Wir verweisen zunächst auf den sehenswerten Beitrag der ARD-Sendung „Fakt“, der den Anstieg von offenem und strukturellem Antisemitismus in Deutschland dokumentiert. Vor dem Hintergrund eines tätlichen Angriffes auf den Berliner Rabbiner Daniel Alter wird eben dieser zur momentanen Situation interviewt. Im Anschluss dokumentiert das ARD Team offen antisemitische Äußerungen von PassantInnen und geht der Frage nach deren Ursprüngen nach.
Während also in Deutschland offen erkennbare Juden und Jüdinnen teilweise Angst vor tätlichen Übergriffen haben müssen, kam es vor kurzem in Frankreich zu einem noch erschreckenderen Vorfall: Ein jüdisches Lebensmittelgeschäft in der Nähe von Paris wurde von Unbekannten mit einem Sprengsatz angegriffen, wobei ein Mensch leicht verletzt wurde. Die Hintergründe der Tat sind momentan noch ungeklärt, ein Zusammenhang mit dem Erscheinen diverser Mohammed-Karikaturen (zuletzt in einem französischen Satiremagazin) wird allerdings nicht ausgeschlossen.
Dass Antisemitismus auch in Österreich ein gesellschaftliches Problem darstellt, ist offenkundig: Neben dem antisemitischen Comic, der immer noch auf der Facebook-Seite von Strache zu finden ist, sorgten die Vorfälle rund um das Rückspiel zwischen Rapid Wien und PAOK Saloniki für Aufregung. Unter den Augen der im Einsatz befindlichen Beamten wurde ein Wiener Rabbiner durch einen Fußballfan aus Deutschland antisemitisch beschimpft.
Auf Straches Facebook-Konto waren im Gefolge des antisemitischen Cartoons etliche einschlägige Postings zu finden. Aber auch bei anderen Themen tauchen eindeutige Postings auf. Am 29. September veröffentlicht Strache ein Gruppenbild von der Klausur der Tiroler FPÖ – mit Schäferhund! Als ein Poster den „deutschen“ Schäferhund mit Hitler assoziiert und sich dazu eine Debatte entspinnt, postet Consuela Rodrigez:
wer hat uns denn diese Geschichte über den kranken Massenmörder erzählt? Dieselben Mächte (Zionisten), die jetzt die ganze Welt in den Abgrund reisst. Meine Großmutter erzählte mir damals schon eine ganz andere Version. Doch wer eine Lüge 100-erte und 1000e mal hört glaubt sie am Ende. Wer die Geschichte (nicht nur die Zeit zw. 33–45) nicht kennt ist dazu verdammt sie wieder zu erleben.
Das ist schlicht antisemitische Hetze inklusive Holocaust-Leugnung. Das sehen auch zwei andere Poster so und befürchten Schaden für die FPÖ – aber das Posting der Consuela Rodrigez wird nicht gelöscht.
Ein deutscher Schäferhund sorgt für Gesprächsstoff
Auch auf unzensuriert.at, dem mit Martin Graf, dem dritten Präsidenten des Nationalrats, eng verbundenen Info-Portal, kann man immer wieder eindeutige Botschaften lesen. Zu einem Beitrag über die Ungarn-Doku, der schon den bezeichnenden Titel trägt „Lendvai polemisiert im ORF gegen ungarische Heimat“ war ein Posting von „klartext“ (vom 29.9.) online, das vor antisemitischen Ausfällen nur so strotzte. Das Posting war jedenfalls bis 30.9. online und dürfte dann – ohne jeden Kommentar – gelöscht worden sein.
Die Kommentarleiste zu dem Beitrag wird jetzt angeführt vom Poster „ladislaus“, der in seinem Beitrag von einer „weltbekannten anti-nationalen Orientierung“ raunt und Lendvai als „internationalen Agenten“ diffamiert. Vom deutlichen Vorwurf, die „Heimat“ anzupatzen (im redaktionellen Beitrag!), bis zum „internationalen Agenten“ und der „weltbekannten anti-nationalen Orientierung“ sind hier klassische Topoi des modernen Antisemitismus enthalten.