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Wochenschau KW 24/22

Die FPÖ tut sich schwer, eine/n Kandidat/in/en für die Bun­des­prä­si­dent­schafts­wah­len im Herbst zu fin­den. Nach­dem schon Susan­ne Fürst aus nicht bekannt gege­be­nen Grün­den nicht ins Ren­nen geschickt wird, sei nun par­tei­in­tern angeb­lich der Wel­ser FPÖ-Bür­­ger­­meis­­ter Andre­as Rabl als Kan­di­dat gehan­delt wor­den. Doch Rabl wird nun im Zusam­men­hang mit einem hef­ti­gen Kri­mi­nal­fall rund um ille­ga­les Glücksspiel […]

20. Jun 2022

Wien: Braun bis in die Socke
Bürmoos/Sbg: Schüs­se und Machete
Wels/OÖ: FPÖ-Bür­ger­meis­ter Rabl

Wien: Braun bis in die Socke

Über fünf Jah­re hin­weg habe der 47-jäh­ri­ge Ange­klag­te sei­ne Neo­na­zi-Gesin­nung aus­ge­lebt: mit ein­schlä­gi­gen Täto­wie­run­gen, ver­teilt auf dem gages­am­ten Kör­per, mit Devo­tio­na­li­en in sei­ner Woh­nung inklu­si­ve Socken mit auf­ge­druck­ten SS-Runen, mit der Ver­brei­tung von unzäh­li­gen Nach­rich­ten im Inter­net. Der Ange­klag­te zog es vor, beim Pro­zess zu schwei­gen, was kurio­ser­wei­se damit begrün­det wur­de, dass er einen Schluss­strich gezo­gen habe.

„Trotz­dem hält ihm Rich­te­rin Nico­le Bac­zak jeden Ankla­ge­punkt ein­zeln vor: ‚Da müs­sen Sie durch! Ich muss­te mir die schreck­li­chen Nach­rich­ten auch alle durch­le­sen.’ Das Urteil: zwei Jah­re bedingt und nicht rechts­kräf­tig.“ (krone.at, 18.6.22) Ange­sichts die­ser Lat­te an Ankla­ge­punk­ten scheint der Wie­ner noch gut davon gekom­men zu sein.

Bürmoos/Sbg: Schüs­se und Machete

Wenn (meist ille­ga­le) Waf­fen in einem Fall im Spiel sind, gibt es bestimm­te Hin­wei­se, die eine poli­ti­sche Ein­ord­nung der Täter (in unse­rer Chro­no­lo­gie der Waf­fen­fun­de han­delt es sich aus­schließ­lich Män­ner) als wahr­schein­lich erschei­nen las­sen. Bei Haus­durch­su­chun­gen im rechts­extre­men Milieu sto­ßen die Behör­den daher auch regel­mä­ßig auf Arm­brüs­te, Dol­che (sehr beliebt natür­lich jene mit NS-Gra­vu­ren), (Samurai-)Schwerter und auch Macheten.

Ob nun jener 67-jäh­ri­ge Flach­gau­er eben­falls poli­tisch dem rech­ten Lager zuzu­ord­nen oder nur ein unpo­li­ti­scher „Spin­ner“ ist, kön­nen wir natur­ge­mäß nicht aus der Fer­ne dia­gnos­ti­zie­ren. Gefun­den wur­den bei ihm jeden­falls eine Mache­te sowie eine selbst­ge­bas­tel­te zwei Meter lan­ge Stich­waf­fe. Der Haus­durch­su­chung ging eine auf­se­hen­er­re­gen­de Auto­fahrt des Flach­gau­ers vor­aus. 

Auf­ge­fal­len war der 67-Jäh­ri­ge, weil er mit sei­nem Auto in den frü­hen Mor­gen­stun­den viel zu schnell von Bür­moos nach Ober­dorf ras­te, dort vor einem Haus anhielt und im Wagen einen Schuss abgab. Eine Zeu­ge beob­ach­te­te ihn dabei. Danach wen­de­te er und fuhr zurück. In einem Wald­stück blieb er erneut ste­hen, stieg aus und gab meh­re­re Schüs­se ab. (…) In der Nähe sei­nes Wohn­or­tes hiel­ten Poli­zis­ten den 67-jäh­ri­gen Zulas­sungs­be­sit­zer schließ­lich an. Im Fahr­zeug fan­den sie eine Schreck­schuss­pis­to­le samt Muni­ti­on. (salzburg.orf.at, 17.6.22)

Der Mann woll­te kei­ne wei­te­ren Anga­ben machen und wur­de verhaftet.

