Schärding-Ried/OÖ: Freispruch nach abscheulicher Chatnachricht
Graz: Haufenweise Hitlergrüße und seltsame Notizen
Lienz-Innsbruck: Ein Sonnenbrand, Kritzeleien und brauner Humor
Pongau-Salzburg: Führerwein im Gasthaus
Salzburg: Schlaf unter der Reichskriegsflagge
Schärding-Ried/OÖ: Freispruch nach abscheulicher Chatnachricht
Nicht alle Prozessurteile sind nachvollziehbar – dieses gehört zweifellos dazu. Ein 23-jähriger Schärdinger hatte im Juli 2020 ein abscheuliches Bild via WhatsApp verschickt: „Auf dem Bild war eine Steinschleuder mit Hakenkreuz-Motiv zu sehen. In dieser Steinschleuder war ein Kind mit dunkler Hautfarbe eingespannt, schriftlich war das Bild mit dem Wort ‚Drecksschleuder’ hinterlegt.“ (nachrichten.at, 22.3.23)
Mit dem Nationalsozialismus habe er nichts am Hut, und überhaupt könne er sich an den Vorfall nicht erinnern, da er besoffen gewesen sei. Diese Erklärung reichte dem Geschworenengericht offenbar für einen – bereits rechtskräftigen – Freispruch.
Graz: Haufenweise Hitlergrüße und seltsame Notizen
Der in Bosnien geborene und in Österreich mit hiesiger Staatsbürgerschaft aufgewachsene 36-jährige Angeklagte, studierter Politikwissenschafter, gab an, nicht neun Mal den Hitlergruß gezeigt zu haben, wie die Anklage festhielt, sondern – Überraschung! – „Ave Caesar“ zum Ausdruck gebracht zu haben. Zuvor soll er in betrunkenem Zustand in einem Grazer Lokal Gäste belästigt und rassistische Äußerungen von sich gegeben, woraufhin die Polizei gerufen wurde. Bei einer Hausdurchsuchung wurden eigenartige Notizen etwa zu Rassismus, zum Zweiten Weltkrieg, über Tötungen aufgefunden, dazu Messer, eine Schusswaffe, Bücher zum Zweiten Weltkrieg und eine Überlebensjacke. Die Bedeutung der Notizen konnte oder wollte der Angeklagte auch nicht klären, es habe sich um Übersetzungen gehandelt.
Sehr glaubhaft dürften die Behauptungen des Angeklagten nicht gewesen sein: Nach dem einstimmigen Schuldspruch durch die Geschworenen folgte eine bedingte Strafe über zwölf Monate (nicht rechtskräftig).
Danke an prozess.report für den Bericht!
Pongau-Salzburg: Führerwein im Gasthaus
Es war ausgerechnet eine israelische Reisegruppe, die bei einem Pongauer Wirt eine seltsame Entdeckung machen musste: Auf einem Sims des Gasthauses standen zwei Weinflaschen mit Hitler-Etikett. Die Reisegruppe erstattete auch prompt Anzeige, womit sich der 53-jährige Lokalbesitzer vor dem Salzburger Landesgericht einzufinden hatte.
Vor zehn Jahren hatten italienische Gäste die Flaschen dagelassen, erzählt der Wirt im Dialekt. Seitdem standen sie dort: „Das hat keinen Wert für mich, es interessiert mich nicht.“ Den Vorwurf gestand er aber ein. Dank außerordentlicher Strafmilderung bekam er sechs Monate auf Bewährung. (krone.at, 28.3.23)
Da hätten wir doch sehr gerne erfahren, warum jemand einen „Führerwein“ in seinem Lokal belässt, wenn er so gar kein Interesse daran hat.
