Martin Graf, der Dritte Präsident des Nationalrats, verbittet sich, im Parlament, als „Rechtsextremer“ bezeichnet zu werden. Das kostet dort einen Ordnungsruf. Auf seinem Blog unzensuriert.at darf hingegen in Postings unverhohlen Rassismus und Antisemitismus betrieben werden. Das kostet dort nicht einmal einen Ordnungsruf.
Oder wie soll man das Posting von John Galt anders interpretieren? Unzensuriert veröffentlicht am 6.2. einen redaktionellen Beitrag über die ORF-Sendung „Im Zentrum“ vom Vortag. Unter dem Titel „Der ORF und seine linken Experten“ und kritisiert er die Stellungnahmen, die sich gegen die FPÖ gerichtet haben, insbesonders die von Linda Erker, Walter Ötsch und Anton Pelinka. Die ersten Postings dazu bewegen sich noch im üblichen Jargon von freiheitlichen Postern: Die Moderatorin Ingrid Thurnher wird als „wandelnde Tollwut“ beschimpft, die Nicht-FPÖler in der Runde als „linke Bande“, die mit „gehässigem Grinsen“ ihren „Stuss“ verbreitet. Dann meldet sich John Galt zu Wort über Linda Erker, die Historikerin, die ein kurzes Statement zum Begriff der „Reichskristallnacht“ in der Sendung abgegeben hatte. Sein Statement ist eindeutig:

und ihre ansicht zur Reichskristallnacht: also als ich zur schule ging hieß es und man lernte uns reichskristallnacht aus schluß ende.
warum soll ich mich der jüdisch-zionistischen neusprechverordnung beugen und novemberprogrome verwenden?
auch ging ich zur schule da hieß es noch neger und nicht schwarzer,oder ausländer und nicht mitbürger/in mit migrationshintergrund (…)
bezeichnend für mich schlechthin ist die vermehrte verfolgung von angeblichen widerbetättigungsdelikten und angeblicher antisemitescher sager.….
hat diese clique angst das das experiment neue weltordnung zu scheitern droht?
fest steht auch das von dieser jüdisch-zionistischen finazmafia voll und ganz die schuld an dieser finazkriese trägt.
Der üble Geruch, der einen aus diesem Beitrag anweht, ist nicht nur auf das miese Deutsch zurückzuführen. Die „jüdisch-zionistische Neusprechverordnung“ und die „jüdisch-zionistische Finanzmafia“, das ist unverhohlener, offener Antisemitismus, der auf unzensuriert.at unwidersprochen stehenbleiben kann. Kein nachfolgendes Posting oder vielleicht ein Moderator des Forums kritisiert die antisemitische Hetze oder fordert die Löschung. Im Gegenteil, User „Helmut‑2“ hat schon die Zeit nach der Wahl im Auge: „Die Stunde der Abrechnung ist absehbar. Die nächsten Wahlen spätestens 2013 werden dieser ganzen rot-grünen undemokratischen In ‑die ‑eigene-Tasche wirtschaftenden Gesindelbande die versoffenen Äuglein übergehen lassen ! Aber nicht vor Freude, sondern vor Tränen.“
Freiheitliche Diskussionskultur vom feinsten eben, die sich auch in den Postings zu anderen redaktionellen Beiträgen fortsetzt. Da wird die Grüne Vizebürgermeisterin von Wien, Maria Vassilakou, als „Vasiline-Kuh“ oder als „VassilaKUH“ verhöhnt und ihr in einem anderen Posting attestiert: „lügen und täuschen gehört doch zur orientalischen kultur (…) diese ‚dame’ kann halt ihre herkunft nicht verleugnen.”

Immerhin postet bei diesem Kommentar eine Mrs.Columbo zurück: „[D]er kleine rassistische Proletenkommentar deinerseits setzt dem ganzen leider die Krone auf.“ Immerhin in diesem Fall ein Posting, das dagegenhält, aber wo ist der Administrator oder Moderator des Forums und wo ist der Herr Graf
John Galt hat noch ein anderes Posting zu „Der ORF und seine linken Experten“ abgesetzt. Sieben Minuten nach seinem antisemitischen Posting setzt er eines ab zum Thema NS-Wiederbetätigung (bei ihm „widerbetätigung“), in dem er gegen das Verbotsgesetz Stellung nimmt. Warum es das Gesetz gibt, fragt er und gibt gleich die Antwort: „Weil ein Großteil dieser Geschichte erlogen ist und den Phantasien einzelner entspringt. Die Geschichte wird vom Sieger geschrieben. (…) Auch ist es eine Schande das (sic!) bei solcher Art von Prozessen dann auch keine Beweise zugelassen werden.“ Das passt nun den unzensuriert-Menschen nicht in den Kram. Bloß jetzt keine Debatte über das Verbotsgesetz, wo doch Strache … Deshalb wird dieses Posting gelöscht, man könnte auch sagen „zens(ur)iert”. Das macht die Sache mit dem antisemitischen Posting, das stehenbleiben darf, auch mit den rassistischen Postings nur noch schlimmer!

Die „Wiener Zeitung“ hat Reaktionen zu den Postings auf unzensuriert.at eingesammelt: von der israelitischen Kultusgemeinde, vom DÖW und von Alexander Höferl, der Pressesprecher und stellvertretender Vorsitzender des unzensuriert-Vereins ist. Er hatte die Löschung des Wiederbetätigungs-Postings vorgenommen und mittlerweile auch das zweite, schwer antisemitische Posting von John Galt zens(ur)iert.