Wels/OÖ: FPÖ-Bür­ger­meis­ter Rabl 

Dass das Glücks­spiel auch in Öster­reich oft in kri­mi­nel­len Struk­tu­ren statt­fin­det, ist kein Geheim­nis. Das pro­fil ent­hüll­te nun, dass nicht nur gegen die mut­maß­lich größ­te kri­mi­nel­le Glücks­spiel-Orga­ni­sa­ti­on des Lan­des („Kajot-Grup­pe“) ermit­telt wür­de, son­dern auch der Wel­ser FPÖ-Bür­ger­meis­ter Andre­as Rabl für Tei­le der Orga­ni­sa­ti­on tätig gewe­sen ist.

Seit über einem Jahr­zehnt soll die Orga­ni­sa­ti­on quer durch Öster­reich 55 ille­ga­le Glücks­spiel­lo­ka­le betrei­ben und damit bis zu sie­ben Mil­lio­nen Euro jähr­lich erwirt­schaf­ten (Stand: 2020). Zu die­sem Zweck soll ein weit ver­zweig­tes Fir­men­netz­werk mit 19 Unter­neh­men und 70 Mit­ar­bei­tern auf­ge­baut wor­den sein. Die Ermitt­lun­gen sind poli­tisch hei­kel, weil der Wel­ser Bür­ger­meis­ter und mög­li­che FPÖ-Bun­des­prä­si­dent­schafts­kan­di­dat Andre­as Rabl vor Jah­ren für Unter­neh­men tätig war, die das Bun­des­kri­mi­nal­amt der kri­mi­nel­len Orga­ni­sa­ti­on zurech­net – und weil er mit dem Haupt­be­schul­dig­ten befreun­det sein soll. Ermit­telt wird gegen Rabl selbst aller­dings nicht. (…) Der Wel­ser FPÖ-Bür­ger­meis­ter übte vor Jah­ren Kon­troll­funk­tio­nen für zwei Unter­neh­men aus, die das Bun­des­kri­mi­nal­amt der kri­mi­nel­len Glücks­spiel-Ver­ei­ni­gung zurech­net. Außer­dem war er in einer Stif­tung tätig, die zur Grup­pie­rung gehö­ren soll. Rabl erklär­te auf pro­fil-Anfra­ge: „Wahr­neh­mun­gen im Zusam­men­hang mit ille­ga­lem Glücks­spiel lie­gen mir nicht vor.“ (pro­fil)

Rabl ver­steht nun die gan­ze Auf­re­gung nicht, zumal er sich nach den ers­ten Vor­wür­fen 2014 aus den Unter­neh­men, für die er als Anwalt tätig war, zurück­ge­zo­gen habe. Nichts sagt er laut „pro­fil“ zu sei­ner von Zeu­gen erwähn­ten Freund­schaft zum Haupt­be­schul­dig­ten. Die Ver­bun­den­heit soll auch in eini­gen Face­book-Kom­men­ta­ren zum Aus­druck kommen.

FPÖ-intern, heißt es, wer­de Rabl bereits als blau­er Kan­di­dat für die Bun­des­prä­si­dent­schafts­wah­len gehan­delt. Rabl sieht daher in dem pro­fil-Bericht auch eine „klas­si­sche Ruf­mord­kam­pa­gne. (…) Dass die Vor­wür­fe aus­ge­rech­net jetzt wie­der hoch­ko­chen, sei laut Rabl kein Zufall“, wird Rabl von den Ober­ös­ter­rei­chi­schen Nach­rich­ten (20.6.22, S. 26) zitiert. Mit der Invol­vie­rung in die­sem Kri­mi­nal­fall könn­te Rabl wie schon zuvor sei­ne ober­ös­ter­rei­chi­sche Par­tei­kol­le­gin Susan­ne Fürst aus dem Ren­nen gewor­fen sein, noch bevor er über­haupt dabei war.