Stefan Magnet ist nicht nur der Chef und Gründer von Auf1-TV, sondern auch nebenbei als Gastautor für „Wochenblick“, „Info-direkt“ und den Aula-Nachfolger „Freilich“, tätig. Nachdem der Internet-TV-Kanal Auf1 nicht gerade die Cash-Cow des Publizisten Magnet sein dürfte (das Programm lief im Sommer auf Sparflamme), muss es wohl sein eigentlicher Brotberuf bringen: die Firma „MS Medienlogistik Werbe GmbH“, die er seit 2016 betreibt (von 2011 bis 2016 als „MS Medienlogistik e.U.“). Über die „Medienlogistik“ ließ Magnet auch den Internet-Textilvertrieb „Heimatmode.at“ laufen, wo sich Rechtsextreme etwa mit Kleidungsstücken der „Kornblumen-Edition“, der Lederhose „Ziegenbock“ und rechtsextremen Botschaften auf den Oberteilen eindecken durften, bis die „Heimatmode“ eingemottet wurde.
Da half auch nicht, dass sich Magnet damals mit Andre Taschner, einem früheren Mitarbeiter von Martin Graf und aus der FPÖ ausgeschlossenem Funktionär, einen kundigen Rechtsextremismus-Insider in die Firma holte. Apropos Taschner: Was macht der eigentlich jetzt bei der „Medienlogistik“ und sonst so? Über das Sonstige berichtete der „Standard“ im März 2019, dass Taschner wieder in den freiheitlichen Heimathafen zurückkehren und als Berater für Social Media und „kooptiertes Mitglied“ beim Bundesvorstand des Ringes Freiheitlicher Jugend (RFJ) tätig werden durfte. Ob Taschner da noch Zeit für die „Medienlogistik“ hat? Vielleicht als Türöffner für Magnet zu den Blauen in Oberösterreich?
Es ist bekannt, dass der FPÖ-OÖ-Chef Manfred Haimbuchner mit den Rechtsextremen gar nichts am Hut hat und regelmäßig versichert, dass er aufräumen wird mit den Rechtsextremen in der FPÖ. Und umgekehrt hatte der Koalitionspartner im Land, die ÖVP, auch unzählige Male betont, dass die Blauen im Land anders seien als jene im Bund – zuletzt vor zwei Tagen.
Haimbuchner 2013: „Ich werde aufräumen bei jenen Leuten, die am Rand Probleme machen. Sie sind völlig uninteressant. Sie haben keinen Platz in der FPÖ.“ (kurier.at, 30.3.13)
Haimbuchner 2014: „Als Landesparteiobmann dulde er ein Liebäugeln mit dem rechtsextremen Rand ‚sicherlich nicht‘.“ (salzburg24.at, 17.1.14)
Haimbuchner 2018: „Wir brauchen keine Idioten aus irgendeinem Narrensaum, das haben wir alle miteinander nicht Not.“ (diepresse.com, 30.1.2018)
Da müssten für Stefan Magnet mit seiner Vergangenheit im neonazistischen Bund freier Jugend (BfJ), der zeitweise sehr erfolgreich Funktionen im RFJ kapern konnte, doch eigentlich die Türen zu den Blauen in Oberösterreich und speziell zu Haimbuchner ziemlich fest verschlossen sein, oder? Gut, von der Anklage mit dem sehr massiven Vorwurf der NS-Wiederbetätigung nach § 3a Verbotsgesetz (Wiedererrichtung einer NS-Organisation) wurden Magnet und andere Funktionäre des BfJ freigesprochen, an der neonazistischen Orientierung des BFJ ändert das aber nichts, wie unter anderem auch das Gutachten des Verfassungsjuristen Heinz Mayer belegt.
Magnet und das NIZ
Stefan Magnet war zu dieser Zeit aber nicht nur einer der Führungskader des BfJ, sondern – in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt – der erste Sprecher des „Neues Institut für Zeitgeschehen“ (NIZ) zwischen 2005 und 2008. Zum NIZ schreibt das DÖW:
Das NIZ war innerhalb des rechtsextremen Lagers eine wichtige ideologische Organisation. Seinem Selbstverständnis nach wollte es ein „geistiges Zentrum für alle nationalen und gesamtvölkischen Gruppierungen (…) sein“ und „Impulse zum nationalrevolutionären Verständnis der Völker” (…) geben.
Norbert Burger war zu seinen Lebzeiten fest im NIZ verankert, und auch der Auszug aus dem Vereinsregister, in dem Stefan Magnet als erster Sprecher genannt wird, deutet darauf hin, dass das NIZ – auch Nationales Ideologiezentrum genannt – so etwas wie das Ideologiezentrum des österreichischen Rechtsextremismus und Neonazismus sein wollte. Interessant sind daher auch die weiteren Vorstandsmitglieder des NIZ neben Magnet: Markus Knoll, der die Jugend-Zeitschrift der neonazistisch orientierten Aktionsgemeinschaft für Politik (AfP), das „Jugend Echo“ betreute, war Kassier und Hermann Ussner, der es sogar zu einer Erwähnung im „Spiegel“ gebracht hatte, Schriftführer des NIZ.
Dann gab es noch den 2. Sprecher des NIZ, Johann Eder. Der taucht auch in einem anderen rechtsextremen Verein auf: beim Witikobund, der in den 2000er-Jahren anscheinend eng mit dem BfJ kooperierte. Eder war damals im Vorstand des Witikobundes Kassier-Stellvertreter und Manfred Haimbuchner stellvertretender Vorsitzender. Vorsitzender war damals übrigens ein später wegen illegalen Waffenhandels und versuchter Nötigung zu 18 Monaten (davon fünf unbedingt) verurteilter FPÖ-Gemeinderat aus Linz.
