Für Gerhard T. und Markus L. ist es nicht das einzige Verfahren: Sie werden in einer weiteren Anklageschrift verdächtigt, als Tatbeteiligte an der Schlägerei im Grazer Lokal Zeppelin das Verbrechen der NS-Wiederbetätigung und der absichtlichen schweren Körperverletzung begangen zu haben.
Franz Radl ist kein Unbekannter: Der mittlerweile 44-Jährige hat schon zwei Verurteilungen wegen NS-Wiederbetätigung hinter sich. Er ist einer der bekanntesten Neonazis in Österreich und steht auch im Verdacht, an der mittlerweile geschlossenen Homepage alpen-donau-info mitgearbeitet zu haben. Franz Radl, der einige Semester Jus studiert hat, war nach seiner Haftstrafe zwischen 2003 und 2009 bei den von der Szene-Oma Lisbeth Grolitsch geleiteten Vereinen „Deutsches Kulturwerk“ bzw. „Deutsche Kulturgemeinschaft“ geringfügig beschäftigt. Radl hat in seiner Heimatgemeinde Fürstenfeld 2005 und 2010 versucht, mit seiner Liste FRANZ („Für Recht auf Nationale Zukunft) in den Gemeinderat zu kommen und ist beide Male grandios gescheitert.
Radl ist ein überzeugter Nationalsozialist der hitleristischen Variante. In einem E‑Mail wirft er dem Neonazi Jürgen Schwab (der früher auch in der „Aula“ schrieb, mittlerweile zu den Autonomen Nationalisten tendiert) vor, in einem Vortrag im Haus der Sängerschaft Gothia in Graz „den Nationalsozialismus, den Führer und Reichskanzler, die Reichsregierung und überhaupt das Deutsche Reich und das Deutsche Volk diskreditiert“ zu haben.
Gerhard T. (26), der Kickboxer hat bisher keine Verurteilung ausgefasst, ist aber seit Jahren in der Szene aktiv. T. war beispielsweise 2007 beim schon bekannten Sommerfest des BfJ (Bund freier Jugend) in Steinbach/Ziehberg am Grundstück des FPÖ-Gemeinderates Ernst Kronegger anwesend. Markus L. (31), den so wie Gerhard T. noch ein zweites Verfahren ereilen könnte, gehört ebenfalls zum politischen Umfeld von Radl.
Bleibt noch Daniel S. (21), der Jüngste der Angeklagten. Über ihn ist nur bekannt, dass ihn die anderen mit Aufklebern versorgt haben, die S. dann auch in Trieben (Stmk.) verbreitet hat. In seinem Zimmer wurden bei einer Hausdurchsuchung eine Hakenkreuzfahne mit der Aufschrift N.S.D.A.P., Schagstöcke, Schlagring und Butterfly-Messer gefunden. Und natürlich einige der noch nicht geklebten Pickerl mit der Aufschrift „Freispruch für Hitler“.
Die Anklage wirft den Beschuldigten nicht nur breitflächige Klebeaktionen in etlichen Orten der Steiermark vor, sondern Franz Radl auch, dass er – womöglich mit weiteren Personen — zunächst die Homepage honsik.com und später, ab Ende 2007, jene mit der Webadresse gerd-honsik.net redaktionell betreut hat. Letztere ist deshalb interessant, weil sie so wie alpen-donau-info über den US-Provider Dreamhost lief. Der engen, aber nicht störungsfreien Beziehung zwischen Gerd Honsik und Radl widmet sich die Anklageschrift in langen Passagen. Honsik verlangte etwa von Radl, Textpassagen wie „Juden sollen sich ins Knie ficken“ von honsik.com zu entfernen, damit der damals noch in Spanien Weilende nicht „binnen 24 Stunden auslieferungsfähig“ werde.
Honsik hat es nichts genützt, dass Radl die Passagen strich. Radl wird es auch nicht helfen, denn nach der Auslieferung und Verurteilung Honsiks in Österreich stellte er jene Texte, für die Honsik verurteilt worden war, auf die Seite gerd-honsik.net.
Interessant an der Anklageschrift ist noch etwas anderes: Radl und Co. haben viel Energie darauf verwendet, die üblichen Revisionisten in Umlauf zu bringen, also Schriftstücke, in denen der Holocaust geleugnet und entsprechende „Beweise“ geliefert werden. Radl zitiert natürlich Honsik, aber auch die üblichen anderen, die Gaskammern und Millionen Ermordete widerlegt wissen wollen.
Und was wird bei den Hausdurchsuchungen noch gefunden? Widerlichste Songs wie etwa „Judenschwein“ von der Nazi-Band „Kommando Freisler, „Blut muss fließen“ von „Tonstörung“ oder „Gaskammergutschein“ von „Arisches Blut“: „… in Deutschland weiß jedes Kind, dass Juden nur zum Heizen sind“, „lasst die Messer flutschen in den Judenleib“, „hei, macht das Duschen Spaß, aus der Dusche strömt noch Gas“. Kommentar überflüssig.
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