Worum ging es bei den Kontakten zwischen der FPÖ und Jobbik, einer offen rassistischen, antisemitischen und mit paramilitärischen Garden ausgestatteten Partei? Um die „Vertiefung der Beziehungen“ (FPÖ) , „um eine Allianz“ (wie sie Jobbik will) oder schlicht um die Zusammenarbeit auf EU-Ebene, im Europäischen Parlament, wo beide Parteien in der rechtsextremen Schmuddelecke stehen?
Jobbik und die Ungarische Garde haben offen antisemitische und rassistische Grundpositionen, die nicht nur auf T‑Shirts zum Ausdruck kommen. Aktivisten der Ungarischen Garde marschieren nicht nur immer wieder provokant durch Roma-Siedlungen, sondern werden auch für Mordaktionen verantwortlich gemacht.
Was in Österreich weniger bekannt ist: Jobbik und die Ungarische Garde treten ganz offen für Grossungarn ein und wollen die Revision der Verträge von Trianon: „Das Friedensdiktat von Trianon ist für uns unakzeptabel, wir wollen seine Revidierung und die Vereinigung der ungarischen Nation in einem Vaterland aktiv vorantreiben.“ (zitiert nach: pusztaranger.wordpress.com)
Grossungarn nackt
Im Vertrag von Trianon 1920, der tatsächlich ein Diktat der Alliierten war, wurden große Teile des alten Ungarn auf die Nachbarländer aufgeteilt. Deutsch-Westungarn, das heutige Burgenland, war schon vorher in den Friedensverträgen von St. Germain Österreich zugesprochen worden. Durch eine Volksabstimmung im Jahr 1921 wurde schließlich entschieden, dass Sopron (Ödenburg) bei Ungarn bleibt. Geschichtlich interessant dabei ist, dass die österreichischen Rechten und Rechtsextremen in gutem Kontakt zum Horthy-Regime in Ungarn standen, ja sogar von diesem finanziert wurden, um die Renner-Regierung zu stürzen.
Grossungarn (in Farben die abgetretenen Gebiete, gelb: Burgenland)
Die Grenzziehung zwischen Österreich und Ungarn, die spätestens 1924 abgeschlossen wurde, war in den letzten Jahrzehnten bei beiden Seiten kein Thema. Jobbik brachte das Thema Großungarn ganz massiv in die ungarische Innenpolitik zurück. Auch Vertreter der ungarischen Regierungspartei Fidesz, seit den Wahlen 2010 mit einer absoluten Mehrheit ausgestattet, fordern mittlerweile ebenfalls die Revision der Trianon-Verträge und wollen den 4. Juni (Tag der Unterzeichnung des Vertrags) zum „Tag der nationalen Einheit“ erklären.
In der extrem nationalistisch und rassistisch aufgeladenen Debatte in Ungarn spielen Gebietsansprüche gegenüber Österreich auch heute keine Rolle. Die neue Fidesz-Regierung hat ein Gesetz zur Doppelstaatsbürgerschaft beschlossen, das allen im Ausland lebenden Ungarn, die zumindest einen ungarischen Vorfahren haben bzw. die ungarische Sprache beherrschen, das Recht auf die ungarische Staatsbürgerschaft zuspricht. Die Slowakische Republik hat darauf sehr heftig reagiert und angekündigt, allen slowakischen BürgerInnen, die eine Doppelstaatsbürgerschaft annehmen, die slowakische Staatsbürgerschaft zu entziehen. (Österreich hat übrigens eine ähnlich rigide rechtliche Position zur Doppelstaatsbürgerschaft wie die Slowakei.)
Was hat das alles mit der FPÖ zu tun? Das Parteiprogramm der FPÖ, in dem sehr viel von Volk, Heimat und Österreich-Patriotismus die Rede ist, sollte ja eigentlich ein Bollwerk gegen absurde Gebietsansprüche und Vertragsrevisionen sein. Spätestens seit Jänner 2010 wissen wir zwar von der zarten Verbindung zwischen FPÖ und Jobbik, wir wissen ebenfalls, dass für einige FPÖler Gabor Vona, der Führer von Jobbik und Ungarischer Garde, einen festen Platz in ihrem Herzen bzw. im Facebook-Profil hat. Wir können uns auch weitere Übereinstimmungen gut vorstellen, aber warum sollten FPÖler Sympathien für Großungarn und ungarische Gebietsansprüche auf das Burgenland haben?
Und doch gibt es diese Sympathien offensichtlich: Auf einem Chrysler Voyager, der regelmäßig hinter dem Parlament parkt, ist ein Großungarn-Pickerl angebracht. Am Montag entstieg diesem PKW der FPÖ-Mitarbeiter Karl Eggl, Obmann von „SOS Abendland Wien” und Burschenschafter. Ob der PKW ihm gehört, ist eine offene Frage. Jedenfalls prangt nicht nur das Großungarn-Pickerl, sondern auch eines mit „Prima Nocte“ auf dem Chrysler Voyager – und das ist jener Mittelalter-Verein, bei dem Karl Eggl in Kostümierung auch tätig ist.