Wochenschau KW 8/22 (Teil 1)

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Dies­mal: Drei Pro­zes­se wegen Wie­der­be­tä­ti­gung, drei Ange­klag­te mit psy­chi­schen Pro­ble­men, davon einer in Salz­burg gegen eine Kunst­his­to­ri­ke­rin, die sich der hoch­gra­di­gen Schwur­be­lei ver­schrie­ben hat. Dabei ver­harm­los­te sie den Holo­caust und bezeich­ne­te Juden als „Wur­zel allen Übels“. Ihre Erklä­rung: Sie sei damals in einer „tie­fen Lebens­kri­se“ gewe­sen. Nach ihrer Ver­ur­tei­lung schwur­belt sie mun­ter wei­ter und teilt in den letz­ten Tagen mit Hoch­druck Pro-Putin-Propaganda.

Wien: „Stol­zer Neo­na­zi“ mit 18 Vorstrafen
Kla­gen­furt: Atta­cke auf Sach­ver­stän­di­gen bei Wiederbetätigungsprozess
Salz­burg: Holo­caust­ver­harm­lo­sung wegen Lebenskrise

Wien: „Stol­zer Neo­na­zi“ mit 18 Vorstrafen

18 Vor­stra­fen. die­se in brau­nen Krei­sen sym­bol­träch­ti­ge Zahl muss der 34-jäh­ri­ge Deut­sche, der 2018 nach Wien über­sie­delt war, nun wohl zuguns­ten der nichts­sa­gen­den 19 ein­tau­schen müs­sen. Er hat­te am 15. Okto­ber 2021 mit einer 28-jäh­ri­gen Öster­rei­che­rin vor dem Ein­gang des Wie­ner AKH für Auf­se­hen gesorgt (https://www.stopptdierechten.at/2021/10/18/wochenschau-kw-41–21/#wien): Bei­de sol­len zuerst einen aus Indi­en stam­men­den Zei­tungs­ver­käu­fer beschimpft und bedroht haben – beglei­tet von Heil Hit­ler-Rufen und „‚Du weißt, was sie damals mit dir gemacht hät­ten’. Dabei zeig­te er den Hit­ler­gruß und droh­te dem gebür­ti­gen Inder mit der Faust der ande­ren Hand. Als sich die­ser bück­te, um die Zei­tung auf­zu­he­ben, schrie der gewalt­be­rei­te Aggres­sor: ‚Wenn du dich bückst, tre­te ich dir den Schä­del ein.’“ (APA via kleinezeitung.at, 21.2.22)

Ein Arzt, der dazwi­schen gegan­gen ist, konn­te Schlim­me­res ver­hin­dern. „Tat­säch­lich ließ das Pär­chen — die Frau hat­te laut Ankla­ge eben­falls Nazi-Paro­len skan­diert — von dem Zei­tungs­ver­käu­fer ab. Sie hät­ten ihm gegen­über aller­dings noch erklärt, ‚stol­ze Neo­na­zis‘ zu sein, bemerk­te der Arzt am Ende sei­ner Zeu­gen­be­fra­gung.“ (APA) Danach ran­da­lier­te das Paar in ähn­li­cher Wei­se gegen­über zwei Secu­ri­tys, die die bei­den nicht ins Gebäu­de lie­ßen. 

Der Deut­sche gab an, unter einem hef­ti­gen Alko­hol­pro­blem zu lei­den, ein Sach­ver­stän­di­ger attes­tier­te ihm zwar Zurech­nungs­fä­hig­keit, mein­te jedoch „Schä­di­gun­gen des Gehirns“ fest­stel­len zu kön­nen, wes­we­gen dem Ange­klag­ten eine Ein­wei­sung in eine Anstalt droht. Der Pro­zess wur­de auf­grund der Ein­ver­nah­me wei­te­rer Zei­gen ver­tagt, gegen die betei­lig­te Frau wird sepa­rat verhandelt.

