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Tyr tut’s immer wieder!

In den Schrif­ten der Edda ist Tyr der Gott des Sie­ges und des Kamp­fes, aber auch der Bewah­rer der Rechts­ord­nung. Der Tyr, der sich die­se Woche vor dem Lan­des­ge­richt Kla­gen­furt wie­der ein­mal wegen Wie­der­be­tä­ti­gung ver­ant­wor­ten muss­te, ist so unge­fähr das Gegen­teil davon. Eigent­lich heißt er auch nicht Tyr, aber im Alpen-Donau-Forum von Küs­sel & Co […]

28. Mai 2021
Tyr-Selbstpräsentation auf Facebook
Tyr-Selbstpräsentation auf Facebook

Nach unse­ren Zäh­lun­gen stand Tyr am Mitt­woch die­ser Woche zum drit­ten Mal wegen Wie­der­be­tä­ti­gung vor dem Lan­des­ge­richt (die Vor­stra­fen wegen ande­rer Delik­te nicht ein­ge­rech­net) – eine durch­aus beacht­li­che Lauf­bahn, die nicht erst 2003 begon­nen hat, als er zum ers­ten Mal eine Ver­ur­tei­lung nach dem NS-Ver­bots­ge­setz aus­fass­te. Der „Kurier“, der (20.9.2003) über den Pro­zess berich­te­te, sah den Instal­la­teur in der Hier­ar­chie der Kla­gen­fur­ter-Neo­na­zi-Sze­ne schon damals „weit vor­ne“. Weil ihm nach einem Auto­un­fall der Füh­rer­schein abge­nom­men wor­den war, hat­te er die ermit­teln­den Gen­dar­men (ja, die gab es damals noch!) als „Juden­schwei­ne“ titu­liert und mit „Heil Hit­ler“ gegrüßt. Das mit dem „Heil“ zieht sich durch sei­ne Lauf­bahn und auch die spä­te­ren Ver­ur­tei­lun­gen, obwohl er im Pro­zess noch zu argu­men­tie­ren ver­such­te, dass ihn Hit­lers NS-Regime nie inter­es­siert habe.

Weil Tyr schon mit 23 ein alter Bekann­ter bei der Exe­ku­ti­ve war, hät­te er eigent­lich wis­sen müs­sen, wie die auf sei­ne Nazi-Sprü­che regie­ren wür­de: Haus­durch­su­chung! Da fin­det man bei Nazis übli­cher­wei­se immer etwas, das die Bilanz vor Gericht noch etwas auf­fet­tet. Und da der Tyr eini­ge Kame­ra­den um sich geschart hat­te, muss­te er sich nicht allei­ne vor Gericht wegen diver­ser Nazi-Fun­de ver­ant­wor­ten, son­dern zusam­men mit „Ernes­tus 1488“. Der Nick­na­me mit den 14 Words und der 88 war für den Jün­ge­ren natür­lich Pro­gramm. Der Schü­ler kas­sier­te acht Mona­te bedingt, unser Instal­la­teur Tyr 15, davon drei unbedingt.

Die Vor­stra­fen und das feh­len­de Geständ­nis [waren] der Grund, um gegen ihn ‚eine Schock­stra­fe, wenn auch mit drei Mona­ten nicht zu lan­ge‘ zu ver­hän­gen“, berich­te­te damals die APA (18.9.2003). Von wegen Schock­stra­fe: Für einen wie den unger­ma­ni­schen Tyr gilt die als Aus­zeich­nung, qua­si Orden! Der Chef­inspek­tor von der Staats­po­li­zei (die gab’s 2003 nur mehr im media­len Gebrauch) sprach davon, dass bereits ein neu­es Ver­fah­ren gegen den Instal­la­teur anhän­gig sei, aber wir ver­zeich­nen die nächs­te Ver­ur­tei­lung erst für 2012. Da war Tyr schon 32 Jah­re alt und sei­ne Regis­trie­rung im Neo­na­zi-Forum „Alpen-Donau-Info“ drei Jah­re jung.