Man ist sich also damals institutionell und politisch schon sehr, sehr nahegekommen, das neonazistische NIZ, der rechtsextreme Witikobund, der BfJ und auch die FPÖ. Und personell? Schätzt Manfred Haimbuchner Stefan Magnet, einen rabiaten Impfgegner, Corona-Schwurbler und Rechtsextremen, den er eigentlich zum rechten Narrensaum zählen müsste? In den „Oberösterreichischen Nachrichten“ (4.9.21) ist dazu folgende Stellungnahme aus Haimbuchners Büro zu lesen:
Die FPÖ habe in den vergangenen Jahren immer wieder mit besagter Agentur zusammengearbeitet, das sei bekannt, so Haimbuchners Büro. Es handle sich um einen „unbescholtenen Bürger und Unternehmer“, es sei rein um die Aufträge und die angebotene Leistung gegangen, nicht um politische Anschauungen.
Zwei Tage zuvor liest sich das im „profil“ anders: „Manfred Haimbuchner, Vize-Landeshauptmann und FPÖ-Chef in Oberösterreich, beteuerte, dass er ‚keine Aufträge an besagte Werbeagentur vergeben‘ habe.“ Fakt ist, dass die „Medienlogistik“ spätestens seit 2012 Leistungen für Einrichtungen erbrachte, die zum Ressort von Haimbuchner in der oberösterreichischen Landesregierung zählen. „Dahamist“ schrieb dazu 2016: „Vier von fünf Videos, die auf der ‚Natur im Land‘-Homepage anzusehen sind, wurden von ‚Medien Logistik‘ produziert. ‚Natur im Land Oberösterreich‘ ist offenbar der OÖ Akademie für Natur und Umwelt beim Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Umwelt und Wasserwirtschaft unterstellt.“
Die Webseite „Natur im Land“ ist „vorübergehend nicht erreichbar“, aber es gurken auch noch andere Videos im Netz herum. Haimbuchner ist nämlich auch für das Familienreferat zuständig, und für dieses hat die „Medienlogistik“ ebenfalls Leistungen erbracht: etwa für das belanglose Video „Gesunde Gemeinde“ oder für das ideologisch aufgeladene Thema zum „Gesunden Kindergarten“.
Fakt ist ebenfalls, dass sich Haimbuchner und Magnet ganz offensichtlich auch schon persönlich sehr nahegekommen sind. „Dahamist“: „In der Zeitschrift ‚Unser Oberösterreich‘ (Ausgabe 1/2016), das vom Land Oberösterreich herausgegeben wird, posiert er gemeinsam mit seiner Familie und Manfred Haimbuchner auf einem Foto, das einen Artikel zum Thema Kindergeld illustriert.“
In der aktuellen Ausgabe der Landespublikation „Unser Oberösterreich“ ist ein Foto von Haimbuchner mit Frau und Kind zu sehen. Das Foto aus dem trauten Heim stammt von der „Medienlogistik“. Dazu sagt das Büro Haimbuchner zu den „Oberösterreichischen Nachrichten“: Es „sei darauf zurückzuführen, dass man ein Archivfoto verwendet habe“. Das Foto stammt wohl aus 2019 und wurde von Haimbuchner auch auf Facebook gepostet. Selbst wenn das Foto von der FPÖ und nicht von Landesgeldern bezahlt wurde, ändert es nichts daran, dass die Türen bei Haimbuchners Magnet bzw. dessen Agentur offenstehen.
Jetzt wüssten auch wir so wie das „profil“ gerne, von welchem Ressort in der Oberösterreichischen Landesregierung welche Summen für welche Leistungen tatsächlich an die „Medienlogistik“ bezahlt wurden? Fakt ist nämlich, dass es hier um Landesgelder geht, die an einen rechtsextremen Hetzer und dessen Firma fließen.
Übrigens: Wir warten noch immer (und vermutlich vergeblich) darauf, dass die „Medienlogistik“ oder „Auf1-TV“ endlich den groß angekündigten Film des Strache-Freundes Gabriel Barylli präsentieren. Barylli hatte 2019 eine Kinodoku über Strache („Ein Jahr mit HC Strache“) angekündigt und anscheinend auch weitgehend fertiggestellt, bis ihn der Auftraggeber, die FPÖ, nach den Ibiza-Enthüllungen stoppen ließ. Barylli gab an, von der FPÖ bezahlt worden zu sein – es soll sich um mehrere Hunderttausend Euro gehandelt haben, so die „Presse“ 2019. Der Film mit dem „liebevollen Ansatz“ (Barylli) liegt laut Barylli in einem Interview mit der „Tiroler Tageszeitung“ vom 23.8.20 „beim Auftraggeber, der Firma Medienlogistik in Linz“.
FPÖ, Medienlogistik, Magnet, Auf1-TV, NIZ, BFJ – ja, genau so haben wir uns die Abgrenzung vom „Narrensaum“ vorgestellt!
Update 7.9.2021: Die Oberösterrischen Nachrichten berichten heute, dass die Aufträge von 2019 und 2020 an Magnets Agentur vom Ressort des FPÖ-Landesrats Wolfgang Klinger gekommen seien. Details dazu will Klinger nicht verraten. Das würde „die Vertraulichkeit von Geschäftsbeziehungen verletzen”. Wolfgang Klinger war 2019 aufgefallen, als er in völkischer Tradition erklärte, „Mischkulturen haben auf der Welt bewiesen, dass sie nicht vorteilhaft sind”.