Scheibbs-St. Pölten: Eiernockerl und „Schmaz” für Eva
Salzburg: Vom Geldfälscher zum Neonazi
Flachgau-Salzburg: Vom Neonazi zum Islamisten
Salzburg: Gemobbter Jung-Neonazi
Oberalm-Salzburg: Diversion für Hitlergrüßerei
Linz: Karma is a bitch
Linz: Hetze wegen der Nachrichten
Scheibbs-St. Pölten: Eiernockerl und „Schmaz” für Eva
Es war an einem speziellen Samstag, als der Scheibbser Michael P. meinte, bei Facebook allen, die „heute Geburtstag“ hätten, gratulieren zu müssen. Am Abend werde er Eiernockerl essen und der „Eva“ versprach er einen „Schmaz“. Die am 20. April 24 abgesetzte Nachricht blieb nicht folgenlos: Anzeige, Anklage und Verurteilung, die am 4. September am Landesgericht St. Pölten einstimmig erfolgte.
„Da sind viele Rechtschreibfehler drinnen, hams was getrunken gehabt? Es war 14:45Uhr, da hams schon soviel getrunken gehabt“, fragte der Richter den 45-Jährigen, bislang unbescholtenen Niederösterreicher. Es sei ein Samstag gewesen, da habe er schon getrunken, antwortete der Angeklagte. Das erwies sich als Glück, den die angenommene Alkoholisierung stellte schlussendlich in der Strafbemessung einen Milderungsgrund dar.
Das Posting habe er gelöscht, als er zur Polizei zitiert wurde, gab P. vor Gericht an. Davor zeigte sich der Scheibbser allerdings völlig uneinsichtig: Direkt nach seiner Hitler-Huldigung auf Facebook, wurde er in Kommentaren auf die Strafbarkeit hingewiesen. P. forderte den Hinweiser aber mehrfach auf, sein Posting doch anzuzeigen: „Das kostet mich nur einen Lacher”, tönte P. noch großspurig. Vor Gericht klang das anders: Es täte ihm leid, es sei ihm peinlich, diesen Fehler begangen zu haben.
Nach nur 90 Minuten war der Prozess vorbei, P. erhielt bereits rechtskräftige acht Monate bedingt auf drei Jahre, muss die Kosten des Strafverfahrens übernehmen und eine KZ-Gedenkstätte unter Begleitung des Vereins „Neustart“ besuchen.
Danke an prozess.report für die Prozessbeobachtung!
Salzburg: Vom Geldfälscher zum Neonazi
Am 3. September endete ein Prozess wegen Wiederbetätigung am Landesgericht Salzburg mit einem Schuldspruch, berichten die „Salzburger Nachrichten“ (4.9.24, S. L6) in Kurzform.
15 Monate bedingte Haft wegen Wiederbetätigung nach dem Verbotsgesetz. So lautete am Dienstag das bereits rechtskräftige Urteil eines Salzburger Geschworenensenats über einen 30-jährigen Österreicher. Der wegen Geldfälscherei vorbestrafte, reumütig geständige Angeklagte (Verteidiger: Kurt Jelinek) hatte demnach über den Messengerdienst WhatsApp insgesamt 20 Nachrichten bzw. Videos versandt, in denen Hitler glorifiziert, die Nazi-Gräuel verharmlost oder die Ziele des Nationalsozialismus positiv dargestellt werden. (SN)
Flachgau-Salzburg: Vom Neonazi zum Islamisten
Ein 21-jähriger Flachgauer, „aufgewachsen in einem Dorf im Flachgau, in einem christlich-österreichischen Haushalt“ (krone.at, 3.9.24), stand am 3.9. in Salzburg vor einem Jugendschöffengericht, weil er 2022 und 2023 über Social Media Propaganda für den Islamischen Staat (IS) betrieben habe. Staatsanwalt Christoph Wancata warf ihm vor, auf Plattformen wie TikTok, YouTube und Spotify unter verschiedenen Accountnamen, darunter auch Namen bekannter IS-Terroristen, aufgetreten zu sein und ein IS-Naschid (Sprechgesang mit religiösen Inhalten) veröffentlicht zu haben, das zum Dschihad aufruft. Der Angeklagte soll gegenüber seiner Mutter und der Polizei geäußert haben, den Märtyrertod sterben zu wollen.
Bereits 2020 war gegen ihn ein Strafverfahren wegen NS-Wiederbetätigung geführt worden, das mit einer Diversion eingestellt wurde. Der Staatsanwalt erklärte, der Angeklagte habe sich vom Rechtsextremismus zum radikalen Islamismus gewandt. Verteidiger Michael Hofer beschrieb seinen Mandanten als einen psychisch belasteten Suchenden, der von einem Extrem ins andere fiel. Der Angeklagte selbst gab an, unter schweren Depressionen gelitten zu haben und eine Gruppe gesucht zu haben, weshalb er sich dem Islam zugewandt habe.
