Neben den Deutschen Burschenschaften gibt es noch eine Reihe anderer studentischer Korporationsverbände und Korporationen, die dem völkischen, vor allem in Österreich „deutschnationalen“ Lager zuzurechnen sind: die Landsmannschaften, Sängerschaften, Turnerschaften, Gildenschaften, Fliegerschaften, die Corps usw. (die konfessionell orientierten Studentenverbindungen wie z.B. CV und ÖKV spielen in einer anderen Liga, sind nicht diesem Lager zuzurechnen). In fast all diesen Verbänden sind die Österreicher die Rechtsaußen, in der Deutschen Burschenschaft sowieso. In Österreich sind die Burschenschafter der DB parteipolitisch fast ausschließlich entweder im freiheitlichen Lager (FPÖ, BZÖ) oder bei neonazistischen Gruppierungen (NDP , VAPO usw.) aktiv – ein deutlicher Unterschied zu Deutschland. Dort wurde sogar vom Landgericht Berlin ein Beschluss der SPD, wonach eine Mitgliedschaft bei der Burschenschaftlichen Gemeinschaft (BG) mit der in der SPD unvereinbar ist, als Verstoß gegen das Parteiengesetz aufgehoben.
Die BG, die 1961 gegründet wurde, um den Anschluss der Deutschen Burschenschaft in Österreich (DBÖ) an die DB durchzusetzen, bildet mit ihren rund 40 Bünden innerhalb der DB eine deutliche Sperrminorität und hat auch wichtige Funktionen übernommen, während immer mehr gemäßigte Burschenschaften den Dachverband verlassen. In den 90er-Jahren verließen sieben Bünde im Streit wegen der deutsch-völkischen Positionen vor allem der österreichischen Bünde (die Olympia war hier Wortführerin) die DB und gründeten die Neue Deutsche Burschenschaft (NDB).
Der jüngste Streit um den Arierparagrafen hat weitere sieben Burschenschaften zum Austritt aus der DB veranlasst, was die Position der BG weiter stärkt. Seit 2010 wird an einem Strategieprogramm der DB gearbeitet, unter Federführung der rechten Recken der BG. Von den 8 Arbeitskreisen werden vier von Österreichern geleitet ( von der Albia, Olympia, Germania Graz und Danubia München). Die Arbeit an dem Programm wurde am Verbandstag 2011 vorgestellt, „linksunten.indymedia.org“ berichtete darüber so:
Die Analysefähigkeit der Burschenschafter versagt ausgerechnet bei der eigenen Geschichte kläglich. Im Strategieprogramm werden die „Eisenacher Beschlüsse“ von 1920, die „den Rassestandpunkt als Grundsatz der Deutschen Burschenschaft festlegten“, mitnichten als frühes Bekenntnis zum eliminatorischen Antisemitismus und als Vorboten der späteren Beteiligung weiter Teile der „Deutschen Burschenschaft“ am Holocaust gesehen. Die maßgeblich auf Mitglieder der „Deutschen Burschenschaft“ zurückgehende Gründung des „Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes“ (NSDStB) am 26. Januar 1926 mit dem Ziel, die Studenten nationalsozialistisch zu indoktrinieren, wird im Strategieprogramm zu einer „anfänglichen Zusammenarbeit“ der DB mit dem NSDStB umgelogen. Tatsächlich verübten Burschenschafter systematischen Terror gegen Minderheiten und politische Gegner und organisierten 1933 die Bücherverbrennung in vielen deutschen Universitätsstädten.
Die Geschichte der „Deutschen Burschenschaft“ während des Nationalsozialismus wird im Strategieprogramm fast vollständig verschwiegen und mit der feierlichen Auflösung der „Deutschen Burschenschaft“ am 18. Oktober 1935 unter Hakenkreuzbannern auf der Wartburg enden für die DB offenbar auch die Nazikarrieren ihrer Mitglieder. Und wenn doch einmal eine Anekdote aus der „neuen, besseren Zeit“ kolportiert wird, dann stellen sich die Burschenschafter – die selbstverständlich NSDAP-Mitglieder sein wollten – als Opfer dar, deren korporiertes Ende ausgerechnet durch einen Unvereinbarkeitsbeschluss der NSDAP eingeläutet wurde: „Den Todesstoß erhielt das Verbindungswesen schließlich durch eine Anordnung des ‚Stellvertreters des Führers‘, Rudolf Heß, mit der eine Mitgliedschaft in der NSDAP für alle studierenden Angehörigen als unvereinbar mit einer Mitgliedschaft in einer Korporation festgelegt wurde.“
Ansonsten bildet das Strategieprogramm ein Sammelsurium reaktionärer bis extrem rechter Versatzstücke einer unausgegorenen Ideologie. Da schwafeln Ewiggestrige von der „kleinen Wiedervereinigung von Mittel- und West-Deutschland“ und den „Volksdeutschen von Schleswig bis Südtirol, von Siebenbürgen bis zum Elsaß, vom donauschwäbischen Gebiet bis Schlesien“ und erdreisten sich zu behaupten, dass „die Deutschen“ doch wohl „im Laufe ihrer Geschichte nicht nur in Europa vieles auch für andere geleistet und gegeben“ hätten, so dass sie „mit Berechtigung ein entsprechendes Selbstwertgefühl und Nationalbewußtsein“ haben könnten.
Die moderateren Bünde der DB befürchten für den nächsten Verbandstag den Durchmarsch der BG. Ihr Dilemma: Je mehr Bünde die DB verlassen, desto wahrscheinlicher ist ein Erfolg der extremen Rechten. Deshalb versuchen sie zu kalmieren und die Konflikte unter der Tuchent zu halten. Jüngstes Beispiel: die vor wenigen Tagen gegründete „Initiative BAB Burschenschafter! Bremst Braunhemden!“, die über Twitter kurzfristig aktiv war: „Wir Burschenschafter haben zu lange den Rechten in den eigenen Reihen tatenlos und schweigsam zugesehen. Die Burschenschafter-Initiative BAB fordert den Vorstand der Deutschen Burschenschaft auf, endlich offensiv und transparent mit den Rechten in den eigenen Reihen umzugehen“, forderte einer der Initiatoren, der aktive Burschenschafter mit dem Nickname „Ferdi Lassalle2“. Nach zwei Tagen und offensichtlich massivem Druck ist die Initiative schon wieder vorbei: „Wir wurden als Volksverräter und Nestbeschmutzer und ehrlose Feiglinge tituliert. Doch die BAB-Themen werden auf verschiedenen Burschenconventen in den Verbindungen besprochen. So haben wir zumindest ein bisschen etwas erreicht“, heißt es in einem Mail.
Die Initiative wurde natürlich von keiner Deutschen Burschenschaft aus Österreich unterstützt, denn – man kann es nicht deutlich genug feststellen – die Burschenschaften hier sind alle in der Burschenschaftlichen Gemeinschaft und damit am rechten Rand der DB positioniert.
➡️ Deutsche Burschenschaft (I): “Unappetitlich“ & rechtsextrem