Die Latte der Vorstrafen ist lang: Körperverletzung, gefährliche Drohung, Nötigung, Sachbeschädigung, Betrug – das meiste mehrmals und seit fast 20 Jahren. Jetzt kommt bei Oliver H. (40) auch noch die NS-Wiederbetätigung dazu. Am 6. Juli des Vorjahres attackierte er am Bahnsteig der Linie U 6 in Floridsdorf völlig unvermittelt Frau D.B., die mit ihrer Tochter unterwegs war.
Oliver H., der sich zum Tatzeitpunkt eigentlich in stationärer therapeutischer Behandlung befand, hatte seinen Ausgang genutzt, um sich mit seiner Mutter zu alkoholisieren. Als er Frau D.B. erblickte, herrschte er sie zunächst an: „Was glotzst Du so?“
Die beherrschte Antwort „Was ist los?“ machte Oliver H. dann so richtig aggressiv. Er beschimpfte die Frau mit dem N‑Wort, als „niedere Rasse“, die niedergestochen gehöre, bespuckte und attackierte sie, zeigte dabei den Hitlergruß – bis eine Frau, die in der Verhandlung als Zeugin einvernommen wurde, mit den Worten „Schluss jetzt!“ dazwischenging. Die Polizei fand das bei ihrer Einvernahme eher dumm, die vorsitzende Richterin lobte das Vorgehen der Zeugin hingegen als Akt der Zivilcourage und merkte noch an, dass man nicht so alleine wäre, wenn sich mehr Menschen einmischen würden.
Zu seinen rassistischen und braunen Ausfällen fiel Oliver H. nur ein, dass er gar kein Nazi sein könne, weil seine Eltern nicht aus Österreich seien und er mit dem Nationalsozialismus nichts am Hut habe. Am Hut vielleicht nicht, aber am Sweat-Shirt. Auf seinen diversen Facebook-Konten posiert Oliver H. nämlich nicht nur gerne mit dem (rechten) Fußballklub S.S. Lazio Roma (wobei das S.S. im Italienischen für Società Sportiva steht, hierzulande aber mit anderen Assoziationen belegt ist), sondern beispielsweise auch mit Lonsdale-Shirts. Die Textilfirma wehrt sich zwar seit geraumer Zeit gegen die versuchte Vereinnahmung durch Neonazis, aber das kümmert Typen wie Oliver H. nur wenig. Bei seiner Attacke am Bahnhof Floridsdorf trug er ebenfalls ein Lonsdale-Leiberl. Sicher genauso zufällig wie sein Intro auf Facebook: 1312. Das steht für: ACAB (All Cops are Bastards).

Weil die Zurechnungsfähigkeit von H. am ersten Prozesstag im November 24 in Frage stand, wurde zur Einholung eines psychiatrischen Gutachtens vertagt und am 18.2. dann festgestellt, dass die Zurechnungsfähigkeit durch die Alkoholeinwirkung zwar vermindert, aber ansonsten gegeben war. „Total idiotisch“ sei seine Attacke gewesen, meinte H. dann in seiner Schlusserklärung noch, und sie tue ihm leid.
Das (nicht rechtskräftige) Urteil: 18 Monate bedingt, eine Geldstrafe von 300 Tagsätzen zu je 4 €, also 1.200 Euro (bei Nichteinbringung 150 Tage Ersatzfreiheitsstrafe), Bewährungshilfe sowie der Nachweis von Alkoholkarenz.
Danke an prozess.report für die Prozessbeobachtung!