Der Reihe nach: Über Ereignisse bei der pennalen Burschenschaft Franko-Cherusker und solche bei der akademischen Burschenschaft Bruna Sudetia berichten wir schon seit Jahren. Natürlich auch über die Ermittlungen gegen die Bruna Sudetia wegen eines Liederbuchs mit deutlich antisemitischen und braunen Texten. Der „Falter“ benannte Herwig Götschober damals als langjährigen Vorsitzenden der Brunen. Im November 2018 lehnte das Oberlandesgericht Wien völlig überraschend den von der Staatsanwaltschaft Wien nominierten (und vom Landesgericht Wien bestätigten) Gutachter ab – wir berichteten auch darüber.
Als im Dezember 2019 dann der „Historikerbericht“ der FPÖ vorgestellt und darin von Christian Hafenecker, dem damaligen FPÖ-Generalsekretär, 33 „Einzelfälle“ aufgelistet wurden, ging’s auch um die Bruna Sudetia bzw. einen Bericht des „Kurier“ vom 29.12.2017, in dem Herwig Götschober als deutschnationaler Burschenschafter mit rechtsextremen Kontakten charakterisiert wurde. Kein Wort über Antisemitismus im Bericht.
Wir charakterisierten Hafeneckers Weißwaschung so:
Nicht mehr überraschend ist daher die pauschale Reinwaschung der Burschenschaft „Bruna Sudetia“, der Norbert Hofers Mitarbeiter Herwig Götschober als Vorsitzender angehört: Die Wiener akademische Burschenschaft Bruna Sudetia teilt keine antisemitischen Ansichten und lehnt jeden Antisemitismus und Rassismus zutiefst ab.“ (S. 493). Das tut Hafenecker, obwohl im von ihm genannten „Einzelfall“ bzw. Vorwurf, der aus dem Kurier vom 29.12.17 stammt, in keiner Zeile eine Charakteristik der „Bruna Sudetia“ und daher auch nichts von Antisemitismus zu lesen ist.
Im Jänner 2020 erfolgte dann die Einstellung des Verfahrens gegen Herwig Götschober, gegen den wegen des Verdachts der Verhetzung (§ 283 Abs.1 StGB) sowie des § 3g Verbotsgesetz ermittelt worden war. In der Begründung der STA Wien hieß es dazu:
Die Einstellungen betreffen den Verdacht, unter Verwendung von in den Räumlichkeiten der Burschenschaft vorhandenen Büchern und anderen Schriftwerken antisemitische, rassistische und den Nationalismus (sic!) propagierende oder verharmlosende Inhalte gesungen bzw. skandiert und solcherart die Tatbestände der Verhetzung nach § 283 Abs. 1 StGB sowie des § 3g VerbotsG verwirklicht zu haben.
Dass Herwig Götschober die Texte aus dem Liederbuch gesungen oder skandiert habe, haben wir in unseren Berichten ebenso wenig behauptet wie einen Verdacht gegen ihn als Person wegen Wiederbetätigung oder Verhetzung. Wir sind aber auch nicht der Meinung des mittlerweile neuen Generalsekretärs der FPÖ, Michael Schnedlitz, dass „an den Vorwürfen nichts, aber auch gar nichts dran war” (APA, 3.2.20, zit. nach derstandard.at).
Die Vorwürfe im „Falter“ bezogen sich auf ein antisemitisches und mit NS-freundlichen Texten gespicktes Liederbuch, von dem Götschober damals behauptete, es nicht zu kennen. Auch der Einstellungsbescheid der STA Wien erwähnt nirgendwo, dass die in den Räumlichkeiten der Burschenschaft gefundenen Bücher und Schriftwerke frei von Antisemitismus, Rassismus und „Nationalismus“ (gemeint ist vermutlich Nationalsozialismus) seien. Die StA-Wien konnte allerdings keine Belege dafür finden, dass Götschober diese Texte gesungen, skandiert oder sonst wie propagiert habe – darum erfolgte der Freispruch.
Im Februar 2020 haben wir berichtet, dass das Verfahren gegen Götschober eingestellt worden ist und haben dabei zu einem ausführlicheren Bericht auf derstandard.at verlinkt. Haben wir jemals behauptet, dass Götschober die Texte gesungen, skandiert oder propagiert habe? Nein! Haben wir jemals behauptet, dass gegen Götschober ein konkreter Verdacht der Wiederbetätigung oder der Verhetzung besteht? Nein!
Trotzdem verlangte Herwig Götschober im März 2020 über seinen Anwalt eine umfangreiche „Nachträgliche Mitteilung“ nach dem Mediengesetz, die unserer Ansicht nach weit über das hinausginge, was wir veröffentlicht haben. Als wir diese nachträgliche Mitteilung mit dem Hinweis, dass wir über die Einstellung des Verfahrens bereits berichtet haben, ablehnten, klagte Götschober vor dem Landesgericht Wien – und unterlag.
Obwohl wir – coronabedingt – die Frist zur Gegenäußerung nicht einhalten konnten, wies das Landesgericht Wien die Klage von Götschober ab, verfügte die Einstellung des Verfahrens und trug Götschober die Übernahme der Kosten auf. Gegen diese Entscheidung des LG Wien legte Götschober jetzt Beschwerde ein. Wir werden weiter berichten.