Linz-Steyr: nur eine Hand frei
Leonding-Linz: Covid-Maßnahmengegner nach Verbotsgesetz verurteilt
Unterwaltersdorf-Ebreichsdorf-Wiener Neustadt/NÖ: „eine kleine Bombe“
Linz-Steyr: nur eine Hand frei
Ein Jahr bedingte Haft lautet das nicht rechtskräftige Urteil gegen einen 57-Jährigen durch einen Geschworenensenat am Landesgericht Steyr. Angeklagt war der Blau-Weiß Linz-Fan Timo B. nach dem Verbotsgesetz: Er soll beim Verlassen des Stadions nach einem Fußballspiel im Februar den rechten Arm zum Hitlergruß gehoben und dabei gerufen haben „Wir sind eure Hauptstadt, ihr Bauern“. Drei Polizeibeamt*innen, die im Fanbereich waren, bezeugten die Tat vor Gericht.
B. wurde von Manfred Arthofer, praktischerweise auch Anwalt des Linzer Vereins, vertreten. Arthofer gab an, den Mandanten seit mehr als 30 Jahren zu kennen monierte gleich, dass B. eigentlich auf „der anderen Seite“ stehen würde. Als Beweis legt er ein 20-Jahres altes Foto vor, das B. in einem T‑Shirt mit der Aufschrift „Gegen Nazis“ zeigt. Und überhaupt konnte B. nur deshalb eine Hand beim Skandieren eines Fangesanges heben, weil er mit der zweiten ein Bier gehalten habe.
Die Geschworenen ließen sich mehrheitlich nicht von der Version des Verteidigers überzeugen und stimmten mit fünf zu drei zu Ungunsten des Angeklagten. Zur bedingten Haft wurde auch eine verpflichtende Bewährungshilfe verordnet. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Leonding-Linz: Covid-Maßnahmengegner nach Verbotsgesetz verurteilt
Am Landesgericht Linz fand am 16. November ein Prozess nach dem Verbotsgesetz gegen einen Covid-Maßnahmengegner statt. Kevin I. hatte einerseits mehrere Sujets verbreitet, in denen er die Impfpflicht mit den NS-Verbrechen verglichen, aber auch solche mit typischen NS-Parolen als Witze verpackt hatte. Im Falle der Aufnahmen von NS-Judensternen mit der Aufschrift „Ungeimpft“ oder Abbildungen von Regierungsmitgliedern in NS-Uniformen wollte sich der Angeklagte lediglich kritisch gegen die Regierungsmaßnahmen geäußert haben. Bei Fotos wie jenem von Bierflaschen mit Hakenkreuz und eine Nachricht mit der NS-Parole „Heil Hitler“ als Abschiedsformel meinte der Angeklagte, es habe sich um Humor gehandelt.
Zu den Anklagepunkten mit NS-Bezug kamen noch rassistische Äußerungen gegen Muslim*innen, die der Kevin I. wiederum als Kritik verstanden wissen wollte, ohne sich davon zu distanzieren. Das verhandelte Datenmaterial stammte von einer Hausdurchsuchung bei I., wobei nicht nur elektronische Datenträger, sondern auch die Bierflaschen mit Hakenkreuz-Etikett konfisziert wurden. Der Angeklagte ist zwar bereits mehrfach vorbestraft, aber die Delikte hatten bis dato keinen politischen Hintergrund.
Auch nach den abschließenden Statements von Staatsanwaltschaft und Verteidigung positionierte sich Kevin I. als Opfer: Der Lockdown sei gegen die Menschenrechte gewesen; er habe sich kritisch geäußert und stehe nun vor Gericht. Das Urteil lautete 15 Monate bedingte Haft mit dreijähriger Bewährung. Es wurden keine Rechtsmittel angemeldet, somit ist das Urteil rechtskräftig.
Danke an prozess.report für die Prozessbeobachtung!
Unterwaltersdorf-Ebreichsdorf-Wiener Neustadt/NÖ: „eine kleine Bombe“
Der 36-jährige Unterwaltersdorfer Erwin T. musste sich am 13. November ins Landesgericht Wiener Neustadt begeben, wo er sich u.a. wegen gefährlicher Drohung verantworten musste. Er hatte in der Facebook-Gruppe „Ebreichsdorf Gemeinde“ (mit mehr als 2500 Mitgliedern) Kommentare wie „Auch der Bürgermeister ist ein Dreck“ und vor allem „Eine kleine Bombe und die Grünen sind weg“ als Reaktion auf ein Posting des Bürgermeisters hinterlassen. Die betroffene Grüne Stadträtin erstattete daraufhin eine Anzeige bei der Polizei.
Als Zeug*innen sagten der Ebreichsdorfer Bürgermeister und die grüne Umweltgemeinderätin, die angab, sich durch den Kommentar tatsächlich bedroht gefühlt zu haben, aus. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor dem Angeklagten eine Zahlung von 720 Euro als Diversion angeboten. Da T. die vereinbarten Ratenzahlungen nicht eingehalten hatte, kam es zur Verhandlung, wo es allerdings bei der Diversion blieb; nur die zu bezahlende Summe erhöhte sich leicht auf 800 Euro. Nach einer knappen halben Stunde war der Prozess zu Ende.
Danke für die Prozessbeobachtung!