Ried/OÖ: Nazi-Orden, SS-Armbrust und „schräger Humor“
Ried/OÖ: Brauner Vergewaltiger
Graz: Ein satanischer Hitlergrüßer
Stainz-Graz: Zu Kopf gestiegene Waffenleidenschaft
Ried/OÖ: Nazi-Orden, SS-Armbrust und „schräger Humor“
Der aus Passau stammende angeklagte Stefan K. (43), der am 28.1. beim Landesgericht Ried im Innkreis antanzen musste, hat ein Problem mit seiner Drogensucht, mit zahlreichen, nämlich zehn Vorstrafen und neuerdings auch mit dem NS-Verbotsgesetz. Deshalb musste er sich vor einem Geschworenengericht verantworten. Eine Anzeige seiner früheren Freundin brachte ihm eine Hausdurchsuchung ein, bei der sein Handy mit einigen belastenden WhatsApp-Chats, darunter ein Video, ein Nazi-Orden und eine Armbrust mit dem SS-Totenkopf sichergestellt wurden. Sein aktueller Aufenthaltsort ist eine Klinik, in der er auf Entzug ist. Für zwei Kinder hat er eigentlich Sorgepflichten, aber über das jüngere weiß er nicht viel.
Stefan K. bekennt sich zwar schuldig, versucht es dann aber doch mit Ausreden. Der Orden gehöre eigentlich dem Bruder, früher sei er „aktiv“ gewesen, aber jetzt nicht mehr und sein Humor sei eben etwas schräg. Im Gericht kommt er damit nicht durch. Drei Fragen werden an die Geschworenen gestellt, zwei werden einstimmig mit schuldig beantwortet.
Unklar ist das Strafmaß: Ein Jahr bedingt, hat unsere Prozessbeobachtung notiert, 18 Monate bedingt heißt es auf „meinbezirk.at“ (29.1.25). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Danke für die Prozessbeobachtung!
Ried/OÖ: Brauner Vergewaltiger
Der nach dem Verbotsgesetz angeklagte Nico J. (19) bringt es auf fünf Vorstrafen, was für sein Alter erschreckend viel ist. Noch erschreckender sind die Delikte: 2020 wegen Raub, Einbruch und Körperverletzung 20 Monate unbedingt. 2023 ein Jahr Haft wegen Verleumdung und gefährlicher Drohung und schließlich 2024 sechs Jahre Haft wegen Vergewaltigung und schwerer Körperverletzung (Misshandlung bis zur Bewusstlosigkeit, Halswirbelbruch, Rippenbrüche). In der Haft misshandelte Nico J. einen Mitgefangenen. Doch deshalb musste er sich am 28.1. nicht verantworten, sondern weil er sich ein Tattoo mit einer Sigrune an seinem Hals verpassen hat lassen und in einem Brief an einen Mitgefangenen ebenfalls die Sigrune und die SS-Losung „Meine Ehre heist (sic!) Treue“ verwendet hatte.
Als Zeugen belasteten den Angeklagten vier Justizwachebeamte. Für die Aufforderung, das Nazi-Tattoo zu entfernen, ernteten sie Beschimpfungen. Der Angeklagte, der in der Verhandlung zeitweise aufbrausend und aggressiv aufgetreten ist, dürfte also in der Haftanstalt nicht nur durch die Misshandlung eines Mitgefangenen negativ aufgefallen.
Nico J. gab sich geständig, sein Verteidiger sah jedoch keinen Vorsatz und plädierte auf Freispruch. Der Staatsanwalt beschrieb J. als einen der problematischsten Fälle am Landesgericht, die Geschworenen erkannten auf Schuld. Das Ergebnis: ein weiteres Jahr Haft unbedingt – noch nicht rechtskräftig.
Danke für die Prozessbeobachtung!
➡️ Bericht in den „Oberösterreichischen Nachrichten” (Paywall): „Ich bin kein Nazi. Haben Sie schon einmal einen schwarzen Nazi gesehen?”
Graz: Ein satanischer Hitlergrüßer
Georg W. (31) hat 16 Vorstrafen, darunter sexuelle Belästigung und öffentliches Urinieren. Mit dem Verbotsgesetz hat er auch bereits einmal vor Gericht Kontakt gehabt. Damals bereits wegen eines Hakenkreuz-Tattoos, das er sich als Zeichen seiner Einsicht überstechen lassen wollte. Die Geschworenen übten sich in Nachsicht und sprachen ihn frei. Das Hakenkreuz ist nicht das einzige Nazi-Tattoo, das W. mit sich spazieren führt, aber es ist trotz Nachbearbeitung noch immer gut sichtbar.

