Es kommt nicht allzu oft vor, dass gleich vier Mitglieder einer Familie vor Gericht antanzen müssen. Letzte Woche war es aber in Salzburg so weit: Zwei Brüder, deren Mutter und auch der Onkel hatten sich am Landesgericht wegen Wiederbetätigung zu verantworten, der erstanklagte Bruder auch wegen Verhetzung.
Das Familien-Unheil nahm Anfang 2018 seinen Lauf: Der Salzburger Landtagsabgeordnete Simon Heilig-Hofbauer machte öffentlich, dass der damalige Ortschef der Henndorfer FPÖ, Josef B., sein Auto mit einem 88er-Wunschkennzeichen geschmückt und ein Foto davon, auf das eindeutige Kommentare folgten, auch noch auf Facebook gepostet hatte.
Josef bot damals eine blau(äugig)e Erklärung für die „88“ an: Es handle sich dabei um das Kennenlerndatum (8. August) von ihm und seiner Freundin. Und weil sich Josef kooperativ zeigen wollte, bot er den Ermittlern sein Smartphone als Beweis an. Das war Dodelirrtum Nr. 1., den später sogar ein Generalsekretär im Finanzministerium wiederholte: nämlich zu glauben, dass eine Löschung der WhatsApp-Chats die Meldungen tatsächlich unwiederbringlich vernichtet.
Die Chat-Verläufe des Josef B. wurden genauso rekonstruiert wie die des türkisen Chefintriganten. Dummerweise ergaben sie ein ganz anderes Bild von Josef, seiner „88“-Interpretation und seiner Familie. Auf einmal waren die widerlichen Postings, die Glückwünsche und Feiern zu Hitlers Geburtstag samt „Führerwein“ und Hitlertorte in Wort und Bild rekonstruiert und damit die Beteuerungen vom Josef aus dem Jahr 2018 Schnee von gestern: „Ich habe noch nie etwas von solchen Feiern gehört. Ich sitze Jahr und Tag nicht in dem Gasthaus. Hätte ich so einen Scheiß gesehen, wären alle hochkant hinausgeflogen“, säuselte er damals.
Dodelirrtum Nr. 2: Du kannst den Ermittlern zwar viel Blödsinn erzählen, aber für blöd verkaufen sollte man sie nicht! Und Dodelirrtum Nr. 3 erfolgte dann beim Schwurgerichtsverfahren wegen NS-Wiederbetätigung gegen vier Familienmitglieder: die zwei Brüder, den Onkel und die Mutter. Die hatte sich bei der Verhandlung noch ganz klein und unschuldig zu machen versucht: „‚Wir haben ein bissl eine saloppere Aussprache, aber das ist nichts Schlimmes. Wir meinen das nicht bös‘, erklärt die Mutter einen Chat, wo es um ‚Scheiß Ausländer‘ ging. Es habe niemand ernst genommen“, berichtet der „Standard“.
Aber auch die Männer machten auf mimimi und beteuerten, sie seien allesamt weder Nazis noch ausländerfeindlich, es sei alles nur Spaß gewesen. Nutzte nichts, denn jetzt haben sie es schwarz auf weiß: Alle vier Angeklagten wurden von den Geschworenen für schuldig im Sinne der Anklage befunden. Weil sie nicht vorbestraft waren, fassten sie sehr milde, auf drei Jahre bedingte Strafen aus: der Erstangeklagte 21 Monate, sein Bruder 18 Monate, sein Onkel 14 Monate und seine Mutter zwölf Monate. Alle Urteile sind rechtskräftig.
Sein jetzt von der Verurteilung betroffenes KFZ-Kennzeichen mit der „88“ hat Josef bis nach der Verurteilung noch auf seinem FB-Profil präsentiert – mittlerweile hat er seinen Account komplett gelöscht. Die Lebensgefährtin wurde bereits gesondert verhandelt und erhielt für ihre falsche Zeugenaussage eine Diversion. Ein weiterer Angeklagter, der offenbar beim Hitler-Geburtstagsfest dabei war, sei nicht verhandlungsfähig.
➡️ https://www.stopptdierechten.at/2019/12/12/eine-ziemlich-braune-familie/
➡️ https://www.stopptdierechten.at/2018/11/05/wochenschau-kw-44/#henndorf
➡️ https://www.stopptdierechten.at/2018/09/24/wochenschau-kw-38–2/#henndorf