Deutsche Burschenschaft (I): “Unappetitlich“ & rechtsextrem

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Spä­tes­tens seit dem Ver­bands­tag der Deut­schen Bur­schen­schaft (DB) geht es rund bei den Bur­schis. Von den rund 120 Mit­glieds­ver­bän­den der DB sind sie­ben aus­ge­tre­ten, weil sie mit der Ent­wick­lung in der DB nicht ein­ver­stan­den sind. Die poli­ti­sche Ori­en­tie­rung der DB wird maß­geb­lich von der Bur­schen­schaft­li­chen Gemein­schaft und damit von den öster­rei­chi­schen Bur­schen­schaf­ten bestimmt.

Ende Febru­ar ist Antrags­schluss für den nächs­ten Ver­bands­tag der DB in Eisen­ach und des­halb wird im Vor­feld mäch­tig mobi­li­siert. Die mode­ra­ten Mit­glieds­ver­bän­de in der DB befürch­ten einen wei­te­ren Vor­marsch der rechts­extre­men Bur­schen­schaft­li­chen Gemein­schaft, die schon jetzt wich­ti­ge Posi­tio­nen im Dach­ver­band inne­hat. Sie­ben Bur­schen­schaf­ten haben nach der Debat­te um den „Arier­pa­ra­gra­fen“ die DB ver­las­sen, zuletzt die Adel­phia Würz­burg, die im Sep­tem­ber 2011 ihren Aus­tritt aus der DB mit 60 gegen 13 Stim­men beschlos­sen hat.

Schon im Juni 2011, recht­zei­tig zum Ver­bands­tag der DB, ver­fass­te ein empör­ter Alter Herr der Mar­chia Bonn (die eben­falls aus der DB aus­ge­tre­ten ist) einen Offe­nen Brief an die „Lie­be Deut­sche Bur­schen­schaft“, in dem er mit den rechts­extre­men Ten­den­zen abrechnet:

 Im Gegen­satz zu mei­nem Bund fand ich Dich immer unap­pe­tit­lich. Ich konn­te aber immer sagen: Mein Bund ist mei­ne Hei­mat, Du bist ein not­wen­di­ges Übel, und wenn ich Dei­ne Aus­ras­ter trotz erns­ter Ver­su­che nicht ver­hin­dern kann, ist das zwar schlimm, betrifft mich als Bur­schen­schaf­ter aber nicht. Es betrifft mich doch. Die Irren sind über­all, aber es ist ein Unter­schied, ob es Rechts­ra­di­ka­le gibt, oder ob man von ihnen majo­ri­siert wird.

Sei­nen Abschieds­brief an die „Lie­be Deut­sche Bur­schen­schaft“ schließt er ab mit der Bemer­kung: „Ihr scheint den Gen­pool rein­hal­ten zu wol­len, bis zum letz­ten Was­ser­kopf. (…) Ich kann gar nicht so viel trin­ken wie ich kot­zen möchte.

Im Streit um die poli­ti­sche Linie der DB spie­len die öster­rei­chi­schen Mit­glieds­bün­de der DB eine wesent­li­che Rol­le. Zwan­zig von ihnen sind in der Bur­schen­schaft­li­chen Gemein­schaft (BG) und damit am extrem rech­ten Rand der DB ver­tre­ten. Fak­tisch alle Mit­glieds­bün­de der DB in Öster­reich sind in der BG. Da gibt es kei­nen Zwei­fel mehr über deren poli­ti­sche und ideo­lo­gi­sche Ver­or­tung, für die sie auch inner­halb der DB bekannt sind. Die öster­rei­chi­schen Mit­glieds­bün­de waren immer am ganz rech­ten Rand ange­sie­delt und haben in der Debat­te um den „Arier­pa­ra­gra­fen“ rechts­au­ßen mitgemischt.

Der Antrag der Ras­sis­ten von der Bur­schen­schaft Rac­zeks zu Bonn, der den Aus­schluss der Bur­schen­schaft Han­sea und ihres Spre­chers (des­sen Eltern kei­ne „Ras­se­deut­schen“ sind) sowie eine Ver­schär­fung der ras­sis­ti­schen Auf­nah­me­kri­te­ri­en bedeu­tet hät­te, wur­de am Ver­bands­tag der DB zurück­ge­zo­gen. Das ver­bind­li­che Gut­ach­ten des Rechts­aus­schus­ses der DB vom Novem­ber 2010 zu den völ­kisch-ras­sis­ti­schen Auf­nah­me­kri­te­ri­en wur­de kurz­fris­tig durch ein neu­es etwas „ver­bal“ ent­schärft. Geblie­ben ist aber der Ras­sis­mus, den ein „Alter Herr“ so beschreibt:

Wer kein deut­scher oder öster­rei­chi­scher Staats­bür­ger ist, oder wer von Eltern abstammt, die bei­de nicht dem deut­schen Volk ange­hö­ren oder bei­de kei­ne deut­schen oder öster­rei­chi­schen Staats­bür­ger sind, bleibt ein Zwei­fels­fall und muss sich wei­ter­hin einem Aner­ken­nungs­ver­fah­ren vor dem Rechts­aus­schuss stel­len. Mein Fazit in Kür­ze: Nicht mehr ganz so schlimm, aber im Kern neu­er Wein in alten Schläu­chen. Also doch eher eine Verschlimmbesserung?

Wie die BG, also auch und gera­de die Öster­rei­cher, damit in der Fol­ge umge­gan­gen ist, beschreibt der „Alte Herr“ so:

Auch nach dem neu­en Rechts­gut­ach­ten blieb Kai Ming Au, der Spre­cher von Han­sea Mann­heim, ein Über­prü­fungs­fall. Er wur­de fol­ge­rich­tig vom Rechts­aus­schuss kurz vor dem Bur­schen­tag begut­ach­tet und — offen­bar wegen nach­ge­wie­se­ner Assi­mi­la­ti­on – per Aus­nah­me­ge­neh­mi­gung als Deut­scher aner­kannt. Sonst hät­te er nicht am Bur­schen­tag teil­neh­men und mit­char­gie­ren kön­nen. Dar­auf­hin ver­wei­ger­ten bis auf weni­ge Aus­nah­men die Mit­glieds­bün­de der Bur­schen­schaft­li­chen Gemein­schaft das Char­gie­ren auf dem Fest­kom­mers – neben einem Deutsch­chi­ne­sen moch­ten sie nicht sit­zen, Rechts­aus­schuss hin, Rechts­aus­schuss her. Ein wei­te­rer Eklat aus der ganz rech­ten Ecke!

Die Deut­schen Bur­schen­schaf­ten aus Öster­reich waren bei die­sem Eklat natür­lich dabei und wol­len sie sich nun als auf­rech­te Demo­kra­ten fei­ern las­sen. Der Haus- und Hof­ma­ler der Bur­schis, Odin Wie­sin­ger, der für Mar­tin Graf eine Ding­ho­fer-Medail­le gestal­ten durf­te, hat für die „Aula“ sei­ne düs­te­re „Visi­on“ einer Deut­schen Bur­schen­schaft auch bild­lich skiz­ziert: ras­sis­ti­scher „Humor“!


(Fak­si­mi­le)

➡️ Deut­sche Bur­schen­schaft (II): Kei­ne Brem­se für Braunhemden?