Edtih Brötzner, Inhaberin einer Linzer Werbeagentur, sprang bereits Anfang Mai 2020 auf den Protestzug gegen die Corona-Maßnahmen auf – nachvollziehbar aus ihrer Sicht als Unternehmerin, die Angst um ihre Existenz hatte, aber bereits zu Beginn mit dem bemerkenswerten Statement, die Pandemie habe nie stattgefunden. Brötzner rief für den 15. Mai zu einer Demonstration auf, um „STOP zu sagen“, denn, so Brötzner, „Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf!“ Seither organisiert sie regelmäßig Anti-Corona-Demos und steckt auch hinter der durchs Land ziehenden und gegen die „Hygienediktatur“ auftretenden Truppe der „Corona-Zombies“. Die posierte im Jänner lustig grüßend vor dem Hitler-Geburtshaus in Braunau, was eine Menge Proteste und – schnell eingestellte – Ermittlungen wegen des Verdachts auf Wiederbetätigung nach sich zog.
Braunau: Gespenstische Szene vor dem Geburtshaus Adolf Hitlers, wo AktivistInnen gegen die #corona-Maßnahmen beim dort aufgestellten Gedenkstein in offensichtlich belustigender Manier posieren (via @HasnainKazim)#Rechtsextremismus #Covidioten #Coronaleugner #Antisemitismus pic.twitter.com/bfFZqpmAkb
— Antisemitismus-Meldestelle der IKG (@AMeldestelle) January 3, 2021
Skurril wirkt der Distanzierungsversuch von Brötzner: „Wir distanzieren uns ganz klar von jeglichen rechten Bewegungen und halten ausdrücklich fest, dass wir keine Nazis oder Neonazis sind! (…) Aktuell geht leider ein Bild von uns durch alle Medien, auf dem wir uns rund um den Mahnstein platziert haben (leider vor dem Hitlerhaus).“ Das doppelte „leider“ vermag auch nicht zu relativieren, dass sich die Gruppe neben einem Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus, das nun nicht „leider“, sondern ganz bewusst vor Hitlers Geburtshaus steht, winkend für ein Foto posiert, das Brötzner auch noch selbst auf Facebook in Umlauf geschickt hat. Dass dann auf der Website für eine „Richtigstellung“ ausgerechnet auf den rechtsextremen „Wochenblick“ verlinkt wird und Brötzner wenige Wochen später an der Seite von Herbert Kickl in einer Pressekonferenz der FPÖ auftauchte, vermag das Bild einer Bewegung zu komplettieren, die weder Bewusstsein und Sensibilität für historisches Geschehen an den Tag legt, noch eine Abgrenzung vom rechtsextremen Rand zustande bringt – oder dies auch gar nicht will.
Was Brötzner jedoch schon zustande bringt, das ist, auf mehrere Arten Geld zu sammeln: Sie tut das unter dem Label „#Österreichistfrei“, über das sie Spenden lukriert und auch einen Shop betreibt. Gespendet werden soll für vieles, auch für die Aktivist*innen selbst, denn, so Brötzner auf ihrer Website: „Recherche und aufklärende Projekte erfordern enorm viel Zeit und unbezahlbaren Einsatz. Nur von Luft und Liebe können wir auch nicht leben.“ Wer „wir“ außer Brötzner selbst ist, wird ebenso wenig transparent gemacht wie die Summen, die eingenommen werden und wie viel davon diese „wir“ für sich selbst in Anspruch nehmen.
Brötzners Shop bietet Bekleidung für Erwachsene und Kinder und auch Schirme und Stoffbeutel – alles zu Preisen, die gleich ein Mehrfaches über den handelsüblichen Angeboten liegen. Die Gewinnspanne trägt also einiges dazu bei, um Bares zu „Luft und Liebe“ hinzuzufügen.
Vor einigen Tagen hat Brötzner mit ihrem „Coronaaufklärung-TV“ einen weiteren Desinformationskanal den unzähligen, die bereits im Internet herumschwurbeln, hinzugefügt. Dort vertickert sie über einen zweiten Shop Flyer und Aufkleber. Auch die über PayPal eingenommenen Spenden scheinen direkt in Brötzners Firma zu gehen – die Mailadresse der Kontoinhaberin hat jedenfalls nichts mehr mit #Österreichistfrei, dafür aber viel mit Brötzners Marketing-Firma zu tun.
Unter dem Strich bleibt: Wenn Geld (auch) für den eigenen Lebensunterhalt gesammelt wird, dann ist das per se noch nicht verwerflich – zumindest dann, wenn das transparent ausgewiesen wird. Und das ist bei all den Spendensammler*innen im Corona-Protestbusiness, die wir uns angesehen haben, nicht der Fall.
➡️ Das Corona-Protestbusiness (Teil 1): Der Friede und das Busgewerbe
➡️ Das Corona-Protestbusiness (Teil 2): Goldgräberstimmung in der Szene – Vereine, Anwälte und Ärzte
➡️ Das Corona-Protestbusiness (Teil 3): Der Einzelkämpfer von QAnon Austria