Kla­gen­furt: Atta­cke auf Sach­ver­stän­di­gen bei Wiederbetätigungsprozess

Er ist das, was umgangs­sprach­lich klas­sisch als „ein armer Hund“ bezeich­net wür­de: Die Argu­men­ta­ti­on, schwe­res Schick­sal, Dro­gen, Alko­hol ken­nen wir inzwi­schen zu Genü­ge aus diver­sen Pro­zes­sen zum Ver­bots­ge­setz. Sie die­nen oft als bil­li­ge Aus­re­de. Der 53-jäh­ri­ge Ange­klag­te, der in der letz­ten Woche vor dem Kla­gen­fur­ter Lan­des­ge­richt stand, scheint jedoch tat­säch­lich unter enor­men psy­chi­schen Druck zu ste­hen, zumal er, wie im Pro­zess erwähnt wur­de, zu den Opfern des Kin­der­psych­ia­ters Franz Wurst zählt.

Der Ange­klag­te hat­te aus dem Fens­ter sei­ner Woh­nung Nach­barn und Passant*innen beschimpft und bedroht und geru­fen, dass er sie, wäre er Hit­ler, ver­ga­sen wür­de. Ein Sach­ver­stän­di­ger soll­te nun die Zurech­nungs­fä­hig­keit des Man­nes beur­tei­len. Der Ange­klag­te ver­such­te wäh­rend des Pro­zes­ses, den Gut­ach­ter kör­per­lich zu atta­ckie­ren, der sich jedoch erfolg­reich weh­ren konnte.

Der Gut­ach­ter erör­ter­te nach dem Zwi­schen­fall, den Mann für zurech­nungs­fä­hig zu hal­ten, wenn er medi­ka­men­tös rich­tig ein­ge­stellt wäre. Ohne Behand­lung sei er 

eine Gefahr für die Gesell­schaft. Dem wider­sprach der Ver­tei­di­ger des Ange­klag­ten, Phil­ipp Tscher­nitz. Vor allem auch, weil sich das Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen in sich wider­spre­che. Er geht davon aus, dass sein Man­dant nicht zurech­nungs­fä­hig sei.
Tscher­nitz beton­te, sein Man­dant habe sich nicht unter Kon­trol­le, wie sich mehr­fach gezeigt habe. Dies lie­ge unter ande­rem dar­an, dass er als Kind beim Psych­ia­ter Franz Wurst Pati­ent gewe­sen sei, was sei­ne Ent­wick­lung beein­träch­tigt habe. Wurst, lang­jäh­ri­ger Pri­ma­ri­us am Kli­ni­kum Kla­gen­furt, war im Dezem­ber 2002 wegen des Miss­brauchs zahl­rei­cher Kin­der zu 17 Jah­ren Haft ver­ur­teilt wor­den. Der Ange­klag­te bat unter Trä­nen dar­um, nicht wie­der in eine Anstalt ein­ge­wie­sen zu wer­den, das hal­te er nicht aus. Ein vom Ver­tei­di­ger gefor­der­tes Ergän­zungs­gut­ach­ten wur­de von Sei­ten des Gerichts abge­wie­sen. (kaernten.orf.at, 22.2.22)

Der Staats­an­walt erwei­ter­te wäh­rend des Pro­zes­ses die Ankla­ge, der Rich­ter ver­häng­te eine Unter­su­chungs­haft. „Als Rich­ter Lieb­hau­ser-Karl ver­kün­de­te, der Ange­klag­te wer­de fest­ge­nom­men, nahm die­ser sei­ne Kap­pe ab und fleh­te das Gericht an, ihn nicht fest­zu­neh­men. Als dies nichts half, schrie er erneut, alle gehör­ten vergast.“

Das nicht rechts­kräf­ti­ge Urteil: zwei Jah­re Gefäng­nis und Ein­wei­sung in eine Anstalt für geis­tig abnor­me Rechtsbrecher.

Salz­burg: Holo­caust­ver­harm­lo­sung wegen Lebenskrise

Sie hat schon län­ger vor der Pan­de­mie ihre eso­te­ri­schen Ergüs­se zum Bes­ten gege­ben, mit Coro­na scheint sie dann Fahrt auf­ge­nom­men zu haben. Spä­tes­tens seit­her lässt die 61-jäh­ri­ge Salz­bur­ge­rin nichts mehr aus. Ihr Reper­toire, das sie auf allen mög­li­chen Platt­for­men unter ver­schie­de­nen Accounts ver­brei­tet, reicht von QAnon über Ken Jeb­sen, Oli­ver Janich bis zu vie­len ande­ren Ver­schwö­rungs­er­zäh­lern. Kein Wun­der also, dass ihre Pod­casts und Vide­os auch in ande­ren Schwur­bel­ka­nä­len Hoch­sai­son haben.

