Wien: Skandalöses und ignorantes Urteil zum DÖW
Graz-Klagenfurt: Staatsanwaltschaft will gegen FPÖ-Landtagspräsidenten ermitteln
Judenburg/Stmk und Bez. Gmunden/OÖ: Krach in der FPÖ
England: Holocaustleugner Williamson tot
Wien: Skandalöses und ignorantes Urteil zum DÖW
Seit mehr als einem Vierteljahrhundert muss sich das „Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes“ (DÖW) mit letztklassigen Beschimpfungen von rechtsextremer Seite herumschlagen, die sich auf ein Urteil aus 1998 berufen. Nachdem das DÖW nach einer öffentlichen Ausschreibung von Innen ‑und Justizministerium mit der Erstellung eines jährlichen Rechtsextremismusberichtes beauftragt wurde, wurde die Hetze noch aggressiver. „Stoppt die Rechten“ hat im September 2023 die Angriffs- und Diffamierungsserie ausführlich dokumentiert.
Unter dem Deckmantel der Immunität wiederholte der Generalsekretär der FPÖ, Christian Hafenecker in einer parlamentarischen Anfrage (14.9.23) die Vorwürfe, die angeblich in einem „wegweisenden Urteil“ des Oberlandesgerichts Wien festgehalten wurden. Demnach sei das DÖW „eine Art Privat-Stasi“, betreibe „linksextreme Subversion vor allem im Kulturbereich“ und „Geschichtsfälschung und ‑verdrehung“, erscheine außerdem in „pseudowissenschaftlicher Aufmachung“.
Unter all diesen wütenden Diffamierungen sticht jener der „Geschichtsfälschung und ‑verdrehung“ besonders hervor. Auch wenn nicht ausgeführt wird, worauf sich der Vorwurf bezieht: Es kann nur die umfangreiche Arbeit des DÖW zum Nationalsozialismus und dem Widerstand dagegen gemeint sein – das ist die DNA des DÖW, das auf diesem Gebiet eine weit über die Landesgrenzen renommierte Forschungseinrichtung ist. Ein gerichtlicher Freibrief für Holocaustleugner, die sich darauf berufen könnten? Sicher nicht! Es hat auch das OLG Wien 1998 kein Urteil gegen das DÖW getroffen, sondern den rechtsextremen Autor eines Beitrags in „Zur Zeit“ wegen übler Nachrede gegen den damaligen Leiter des DÖW, Dr. Wolfgang Neugebauer, verurteilt. Einige Textpassagen des „Zur Zeit“-Beitrags hielt das OLG aber als Werturteile für zulässig. Das alles ist in einer Dokumentation des DÖW nachzulesen.
Weil der rechtsextreme Autor des „Zur Zeit“-Beitrags seine Hetze aber 2007 – wieder in „Zur Zeit“ – unter dem Titel „Sie lügen fleißig weiter!“ – fortsetzte und das DÖW als einen „Lügentempel“ bezeichnete, der seit Jahrzehnten eine „Geschichtslüge“ betreibe, musste das DÖW neuerlich klagen. Das OLG Wien bestätigte im November 2009 als Berufungsinstanz den Schuldspruch gegen den rechtsextremen Autor, Friedrich Romig,und die „W3“- Verlagsgesellschaft als Medieninhaberin von „Zur Zeit“. Auch dazu gibt es einen ausführlichen Bericht des DÖW.
2023 gab’s dann nicht nur die immunisierte parlamentarische Anfrage von Hafenecker mit dem neuerlichen Vorwurf der „Geschichtslüge“, sondern auch eine Presseaussendung (3.8.23) des FPÖ-Abgeordneten Hannes Amesbauer, der das DÖW als eine „ideologisch geprägte pseudowissenschaftliche Institution“ bezeichnete und behauptete, dass dem DÖW „gerichtlich attestiert wurde, nicht wissenschaftlich und neutral zu arbeiten“ – das ist eine klare Verdrehung des Urteils von 1998.
Das DÖW klagte den Vorwurf der Pseudowissenschaftlichkeit und erhielt vom Handelsgericht Wien das Urteil, dass es, weil es mit Äußerungen über die FPÖ die politische Bühne betreten habe, einen „höheren Grad an Toleranz“ zeigen müsse. Nach den vielen Diffamierungen ein Urteil, das in seiner Ignoranz gegenüber dem Auftrag und der Arbeit des DÖW kaum mehr zu toppen ist.
Von einer „besorgniserregenden Fehlentwicklung in der Judikatur, die Institutionen, publizistische und journalistische Arbeit nicht schützt”, sprach die Medienanwältin Maria Windhager. Für den Historiker Oliver Rathkolb ist die Entscheidung „Trumpismus pur”. (derstandard.at, 3.2.25)
Das DÖW wird gegen das Urteil Berufung einlegen.
➡️ Kommentar im „Standard“ (3.2.25): Die Verunglimpfung des Dokumentationsarchivs ist ein Angriff auf die Wissenschaft
➡️ Rechtsextremismusbericht des DÖW zum Download
Graz-Klagenfurt: Staatsanwaltschaft will gegen FPÖ-Landtagspräsidenten ermitteln
Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt, die die Ermittlungen im Finanzskandal der Grazer und steirischen FPÖ führt, ist an den steirischen Landtag mit dem Ersuchen um Auslieferung des Landtagspräsidenten, Gerald Deutschmann, herangetreten. Erst eine Auslieferung eröffnet die Möglichkeit für die Staatsanwaltschaft, gegen den FPÖ-Mandatar strafrechtliche Ermittlungen wegen des Vorwurfs der Anstiftung zur Verletzung des Amtsgeheimnisses führen zu dürfen.
