbünde der DB wäre das kein Problem – die sind pflichtschlagend, aber für etliche deutsche Mitgliedsbünde ist das ein Casus Belli. Durch den historischen Kompromiss von 1971 wurde nämlich die Pflichtmensur den einzelnen Burschenschaften freigestellt, im Gegenzug den rechten Österreichern die Aufnahme in den Verband ermöglicht.
Vermutlich ist die Pflichtmensur nicht der Stein, über den die DB stolpern wird. Da gibt es ganz andere Kaliber, wie z.B. die Anträge auf „Präzisierung“ der Mitgliedschaftsvorausetzungen. Sprich: Wer ist deutsch genug, ein Mitglied der Deutschen Burschenschaft zu werden. Die Wiener Burschenschaft Oberösterreicher Germanen will das zweite Gutachten des Rechtsausschusses, das als Kompromiss in der Frage des „Arierparagrafen“ zu sehen ist, einfach wieder aufheben. Den OÖ Germanen ist dieses Gutachten offensichtlich zu lasch, sie werden sich damit allerdings kaum durchsetzen, weil dafür eine Dreiviertel-Mehrheit notwendig wäre.
In einem anderen Antrag zur Neuformulierung des „Arierparagrafen“ bzw. Artikel 9 wird die „vollendete Assimilation an das deutsche Volk“ als Voraussetzung für eine Mitgliedschaft gefordert: Deutscher als deutsch muss der neue Bursche sein, mit „tätigem Assimilationswillen”! Deutscher als die Deutschen, das sind die österreichischen Mitgliedsbünde allemal. In einem weiteren Antrag der OÖ Germanen aus Wien wird gefordert: „Die beireitungspflichtige Zentralveranstaltung der Deutschen Burschenschaft, die jährlich an wechselnden Hochschulorten vom Verbandsrat gemeinsam mit ansässigen örtlichen Burschenschaften organisiert wird, beschäftigt sich mit aktuellen politischen Themen das deutsche Volk bzw. Deutschland betreffend.“ – Österreich kommt da nur im Namen der Burschenschaft vor.
Die allseits bekannte Burschenschaft Olympia will in einer Resolution feststellen lassen, dass die DB „in Verfolgung ihrer Wertvorstellungen des Eintretens für das in ganz Europa wirkende deutsche Volk“ für die „vollkommene Tiroler Einheit“ eintritt, gegen die „Einreiseverbote und sonstigen Verfolgungen“ der liebevoll „Freiheitskämpfer“ genannten Südtirol-Terroristen eintritt und – aus dem Mund der Olympen besonders pikant – von Italien die „Aufarbeitung der Faschismus-Relikte“ einfordert.
Auch die Wiener Teutonen fordern etwas: Die DB soll aus dem Convent deutscher Akademikerverbände (CDA) austreten, weil der in den letzten Jahren „bereits mehrfach durch öffentliche Kritik und Distanzierungen gegenüber der DB negativ aufgefallen“ sei. Und bei Kritik kennen die Teutonen keinen Spaß!
Umso verwunderlicher ist, dass bei den Anträgen von „liberalen“ Burschenschaften, in denen Ausschlüsse von rechtsextremen bzw. neonazistischen Burschenschaften (z.B. Raczeks Bonn, Danubia München) gefordert werden, österreichische Burschenschaften fehlen. Wir wüssten da einige Kandidaten! Eine andere Möglichkeit zieht die Burschenschaft Hilaritas Stuttgart in Betracht. Sie fordert die „Auflösung der Deutschen Burschenschaft“. Soll uns auch recht sein!
⇒ sueddeutsche.de — Rückkehr des „Arier-Nachweises”
⇒ Deutsche Burschenschaft: Im Kampf gegen „Feindpresse“ und „Lumpen“
⇒ Deutsche Burschenschaft (II): Keine Bremse für Braunhemden?
⇒ Deutsche Burschenschaft: “Unappetitlich“ & rechtsextrem (I)