In der letz­ten Woche muss­te sich die pen­sio­nier­te Kunst­his­to­ri­ke­rin jedoch auf ihr frem­des Ter­rain bege­ben, näm­lich ins Lan­des­ge­richt Salzburg.

Die Frau soll im Jahr 2020 in Vide­os, die sie auf Kom­mu­ni­ka­ti­ons­platt­for­men ver­öf­fent­lich­te, erklärt haben, dass im Holo­caust nicht mehr als 600.000 Juden ermor­det wor­den sei­en. Zudem habe die Frau laut Ankla­ge Juden als „Wur­zel allen Bösen” bezeich­net. (…) Die Staats­an­walt­schaft wirft ihr vor, sie habe in einem Bei­trag unter dem Titel „Das Geschäft mit Leben und Tod” behaup­tet, dass Men­schen, die angeb­lich an den Fol­gen einer Coro­na-Infek­ti­on gestor­ben sei­en, nicht an Coro­na gelit­ten hät­ten, son­dern es sei­en die Lei­chen zu Coro­na-Toten „umeti­ket­tiert” wor­den. Das­sel­be sei auch nach dem Zwei­ten Welt­krieg gesche­hen. 1,6 Mil­lio­nen Deut­sche, die nach Mei­nung der Ange­klag­ten unter den Besat­zern umge­kom­men sei­en, hät­te man zu Opfern des Natio­nal­so­zia­lis­mus eben­falls „umeti­ket­tiert”, um die Zahl der ermor­de­ten Juden zu erhö­hen. Tat­säch­lich sei­en es nicht mehr als 600.000 jüdi­sche Opfer gewesen.
Und indem die Salz­bur­ge­rin in einem Video die Juden als „Wur­zel allen Übels” bezich­tigt und von einer „sata­ni­schen Kult­ge­mein­schaft” gespro­chen habe, habe sie in Kauf genom­men, Hass­ge­füh­le gegen Juden auf­kom­men zu las­sen, also zu Hass gegen die­se Men­schen auf­zu­sta­cheln. (APA via salzburg24.at, 23.2.22)

Vor Gericht mein­te die Frau, dass sie jetzt ande­rer Mei­nung sei, es sich um „eine Plau­de­rei“ gehan­delt habe und dass das ohne­hin nie­mand als Het­ze und Ein­tre­ten für den Natio­nal­so­zia­lis­mus auf­ge­fasst habe. Im Übri­gen habe sie sich damals in einer tie­fen Lebens­kri­se befun­den. Das bereits rechts­kräf­ti­ge Urteil: 15 Mona­te bedingt.

C.T. teilt Donner zu Ukraine: "God bless you, Putin!"

C.T. teilt Don­ner zu Ukrai­ne: „God bless you, Putin!”

Nun kann sie sich wei­ter ihren Hirn­ge­spins­ten wid­men, Stoff dafür – etwa Putin-Pro­pa­gan­da – fin­det sie gera­de die­ser Tage genug. Zu ihren der­zei­ti­gen Lieb­lings­ka­nä­len zäh­len Moni­ka Don­ner und „Neu­es aus Russ­land“. Aber weil sie mit dem Krieg in der Ukrai­ne nicht aus­ge­las­tet scheint, wid­met sie sich am 28. Febru­ar neo­na­zis­ti­schen Trig­ger-Orten: Dres­den und den Rhein­wie­sen-Lagern – und sucht dort nach „Ley­li­ni­en” und Geheim­nis­sen, die unter den „Blut­a­ckern” begra­ben wor­den sei­en. Mög­li­cher­wei­se ist sie noch immer oder schon wie­der in einer tie­fen Lebenskrise?

C.T. schwurbelt auf Okitalk zu Dresden und Rheinwiesen-Lagern

C.T. schwur­belt auf Oki­talk zu Dres­den und Rheinwiesen-Lagern