Vor einigen Jahren gab es auf Facebook noch eigens für diesen Tag eingerichtete Ereignisseiten, auf denen die Hitler-Freunde virtuell ihre Glückwünsche zum Geburtstag entrichten durften. Diese Form der Zählung bzw. Treuebekundung von Nazi-Trotteln hat Facebook vor Jahren unterbunden – verdeckt und individualisiert gibt es sie aber noch immer.
Vor allem in Österreich erfreut sich seither aber die codierte Bezugnahme auf Hitlers Lieblingsspeise einer kaum nachlassenden Beliebtheit. Wer am 20. April auf seine Timeline postet, dass er heute Eiernockerl isst oder gar ein Foto seiner angeblichen Lieblingsspeise zum Besten gibt, kann sich sicher sein, dass die allermeisten unter denen, die das liken oder zurückposten, den schwach codierten Wink verstanden haben. Bemerkungen wie „Heute muss man ja …“ oder „Zu diesem besonderen Tag …“ lassen die anderen Eiernockerl- bzw. Hitler-Fans wissen, dass die Botschaft schon angekommen ist.
Welche Botschaft eigentlich? Dass man sich einig mit anderen Nazi-Trotteln weiß? Dass der mit dem Eiernockerl-Essen Gefeierte ein ganz großer, ehrenvoller Mann war, weil er Millionen Menschen industriell vernichten ließ und Abermillionen wegen seiner Politik im Krieg sterben mussten? Das alles trauen sich die braunen Feiglinge natürlich nicht zu argumentieren, sondern verstecken sich und ihre Gesinnung hinter ihren codierten Eiernockerl-Grüßen und fühlen sich noch besonders mutig dabei. Denn auch wenn sie braune Trottel sind, wissen sie doch, dass eine Bejubelung des Nazi-Regimes oder von Adolf Hitler eine Verurteilung nach dem Verbotsgesetz nach sich ziehen kann. Mit dem Begriff Kellernazis sind sie ziemlich zutreffend schon vor Jahren von einem Neonazi beschrieben worden.
Ausreden sind kaum denkbar. Wenn etwa Kev Kev Spätzlek am 20.4. in die geschlossene (aber sehr große) Facebook-Gruppe „Ich wohne auf der richtigen Seite der Donau“ die Frage postet: „Wo sind denn eure Eiernockerl?“, dann wird das von den Nazi-Freunden wie ein Zählappell verstanden: „Im Magen“, postet Michi K., wortident Tatjana I., „Schon gemampft“, Claudia K., ein bekennender Kickl-Fan. In dieser Tour geht es unverdrossen weiter – trotz Zwischenrufen wie „Nazis raus“.
Erfreulich: Die Zwischenrufe oder Einsprüche werden häufiger. Wenn Richard S. seine Huldigung zu Hitlers Geburtstag mit dem kurzen Hinweis „heit gibt’s Eiernockerl“ einleitet, dann sind nicht nur die üblichen Bekennerpostings wie „hams FRÜHER a immer an dem Tag gessen….“ (Josef O.) oder „des is fix“ (Andy B.) zu lesen, sondern auch der deutliche Kommentar: “Nazigsindl. Beitrag und Kommentare wurden gemeldet.“
Wenn Peter R. aus Wien am 20.4. postet „ned vergessen eiernockerl und grüner salat futtern gggg“, dann ist das eigentlich schon deutlich genug. Wenn er dann noch auf die zum Gruß erhobene Rechte von Andy R. antwortet: „sers oida aufn f.….. na weisst eh gggggg“, dann überschreitet er damit eigentlich das strafrechtlich noch vertretbare Ausmaß an brauner Blödheit.
Wie aber ist es dann zu beurteilen, wenn der blaue Polizist Ferdi H. am 20.4. postet „Mittagessen heute! Eiernockerl mit grünem Salat!“? Mit einem Foto seiner Nockerl, obwohl er sonst nie etwas über Essen postet, sondern nur viele „unzensuriert“ und „Wochenblick“-Meldungen.
Ein blauer Ersatzgemeinderat aus Wimpassing (NÖ) postet noch dazu „Blondi fehlt“ und meint damit wohl Hitlers gleichnamigen Schäferhund. Heribert T., mutmaßlich ebenfalls Polizist, nachdem er „Kollegen“ als Anrede für den Berufsstand verwendet und dem Dietrich Kops 2017 zur 25-jährigen FPÖ-Parteimitgliedschaft gratuliert hat, schreibt dem Eiernockerl-Ferdi wissend und auf den Film „Das Leben des Brian“ anspielend „Pöhser Purche du!“ – und findet das wohl auch noch witzig.
