Richard P., einer der Angeklagten, beantragte schon zu Beginn die Vertagung der Hauptverhandlung, weil er nach einer Hausdurchsuchung in Sachen Alpen-Donau seine Unterlagen nicht zurückbekommen hatte und sich deshalb in seiner Prozessvorbereitung eingeschränkt sah. Sein Antrag wurde ebenso abgelehnt wie Anträge, um neue Zeugen zu laden.
Der Prozess in Graz behandelt allerdings nicht die Causa Alpen-Donau, sondern einige Fälle von NS-Wiederbetätigung in der Steiermark. Im Vorjahr ging die Anklage noch von einem einzigen Verfahren aus, in dem alle damals bekannten Vorfälle von NS-Wiederbetätigung in der Steiermark abgehandelt werden sollten. Später wurden nicht nur die Verfahren gesplittet, sondern offensichtlich auch neue Erkenntnisse bei den Ermittlungsbehörden erzielt. Mittlerweile ist durch das NS-Verbotsverfahren gegen die mutmaßlichen Alpen-Donau-Nazis in Wien klar geworden, dass die Wiener Donau-Neonazis durch steirische Mur-Nazis (und auch deutsche Neonazis) „ergänzt“ worden sind.
Richard P. und Franz R. wurden im Wiener Verfahren gegen die mutmaßlichen Betreiber von AlpenDonau mehrmals als weitere Administratoren von alpen-donau.info bzw. des Forums alinfodo genannt. Wir haben schon ein Jahr zuvor auf die steirischen Connections von der Alpen-Nazis hingewiesen. Bei Richard P. wurde erst im Juli 2012 die Hausdurchsuchung in Sachen Alpen-Donau vorgenommen, durch die er sich im Grazer Prozess behindert sah. Vermutlich hat er deshalb an der Wiener Verhandlung am 7. November als Zuschauer teilgenommen, um sein Gedächtnis aufzufrischen.
Die Neonazis sind anscheinend gut vernetzt – sind es die Anklagebehörden auch?
Gerd Honsik, der im September 2011 wegen seiner angeblichen „sozialen Integration“ in Spanien vorzeitig aus der Haft entlassen wurde, wollte in der Video-Konferenz nicht alle Fragen beantworten . Als ihn Franz Radl fragte: „Hast du dich nationalsozialistisch wiederbetätigt?”, antwortete Honsik „Ich habe niemals das Programm der NSDAP vertreten.“ Dazu muss man wissen, dass Honsik seine Freilassung aus der Haft nur unter bestimmten Auflagen erhalten hatte. Als ihn Franz Radl weiter befragt, erklärt Honsik denn auch: „Lieber Franz, ich habe eine Bitte, Fragen über den Holocaust bitte nicht an mich herantragen, ich würde sonst gegen meine Bewährungsauflagen verstoßen.“
Die Urteile im Grazer Neonazi-Prozess sind für den 4. oder 5.12. geplant, die Verhandlung wird am 3.12. fortgesetzt.
⇒ derstandard.at — Honsik: „Lieber Franz, ich habe eine Bitte”