Tyr stellt sich im Alpen-Donau-Info-Forum vor: "bin überzeugter Nationalsozialist"
Tyr stellt sich im Alpen-Donau-Info-Forum vor: „bin über­zeug­ter Nationalsozialist”

2009 hat­te er sich dort als „über­zeug­ter Natio­nal­so­zia­list“ vor­ge­stellt und zackig mit „Heil Hit­ler“ sein Pos­ting been­det. Die­se durch­aus wacke­re Selbst­prä­sen­ta­ti­on stand nicht bloß in einem sanf­ten Wider­spruch zu sei­ner Ver­tei­di­gungs­li­nie aus 2003, mit dem Natio­nal­so­zia­lis­mus nichts zu schaf­fen zu haben, son­dern auch in einem ziem­lich deut­li­chen zum Ver­bots­ge­setz. Was braucht es da noch? Rich­tig, sicher­heits­hal­ber Haus­durch­su­chung! „Bei einer Haus­durch­su­chung beim Ange­klag­ten sei­en NS-Devo­tio­na­li­en, SS-Fah­nen und ver­schie­de­ne ein­schlä­gi­ge Abzei­chen gefun­den wor­den“, ver­mel­de­te die APA am 23.Mai 2012.

Tyr: "Deutsch – Stolz – Treue"
Tyr: „Deutsch – Stolz – Treue”

Wir hät­ten da auch aus­hel­fen kön­nen, denn der Kärnt­ner Tyr war auch auf Face­book kei­nes­wegs zurück­hal­tend mit sei­nen Treue­bekun­dun­gen für den Natio­nal­so­zia­lis­mus: „Deutsch – Stolz – Treue“ auf dem schwar­zen T‑Shirt. Gut, das könn­te auch ein Bur­schen­schaf­ter-Spruch sein! Die Zei­le mit „Ave et Vic­to­ria“ mach­te dann klar, dass sich Tyr damit auf die Neo­na­zi-Band „D.S.T“ bezie­hen wollte.

Die Ver­tei­di­gungs­li­nie 2012 war nicht unbe­dingt raf­fi­nier­ter als die von 2003. Er habe sich nur des­halb als Natio­nal­so­zia­list im Nazi-Forum aus­ge­ge­ben, um dort „ernst­ge­nom­men“ zu wer­den, erklär­te er laut APA. Wow! Also uns hat die­se Raf­fi­nes­se total beein­druckt, die Geschwo­re­nen aller­dings nicht, denn unser Kärnt­ner Sie­ges­gott ging dies­mal mit 15 Mona­ten unbe­dingt unter.

Tyr-Selbstpräsentation auf Facebook
Tyr-Selbst­prä­sen­ta­ti­on auf Facebook

Irgend­wie haben wir den schwer gezeich­ne­ten Sie­ges­gott zwi­schen­zeit­lich fast aus den Augen ver­lo­ren, obwohl er sich immer wie­der mal bemerk­bar zu machen ver­such­te. Als wir dann im März von einer Kärnt­ne­rin erfuh­ren, die ihrem Lebens­ge­fähr­ten eine Tor­te mit Haken­kreuz, SS-Runen und Schwar­zer Son­ne geba­cken hat­te, hat­ten wir einen lei­sen Ver­dacht, der sich aber erst die­se Woche erhär­te­te, als wir davon lasen, „dass er am Tele­fon mit ‚Sieg Heil’ grüß­te, Runen und Reichs­flag­gen hor­te­te“ (Krone.at, 27,5.21) und schon zwei­mal, zuletzt 2012, wegen Wie­der­be­tä­ti­gung ver­ur­teilt wor­den sei.

Das konn­te eigent­lich nur unser Kärnt­ner Tyr sein! Dar­auf wies auch die Staats­an­wäl­tin hin: „Er hat sofort nach der letz­ten Ver­ur­tei­lung 2012 wie­der jah­re­lang wei­ter­ge­macht.“ (krone.at) Tyr war teil­wei­se gestän­dig, was ihm aber nicht wirk­lich half: Schul­dig, befan­den die Geschwo­re­nen und drei Jah­re Haft, aller­dings noch nicht rechts­kräf­tig, ver­häng­te das Gericht.

Es steht zu befürch­ten, dass sich der Kärnt­ner Tyr nicht zum letz­ten Mal bei Gericht ein­fin­den wird.

➡️ Kla­gen­furt: „Tyr“ aus dem Alpen-Donau-Forum