Kops ist nicht mehr Parteimitglied und der Ferdi gezwungenermaßen auch nicht mehr; nachdem „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk das Posting vom Ferdi öffentlich gemacht hatte, stellte der sein Konto auf „privat“. Am Wort ist jetzt der Dienstgeber vom Ferdi (der einmal vorläufig suspendiert wurde), nachdem es sogar in der FPÖ Konsequenzen gegeben hat.
Möglich, dass es noch immer einzelne Menschen gibt, die nicht wissen, welche Bedeutung ein einsames Eiernockerl-Posting an einem 20. April hat. Ferdi und seine freiheitlichen Freunde gehören da nicht dazu. Auch Andreas P. nicht. Er hat nicht beim Ferdi mitgepostet, sondern auf seinem eigenen Account. Schon am 19.4. hat er sich nicht mehr zurückhalten können und gejubelt: „Morgen gibt es Eiernockerl mit grünen Salat !!“ Andreas P. ist ein Wiederholungstäter: Auch 2017 bejubelte er die Eiernockerl am 20.4.. Befreundet auf FB ist er mit einer Reihe von FPÖlern: von Martin Graf, Udo Landbauer bis zum ausgetretenen Johann Gudenus. Aber wie sollen die auch sehen, was der Andreas am 20. April isst?
Apropos Wiederholungstäter: Auch Hannes L. und Alex F. verzichteten heuer wie schon 2019 nicht auf den dezenten Geburtstagsgruß an Adolf. Da der Hannes im letzten Jahr gewaltig Kontra in den Kommentaren erhielt, hat er diesmal aufs entsprechende fotografische Beiwerk verzichtet und einem „Luisonkl“ (den es im letzten Jahr noch nicht gab – die These, dass Alois Schicklgruber/Hitler gemeint sein könnte, der ja am 20. April Vater des kleinen Adolf geworden ist, ist wohl zulässig) gratuliert.
Ein besonderes Exemplar ist Sigi G., der eigentlich H. heißt, denn der bedauert bereits im März, wie schwierig die Situation am 8. Mai 1945 nach dem „alliierten Bombenterror“ gewesen sei. Nach einer langen Suada über die deutsch-österreichischen Opfer – und damit meint er die Soldaten und das „Volk“ – bekennt er, ein stolzer Österreicher zu sein, der nicht als „NAZI“ beschimpft werden will. Ein paar Tage später mutmaßt Sigi, dass die Geschäfte nach dem COVID-bedingten Lockdown am 20. April aufsperren würden, weil da „ne grosse Geburtstagsfeier“ geplant sein könnte. Und den Führer-Geburtstag hat Sigi dann selbst mit Eiernockerl „Ganz traditionell zum 20. April“ abgefeiert. Könnte es sein, dass Sigi doch ein „NAZI“ ist?
Heuer häufen sich bei Personen mit dem Vornamen Andreas die Eiernockerl-Meldungen auffällig – vielleicht, weil sie von Chemtrails besonders fest besprüht wurden? Jedenfalls jubelte auch Andreas I. aus dem westlichen Niederösterreich: „zur Feier des Tages gibt’s Eiernockerl mit grünem Salat“ Was wollte denn der Andreas I. feiern? Seinen eigenen Geburtstag jedenfalls nicht. Aber das weiß er auch. Als ihm, der ebenfalls ein Wiederholungstäter ist, nämlich im Vorjahr Facebook seine Eiernockerl-Hitler-Geburtstags-Meldung gelöscht hat – wir haben noch einen Screenshot davon, was dem Andreas kaum Trost bereiten dürfte –, raunzte er nach:
„Ned schlecht waun von Fb gelöscht wird was es bei mir zu Essen gibt weil es ihren Richtlinien nicht entspricht, aber Gewalttaten live übertragen werden. Der Beitrag vestösst (sic!) gegen ihre Gemeinschaftsstandards wird mir mitgeteilt.“
Der nächste Andreas aus dem östlichen Niederösterreich ärgert sich darüber, dass „soviele deppate“ beim McDonalds Schwechat eine Stunde auf ihren Burger mit Pommes warten: „Dabei sollte man heute Eiernockerl essen.“
Michael Z. aus Wien hat eine ganz bestimmte Vorstellung vom 20.4.: „Heute Marschmusik, und Mittag EIERNOCKERL…..und wen sis ausgeht, an Salat dazu. Wen DER des noch erleben könnte…“ (Fehler im Original)
DER konnte es deswegen nicht mehr erleben, weil er sich wenige Tage nach seinem Geburtstag feige suizidierte. Aber was die Feigheit betrifft, sind die diversen Kellernazis, die am 20. April codiert den Geburtstag ihres Adolf bejubeln, ja auch nicht schlecht unterwegs.
➡️ Die Braunen und sein Geburtstag (I)
➡️ Hitlers Geburtstag (II) : Eiernockerl mit Salat!
➡️ 15 Monate für Hoch auf Hitlers Geburtstag
➡️ Hitlers Geburtstag 2016