„Der Begriff ‚Rechtsextremismus‘ ist der österreichischen Rechtsordnung fremd“, doziert die Innenministerin in ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen, um dann seelenruhig die Kurve zu kratzen und mitzuteilen, dass „bei der Beurteilung hinsichtlich der Kategorisierung von Tathandlungen als rechtsextremistisch (…) seitens der Sicherheitsbehörden das Vorliegen vor allem folgender zentraler Elemente geprüft“ würde.
Ja, was jetzt? Dass der Begriff Rechtsextremismus der österreichischen Rechtsordnung nicht so fremd ist wie scheinbar der Innenministerin, werden wir in einem weiteren Beitrag noch belegen. Wenn aber auch Tathandlungen anhand einer Typologie als rechtsextremistisch kategorisiert werden können, dann sind wir ja regelrecht erleichtert! Immerhin liefert damit die Innenministerin eine etwas verbogene Bestätigung, dass es den Rechtsextremismus überhaupt gibt. Auch wenn er nicht mehr in einem eigenen Bericht vorgestellt wird, sondern in der Wahrnehmung des Verfassungsschutzes in dessen jährlichen Berichten als vernachlässigbare Bedrohung aufscheint.
Wer sich die Mühe macht und die Fragen mit den Antworten von Mikl-Leitner vergleicht, wird feststellen, dass die Innenministerin allen Festlegungen und konkreten Antworten ausweicht. Besonders skurril ist das dort, wo Fakten bestritten werden, die selbstverständlich auch dem Verfassungsschutz bekannt sind, bei den Antworten auf die Fragen 13 bis 30.
Auf die Frage 13 „Ist ihnen die Teilnahme von BesucherInnen des Balls aus dem Ausland bekannt, die aufgrund ihrer Tätigkeit in ihrer Heimat hier in Österreich mit dem NS-Verbotsgesetz in Konflikt kommen würden?“ antwortet die Innenministerin mit dem gleichen schlichten „Nein“ wie auf die Frage 18 „Ist Ihnen bekannt, ob aktive oder ehemalige Mitglieder anderer Burschenschaften, pennaler Burschenschaften, Corps, Ferialverbindungen, Sängerschaften oder akademischen Turnvereine, in der Neonazi-Szene aktiv waren oder noch sind?“
Sollen wir sie alle noch einmal aufzählen, die Mitglieder, die in der Neonazi-Szene aktiv waren oder noch sind? Wir wissen, dass sie auch dem Verfassungsschutz bekannt sind. Wir wissen aber auch, dass die Burschenschaften in den Berichten des Verfassungsschutzes einfach deshalb nicht mehr erwähnt werden, weil in schwarz-blauen Regierungszeiten für sie interveniert wurde. Österreichische Mitglieder der Deutschen Burschenschaft sind zwar so weit rechts, dass deutsche Mitgliedsverbände wegen ihnen den Dachverband Deutsche Burschenschaft verlassen haben, aber für das Innenministerium liegt diese Erkenntnis genauso unter der Wahrnehmungsschwelle wie die Preisauszeichnung für den illegalen neonazistischen „Bund freier Jugend” durch die Burschenschaft Libertas oder die Auftritte von Neonazis bei der Burschenschaft Olympia. Ein Freispruch vom Vorwurf des Rechtsextremismus oder ein Gütesiegel für die Burschenschaften ist die Antwort der Innenministerin sicher nicht, aber ein deutliches Zeichen der Ignoranz!