„Deutschmann soll einen der FPÖ nahestehenden Beamten gebeten haben, ihm Daten aus dem Melderegister weiterzuleiten, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Klagenfurt, Markus Kitz.“ (steiermark.orf.at, 30.1.25) Der „Standard“ (30.1.25) schreibt:
Dass Ermittlungen in diesem Punkt erst jetzt angestoßen werden, ist bemerkenswert, denn Aussagen hierzu liegen der Staatsanwaltschaft seit 2022 vor. Damals sagte der besagte Beamte aus, dass es im November 2021 zu der versuchten Aufforderung zur Verletzung des Amtsgeheimnisses gekommen sein soll.
Judenburg/Stmk und Bez. Gmunden/OÖ: Krach in der FPÖ
In der selbsternannten freiheitlichen Familie kracht es wieder einmal gehörig. In der FPÖ Judenburg herrschen seit Monaten Troubles, wie die „Kleine Zeitung“ (31.1.25) ausführlich aus dem Murtal berichtet. Kurz vor dem Bezirksparteitag am 1. Februar spitzte sich die innerparteiliche Lage offenbar zu.
Während Wolfgang Zanger, Bezirksparteiobmann und Nationalratsabgeordneter, gegen den geschäftsführenden Judenburger Stadtparteiobmann Dominik Simbürger schießt und gegen Simbürger ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet wurde, wirft der Judenburger der Partei vor, dass eine Wahl beim Ortsparteitag im Oktober 2024, bei dem Birgit Heim anstelle von Simbürger zur Stadtparteichefin gewählt wurde, manipuliert gewesen sei. Simbürger sammelte Unterschriften für einen außerordentlichen Parteitag, worauf ihm die Partei vorwirft, manche dieser Unterschriften gefälscht zu haben.
Die Kleine Zeitung hat bei Bezirksparteichef Wolfgang Zanger nachgefragt, warum er plötzlich gegen seinen früheren Schützling Dominik Simbürger Stimmung gemacht hat. „Die FPÖ hat sich Qualitätsstandards hinsichtlich ihrer Kandidaten auferlegt, die er aus unserer Sicht nicht erfüllt hat“, so Zanger. (kleine.at, 31.1.25)
Was tatsächlich hinter diesem Streit steht, ist von außen nicht zu beurteilen, aber dass die „Qualitätsstandards hinsichtlich ihrer Kandidaten“ bei der FPÖ äußerst dehnbar sind, ist problemlos feststellbar.
Auch bei der Bezirksorganisation der FPÖ Gmunden geht’s rund. Der dortige Obmann Markus Steinmaurer, für die FPÖ auch im Bundesrat, hatte beim Bezirksparteitag magere 69 Prozent der Stimmen erhalten – ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu den 91 Prozent bei seiner Wahl 2021.
Ganze Ortsparteigruppen verweigerten ihm die Zustimmung, und Kritiker wie Ronald Eichenauer aus St. Wolfgang, der bereits im September seine Bezirksfunktionen niederlegte, lassen auf eine breitere Unzufriedenheit schließen. Dass Eichenauer zu Steinmaurer einst anders stand, zeigt ein Facebook-Posting aus 2019, in dem Eichenauer Steimaurer noch als „lieben Freund“ bezeichnet hatte.

Insider sprechen von persönlichen Animositäten, die sich aufgeschaukelt hätten. Manche Funktionäre sollen sich bei der Erstellung der Wahllisten für die EU-Wahl und die Nationalratswahl übergangen gefühlt haben. Auch die überraschende Kündigung der langjährigen Bezirksgeschäftsführerin Karin Hüttler auf ihren eigenen Wunsch vor wenigen Wochen werfen Kritiker dem Bezirksobmann vor. Ebenso seine Auftritte im Bundesrat. „Nur eine persönliche Freundschaft mit Manfred Haimbuchner reicht halt nicht“, sagt einer, der nicht namentlich zitiert werden will. (nachrichten.at, 31.1.25)
Wie sehr die FPÖ bemüht ist, die blamablen 69 % für Steinmaurer zu verstecken, zeigt ein über die Facebook-Seite von Manfred Haimbuchner veröffentlichtes Foto, auf dem das Wahlergebnis durch den Gratulationsschriftzug „Wir gratulieren zur Wiederwahl.“ überdeckt wurde.


England: Holocaustleugner Williamson tot
Der britische Bischof Richard Williamson, der es als Holocaustleugner zu einer breiten Bekanntheit gebracht hatte, ist im Alter von 84 Jahren gestorben. Er war 2014 in Deutschland wegen Volksverhetzung rechtskräftig verurteilt worden, nachdem er in einem Interview die Existenz von Gaskammern während des Nationalsozialismus geleugnet hatte. Seine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wurde 2019 abgewiesen. Williamson war 1988 von Erzbischof Marcel Lefebvre gegen den Willen des Vatikans zum Bischof geweiht worden, was zur Exkommunikation führte. Papst Benedikt XVI. hob 2009 die Exkommunikation auf. Williamson leitete über 26 Jahre Seminare in den USA und Argentinien, bevor sich die ohnehin weit rechtsstehende Priesterbruderschaft 2012 bemüßigt fühlte, sich von Williamson zu trennen.