Lienz-Innsbruck: Ein Sonnenbrand, Kritzeleien und brauner Humor
Gleich mit acht Vorstrafen im Gepäck und einer langen braunen Karriere musste der 29-jähriger Lienzer Patrick G. am Landesgericht Innsbruck aufmarschieren – unter anderem wegen schwerer Körperverletzung, nach der das Opfer nun in einem Pflegeheim leben muss. Zwei Aufenthalte im Gefängnis hat G. auch bereits hinter sich; die seien die Initialzündung für sein Abdriften in die rechtsextreme Ecke gewesen, war im Prozess zu hören. Dort habe er sich einschlägige Tattoos stechen lassen: ein Keltenkreuz und Runen am Rücken und die Wörter „Blut und Ehre“ samt SS-Totenkopf am Unterarm. Seinen Oberkörper samt Tattoos hatte der Lienzer bei der Arbeit als Dachdecker zur Schau gestellt und Bilder davon via WhatsApp, wo er mit Benutzernamen wie „28“ (Blood & Honour), „C18“ (Combat 18) oder „White Warrior“ unterwegs war, verschickt. Im Zuge einer Hausdurchsuchung wurden auch noch ein Hitler-Bild in goldenem Rahmen, das Buch „Unser Hitler“, mehrere Klappmesser mit NS-Symbolen, eine Halskette mit Hakenkreuzanhänger und weitere braune Devotionalien sichergestellt. Auf Facebook gab G. von sich: „Angezunden gehört der lkw hänger mit geschlossener tür natürlich und das asylant pack ausgeräuchert…“
Mit seinem Schwager hatte G. für Kinder aus Steckplatten ein Hakenkreuz „gebastelt“, garniert mit „Sieg Heil” und „88“. Dem Freund hatte er nach der Hausdurchsuchung im Zuge eines Besuchs in dessen Gästebuch Hakenkreuze gekritzelt.
Wenig glaubhaft war daher seine angebliche ideologische Läuterung, die er seit der Geburt seiner Tochter (vor sechs Jahren!) eingeschlagen haben will. Auch die Erklärung, er habe sich bereits erkundigt, wie er die Tätowierungen überstechen lassen könne, half nichts. Weitere „Erklärungen“ ebenfalls nicht: Die braunen Zahlencodes seien zufällig gewählt, ein Foto von einem Schneemann mit Hitlerbart und dem Text „hab den vor ein Asylantenheim gestellt, um denen unsere Kultur näherzubringen“ sei nur „schwarzer Humor“ gewesen, Fotos seiner Tätowierungen habe er nur verschickt, um seinen Sonnenbrand zu zeigen, das Buch „Unser Hitler“ sei einfach so im Regal gestanden, die Hakenkreuze waren nur eine Kritzeleien und dergleichen mehr. Nicht überraschend fiel das Urteil angesichts dieser hanebüchenen Erklärungsversuche aus: Es setzte einen Schuldspruch und 30 Monate unbedingt – nicht rechtskräftig.
Danke an unsere Innsbrucker Prozessbeobachter*innen!
Salzburg: Schlaf unter der Reichskriegsflagge
Der Angeklagte hatte seine braune Laufbahn bereits früh begonnen: In Bayern wurde er bereits vor zehn Jahren als 15-Jähriger wegen eines Hitlergrußes bestraft. Danach folgten in Österreich eine Reihe von Vorstrafen – hauptsächlich wegen Aggressionsdelikten. Der Vorwurf der Körperverletzung brachte ihn nun erneut vor Gericht. Hinzu kam ein Verstoß gegen das Waffen- und das Verbotsgesetz, da er Nazi-Nachrichten via WhatsApp verschickt hatte. „Zudem hatte er das Schlafzimmer seiner Wohnung mit einer NS-Reichskriegsflagge in den Maßen 150 Mal 90 cm ‚dekoriert‘“. (sn.at, 30.3.23)
Unter seiner Flagge wird der 24-Jährige nun voraussichtlich eine Zeitlang nicht mehr schlafen können: Er erhielt einen Schuldspruch und 24 Monate Haft, davon sechs unbedingt. Ob das Urteil bereits rechtskräftig ist, geht aus dem SN-Bericht nicht hervor.