Es ist vor allem dann gut erkennbar, wenn er, wie am 14.8.24 in Graz geschehen, mit nacktem Oberkörper durch die Prankergasse spaziert und dabei „Sieg Heil“ rufend den Hitlergruß zeigt. Die Kombination ließ dann auch keine Zweifel mehr zu. Angelegt war das Ganze offenbar als Provokation gegenüber einer in der Gasse vom Zeugen gesichteten Frau, die als muslimisch beschrieben wird – vermutlich, weil sie Kopftuch getragen hat.
Der Angeklagte, der ja schon über einige Gerichtspraxis verfügt, versuchte es in der Verhandlung am 28. Jänner mit allerlei Ausreden wie etwa jener, er habe nicht den Hitlergruß, sondern den Satansgruß dargeboten. Und was ist mit dem Hakenkreuz und dem „Sieg Heil“? „Ausländer“ hasst er, weil er schon einmal von welchen angegriffen worden sei. Und überhaupt sei es ungerecht, dass die Drogen verkaufen. Er selbst nehme zwar welche, aber verkaufe sie nicht, war im Prozess zu hören
Der Zeuge bestätigte die Vorwürfe der Anklage und beschrieb den Tatverlauf so genau, dass W. nur mehr resignierend bestätigen konnte: „Ja dann werde ich es wohl gewesen sein.“ Seine Verteidigerin versuchte zwar noch eine Interpretation des Hitlergrußes, der als Ausdruck von Georg W.s Zorn zu verstehen gewesen sei, scheiterte aber an den Geschworenen, die einstimmig die Schuld bejahten. Am Ende setzte es 20 Monate unbedingt und den Widerruf einer zuvor bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sieben Monaten wegen sexueller Belästigung. W. muss also 27 Monate dunsten, falls seine angekündigte Berufung erfolglos bleiben sollte.
Wir danken prozess.report für die Prozessbeobachtung!
Stainz-Graz: Zu Kopf gestiegene Waffenleidenschaft
Wie die Kurzfassung eines Groschenromans liest sich der Artikel zu einem Prozess, der am 28. Jänner am Landesgericht Graz abgeführt wurde. Da ist von Leidenschaft und leuchtenden Augen die Rede, von Traum einer Bubenspielstätte und sogar von kullernden Tränen.
Auch das Wort Liebhaber wird genannt, die Liebe und Leidenschaft gelten jedoch einer Waffensammlung, die bei einem Weststeirer im Zuge einer Hausdurchsuchung aufgestöbert wurde. „[N]eben den vier Waffen, die er aufgrund seiner erweiterten Waffenbesitzkarte ohnehin legal besitzen durfte, hatte er noch einiges mehr an Pistolen und Gewehren zu Hause gebunkert – samt Munition und Schalldämpfern.“ (krone.at, 29.1.25)
Noch brisanter erscheint allerdings der Anlass für die Razzia: Die Handynummer des beschuldigten Stainzers war bei einer Operation gegen rechtsextreme Waffenhändler aufgetaucht. Und was hatte dazu ein im Prozess befragter Verfassungsschützer zu sagen? „Der Angeklagte ist aber nur ein Waffenliebhaber. Er kennt sich auch sehr gut aus. Diese Leidenschaft ist ihm etwas zu Kopf gestiegen“, zitiert die „Kronen Zeitung“ aus der Verhandlung.
Von dem im Selbstbau herstellten Schießraum, der „Traum einer Bubenspielstätte“, wie der Richter die illegale Anlage nannte, zeigte sich offenbar ein weiterer Zeuge, ein Polizist, beeindruckt:
Die Schießanlage des Steirers sei auch nicht gerade unprofessionell, erzählt der Polizist. „Sogar mit Entlüftungsanlage. Das hat nicht jeder daheim. Das rentiert sich nur, wenn man auch vorhat, mehr zu schießen.“ Die Kaffeekassa und die vielen Patronenhülsen lassen zudem auf Besucher im Schießkeller schließen. „Beweisen konnten wir das aber nicht.“ (krone.at)
Wie der Steirer nun auf die Liste der rechtsextremen Waffenhändler gelangt ist, scheint im Prozess nicht Thema gewesen zu sein, jedenfalls keines, das für die berichtende Journalistin erwähnenswert gewesen wäre.
Nach einer mit Tränen garnierten Beteuerung, er werde das nie wieder machen, erhielt der Steirer einen Schuldspruch mit einer Geldstrafe über 5.400 Euro, die der Angeklagte „dankend“ annahm. Die Staatsanwaltschaft gab jedoch keine Erklärung ab, damit ist das Urteil nicht rechtskräftig.