Der Senat sprach den Flachgauer schuldig und verhängte ein nicht rechtskräftiges Urteil von einem Jahr bedingter Haft. Zudem muss er eine Psychotherapie und ein Deradikalisierungsprogramm absolvieren. (weitere Quelle: Salzburger Nachrichten, 4.9.24, S. L6)
Salzburg: Gemobbter Jung-Neonazi
Ein 17-jähriger Bursche aus Salzburg wurde am 4. September wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung zu fünf Monaten bedingter Haft verurteilt. Ab dem Alter von 14 hatte er über einen Zeitraum von fast zwei Jahren 146 Hitler-verherrlichende und Nazi-Gräueltaten verharmlosende Bilder über einen Messengerdienst verschickt. Vor Gericht zeigte er sich reumütig und erklärte, er habe aus Angst vor Mobbing und unter Gruppenzwang gehandelt. Er betonte, dass er für die Verbreitung der Bilder Anerkennung erhalten habe. Sein Verteidiger hob hervor, dass der Angeklagte inzwischen Reue zeigt und zwei KZ-Gedenkstätten besucht hat. Das Gericht erkannte jedoch die Schwere der Tat an und lehnte eine diversionelle Erledigung des Verfahrens ab. Das Urteil ist rechtskräftig, und der Jugendliche muss weiter Bewährungshilfe in Anspruch nehmen. (Quelle: Salzburger Nachrichten, 5.9.24, S. L4)
Oberalm-Salzburg: Diversion für Hitlergrüßerei
Wiederbetätigung im Vollrausch ist keine Wiederbetätigung, sondern eine „Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen im Zustand voller Berauschung“ (§ 287 StGB). Daher wurde am 4. September ein 21-jähriger Tennengauer nicht vor ein Geschworenengericht, sondern vor eine Einzelrichterin geladen, wo er sich für eine mehrfache Hitlergrüßerei in Oberalm zu verantworten hatte. „Richterin Bettina Maxones-Kurkowski erledigte die Causa diversionell: Zahlt der 21-Jährige 3000 Euro Geldbuße, wird das Strafverfahren endgültig eingestellt. – Nicht rechtskräftig.“ (Salzburger Nachrichten, 5.9.24, S. L4)
Linz: Karma is a bitch
Er sei in Rage geraten, sagte ein 63-jähriger Linzer mit Schweizer Staatsbürgerschaft vor Gericht, als er Anfang März Medienberichte über mutmaßliche Ausländerkriminalität gelesen habe. Deshalb habe er auf Facebook an drei Tagen abfällige Kommentare gegen Muslime sowie syrische und afghanische Asylwerber veröffentlicht. Die Staatsanwaltschaft Linz sah darin den Tatbestand der Verhetzung erfüllt und erhob Anklage.
Er sei emotional aufgeladen und unter Alkoholeinfluss gestanden, bereue seine Aussagen und habe die Beiträge mittlerweile gelöscht. Die Richterin:
„Sie waren an drei Tagen hintereinander betrunken?“ Nein, er betrinke sich nicht jeden Tag, beteuerte der Angeklagte. Es habe sich um „Ausrutscher“ gehandelt. Probleme mit Moslems und Asylwerbern habe er „eigentlich nicht“. Zu seiner Verteidigung fühlte sich der 63-Jährige dann bemüßigt, der Richterin über einen Autounfall zu erzählen, angeblich zwei Wochen nach seinen Postings. Der Unfallgegner, „ein Moslem mit Gebetsgewand“, sei ausgestiegen und habe ihn niedergeschlagen. Die Richterin sah ihn fragend an: „Vielleicht schlechtes Karma?“ (Oberösterreichische Nachrichten, 4.9.24, S. 27)
Anstelle einer Verurteilung entschied das Gericht auf eine Diversion: Der Angeklagte muss am Programm „Dialog statt Hass“ teilnehmen, damit das Verfahren endgültig eingestellt wird. Der 63-Jährige akzeptierte diese Entscheidung und bedankte sich. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab.
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Linz: Hetze wegen der Nachrichten
Nach 20 Minuten war der Prozess am 4. September im Linzer Landesgericht gegen einen in Linz lebenden türkischen Staatsangehörigen wegen Verhetzung vorbei. Über den Anklageinhalt war kaum etwas zu erfahren, nur dass der Angeklagte über mehrere Monate hinweg – beginnend mit dem 9. Oktober 2023 (was einen Konnex zum Überfall der Hamas in Israel am 7. Oktober vermuten lässt) – in den sozialen Netzwerken Postings abgesetzt habe, weil er „die Nachrichten nicht mehr ertragen konnte“, so die Begründung vor Gericht. Der Mann, ein ausgebildeter Imam, plädierte auf nicht schuldig, bereute allerdings, dass er sich hat zu den Äußerungen hinreißen habe lassen. Er erhielt eine Diversion mit einer Zahlung von 800 Euro. Das beschlagnahmte Telefon gibt es nach Tilgung der Zahlung zurück.
Danke für die Prozessbeobachtung!