Um in Ungarn den Antisemitismus politisch ausleben zu können, braucht man nicht unbedingt Jobbik-Anhänger zu werden. Den gibt es gratis mitgeliefert, etwa von Zsolt Bayer, einem engen Vertrauten von Viktor Orbán. Aber woraus besteht der von Schüssel und Hübner so hochgelobte „moderne, besonnene Patriotismus“? Dass die neue ungarische Verfassung Gott und König Stefan ein- und am Nazi-Verbündeten Horthy anschließt? Horthy-Statuen schießen derzeit wie die Schwammerl aus dem ungarischen Boden, wie „Pusztaranger“ auf seinem Blog auflistet, aber der ist ja vermutlich einer jener Kritiker, die die Schüssel-Orbán-Demokratie gefährden.
Umgestaltetes Denkmal des Hitler-Paktierer Horthy, Quelle: Pusztaranger — Horthy-Kult und Statuenkrieg
Antisemitische Schmierereien und Ressentiments nehmen in Ungarn zu, jetzt sollen einige rechtsextreme Schmieranten der Zwischenkriegszeit sogar in den nationalen Lehrplan aufgenommen werden. Bei so viel „modernem, besonnenen Patriotismus“ und Antisemitismus von offizieller Seite müssen die offen rabiaten Rechtsextremen von Jobbik um Aufmerksamkeit kämpfen. Aber es gibt ja noch Themen, die die Regierungspartei rechts liegen lässt. Die antiziganistische Hetze etwa oder die Beschwörung von Großungarn. Barikad, das Jobbik-nahe Info-Portal, mobilisierte heftig für den Trianon-Gedenktag am 4.6. in Szeged und liefert gleich mehrere geografische Gemälde von Groß-Ungarn.
Ein kleines Problem gibt’s da: Burgenland, oder zumindest Teile davon, gehören auch zum groß-ungarischen Reich. Das hat die offene Sympathie der FPÖ mit Jobbik zu einer etwas stilleren werden lassen. Aber wer weiß, vielleicht erinnert sich der „moderne besonnene Patriotismus“ des Viktor Orbán auch noch an diese Tradition?