Brauner Dreck im Shop
Im Museumsshop finden sich mitunter eindeutig rechtsextreme Publikationen, die man sonst im freien Handel kaum wo antreffen wird. So etwa ein Buch von Ingomar Pust mit dem Titel „Österreich im Feuer. Tragödien der Tapferkeit 1939–1945“.
Neu erschienen ist dieses Machwerk 2013 im rechtsextremen Ares-Verlag, vertrieben wird es mitunter auch von Kubitscheks Antaios-Verlag. Der Ares-Verlag gibt zudem die rechtsextreme Zeitschrift „Neue Ordnung“ heraus. All das ist nicht unbekannt und wurde vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) bereits erörtert.
Erstverlegt wurde das Buch 1988 im neonazistischen Druffel-Verlag, der 1952 von Helmut Sündermann gegründet wurde. Sündermann war bis 1945 stellvertretender Reichspressechef der NSDAP und bewegte sich im Umfeld von Hitler, danach avancierte er zu einer Schlüsselfigur im rechtsextremen Milieu der Nachkriegs-BRD; seine Schriften sind (vor und nach 1945) von einem aggressiven Antisemitismus und der unverhohlenen Anhängerschaft zum NS geprägt, zudem einer frühen Leugnung des Holocaust; in seinem Druffel-Verlag veröffentlichte er „eigene Werke und andere nationalsozialistische Erinnerungs‑, Rechtfertigungs- und Propagandaschriften“ (Botsch 2009, 813).
Diese Kategorisierung trifft auch auf das Buch von Pust zu, bei dem es sich um ein einziges Loblied auf die NS-Wehrmacht handelt. Im Vorwort heißt es: „Die Wehrmacht hat ehrenvoll gekämpft, sie hat Wunder an Tapferkeit und übermenschlichen Leistungen vollbracht.“ (1988, S. 10) Dementgegen werde heute eher „die Verweigerung, die Feigheit und die Fahnenflucht“ (ebd.) gerühmt, ärgert sich der Autor. Die Wehrmacht sei „eine klassische Verkörperung soldatischer Tugenden“ (ebd., S. 11) gewesen, heißt es weiter. Zudem sei die Wehrmacht „in ihrem Verhalten äußerst korrekt“ (ebd., S. 294) gewesen; Plünderungen und Vergewaltigungen habe es nicht gegeben, im Gegensatz zu den gegnerischen Armeen. Zum Schluss trumpft der Nazi-Autor noch mit allgemeinem Geschichtsrevisionismus auf: „Einzigartig ist die Wirkung der Umerziehung, die der Nachkriegsgeneration ein total falsches Geschichtsbild einimpft, das die Wahrheit konsequent verschweigt. Zum falschen Geschichtsbild gehört die Ächtung des Soldatentums der Kriegsgeneration.“ (ebd., S. 295) Dieses Buch wird im Jahr 2019 von einem staatlichen Museum vertrieben, und es ist keineswegs die einzige Publikation des Ares-Verlags, die der HGM-Shop anbietet!
Außerdem findet sich im HGM-Shop ein skandalöses Buch über den 1947 als Kriegsverbrecher hingerichteten Wehrmachtsgeneral Alexander Löhr.
Erschienen ist dieses Werk von Erwin Pitsch im Österreichischen Milizverlag. Auf der Verlagswebseite heißt es dazu:
„Das Bild dieses Mannes ist in jüngerer Zeit durch gehässige Verleumdungen verzerrt worden, wozu das einleitende Kapitel „Vom Gedenken zur Verdammung“ eine ernüchternde Chronik bietet: Die Urteile über ihn stammen durchwegs aus unberufenem Mund und sind zumeist ohne recherchierte Grundlage.“
Löhr ließ 1941 Belgrad bombardieren und zwar nach einem Plan, der ganz bewusst hohe Opferzahlen unter der Zivilbevölkerung in Kauf nahm: 17.000 Menschen mussten dafür ihr Leben lassen! „Ein klassischeres Kriegsverbrechen gibt es nicht“, so der Wiener Historiker Walter Manoschek.
In die Verantwortung Löhrs fielen die Ermordungen von PartisanInnen sowie als Kommandant der berüchtigten Heeresgruppe E (der auch Kurt Waldheim unterstand) die Deportationen von mehr als 48.000 griechischen Jüdinnen und Juden in die Vernichtungslager der Nazis. Harald Walser, bis 2017 vergangenheitspolitischer Sprecher der Grünen und maßgeblich verantwortlich dafür war, dass Löhrs Ehrungen durch das Bundesheer beendet wurden, hat dem Kriegsverbrecher Löhr hier ein kurzes Kapitel gewidmet. Im Shop des HGM bzw. in den Büchern des Österreichischen Milizverlags wird – davon unbeirrt – eine rechtsextreme, revisionistische Geschichte über den NS-Verbrecher Löhr erzählt und verkauft.
Zudem bietet der Shop massenhaft Hefte des Militaria-Magazins Osprey und andere üppige Bildbände zu Waffen, Abzeichen und Panzern, sowie glorifizierende Biografien von „großen“ Feldherren zum Kauf an. Technische Detailverliebtheit und Glorie stehen allemal über historischer Aufklärung und der kritischen Vermittlung einer von Autorität, Krieg und Massenmord geprägten Österreichischen Militärgeschichte.
Dies lässt sich auch an einem anderen Produkt aufzeigen: Abgesehen von Büchern und Magazinen verkauft der Shop Kinderspielzeug. So etwa Modell-Panzer von der polnischen Firma „Cobi”, wobei ein außerordentlich großer Teil dieses Sortiments aus Modellen von Wehrmachtpanzern besteht. Darunter findet sich unter anderem der „Jagdpanzer 38 Hetzer“, der auch in einem HGM-Videoclip vorgestellt wird (siehe Teil 4).
Es wäre bereits in Frage zu stellen, warum eine staatliche Einrichtung überhaupt Kriegsgerät als Kinderspielzeug vertreibt; schließlich handelt es sich dabei jedenfalls um eine problematische Glorifizierung von Krieg. Aber die Tatsache, dass das HGM etliche Nazi-Panzer an Kinder verkauft, ist schlicht skandalös.
Auf ihrer Website bewirbt die Firma „Cobi“ übrigens ein neues „Militär Spiel“: Die Simulation des Panzerkrieges im Zweiten Weltkrieg, wobei ein Team die faschistischen Achsen-Mächte spielt und ein anderes die Alliierten. In der Werbung heißt es etwa: „Finde selbst heraus, welche Seite sich als stärker herausstellen wird!“ (Im Original auf der Website: „See for yourself which side will turn out to be stronger!“). Selbstverständlich braucht es für das Spiel jene „Cobi“-Modellpanzer. Wer seine Kinder also die Nazis spielen lassen möchte, fände im HGM-Shop eine große Auswahl.
Literatur und Quellen
Botsch, Gideon (2009): Sündermann, Helmut. Eintrag in Benz et al. (Hg): Handbuch des Antisemitismus. Bd. 2: Personen. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart. Berlin: De Gruyter, S. 812–813.
Pust, Ingomar (1988): Österreich im Feuer. Tragödien der Tapferkeit. Leoni am Starnberger See: Druffel-Verlag.
zu Teil 1: Das HGM als identitäre Projektionsfläche
zu Teil 2: Der zeitgeschichtliche Saal als Steilvorlage für rechtsextreme Umdeutungen der Geschichte
zu Teil 4: Eine Panzerschau mit NS-Reliquien
zu Teil 5: Der Minister lässt die Vorwürfe prüfen