Rechtsextremes im letzten großen Staatsmuseum. Teil 3: Rechtsextreme Literatur und Wehrmachtspanzer im Museumsshop

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In Teil 1 und 2 haben wir uns mit der äußerst frag­wür­di­gen inhalt­li­chen und muse­ums­di­dak­ti­schen Aus­rich­tung des Hee­res­ge­schicht­li­chen Muse­ums (HGM) beschäf­tigt und war­um das Muse­ums­kon­zept als Pro­jek­ti­ons­fo­lie für Rechts­extre­me dient. In Teil 3 sehen wir uns den Muse­ums­shop des HGM genau­er an. Gefun­den haben wir dort rechts­extre­me bis revi­sio­nis­ti­sche Lite­ra­tur und Model­le von Wehr­machts­pan­zern, die als Kin­der­spiel­zeug zum Kauf ange­bo­ten wer­den. Und das in einem Muse­um, das direkt einem Minis­te­ri­um, jenem für Lan­des­ver­tei­di­gung, unter­stellt ist.

Brau­ner Dreck im Shop 

Im Muse­ums­shop fin­den sich mit­un­ter ein­deu­tig rechts­extre­me Publi­ka­tio­nen, die man sonst im frei­en Han­del kaum wo antref­fen wird. So etwa ein Buch von Ingo­mar Pust mit dem Titel „Öster­reich im Feu­er. Tra­gö­di­en der Tap­fer­keit 1939–1945“.

Neu erschie­nen ist die­ses Mach­werk 2013 im rechts­extre­men Ares-Ver­lag, ver­trie­ben wird es mit­un­ter auch von Kubit­scheks Antai­os-Ver­lag. Der Ares-Ver­lag gibt zudem die rechts­extre­me Zeit­schrift „Neue Ord­nung“ her­aus. All das ist nicht unbe­kannt und wur­de vom Doku­men­ta­ti­ons­ar­chiv des öster­rei­chi­schen Wider­stan­des (DÖW) bereits erörtert.

Erst­ver­legt wur­de das Buch 1988 im neo­na­zis­ti­schen Druf­fel-Ver­lag, der 1952 von Hel­mut Sün­der­mann gegrün­det wur­de. Sün­der­mann war bis 1945 stell­ver­tre­ten­der Reichs­pres­se­chef der NSDAP und beweg­te sich im Umfeld von Hit­ler, danach avan­cier­te er zu einer Schlüs­sel­fi­gur im rechts­extre­men Milieu der Nach­kriegs-BRD; sei­ne Schrif­ten sind (vor und nach 1945) von einem aggres­si­ven Anti­se­mi­tis­mus und der unver­hoh­le­nen Anhän­ger­schaft zum NS geprägt, zudem einer frü­hen Leug­nung des Holo­caust; in sei­nem Druf­fel-Ver­lag ver­öf­fent­lich­te er „eige­ne Wer­ke und ande­re natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Erinnerungs‑, Recht­fer­ti­gungs- und Pro­pa­gan­da­schrif­ten“ (Botsch 2009, 813).

Die­se Kate­go­ri­sie­rung trifft auch auf das Buch von Pust zu, bei dem es sich um ein ein­zi­ges Lob­lied auf die NS-Wehr­macht han­delt. Im Vor­wort heißt es: „Die Wehr­macht hat ehren­voll gekämpft, sie hat Wun­der an Tap­fer­keit und über­mensch­li­chen Leis­tun­gen voll­bracht.“ (1988, S. 10) Dem­entge­gen wer­de heu­te eher „die Ver­wei­ge­rung, die Feig­heit und die Fah­nen­flucht“ (ebd.) gerühmt, ärgert sich der Autor. Die Wehr­macht sei „eine klas­si­sche Ver­kör­pe­rung sol­da­ti­scher Tugen­den“ (ebd., S. 11) gewe­sen, heißt es wei­ter. Zudem sei die Wehr­macht „in ihrem Ver­hal­ten äußerst kor­rekt“ (ebd., S. 294) gewe­sen; Plün­de­run­gen und Ver­ge­wal­ti­gun­gen habe es nicht gege­ben, im Gegen­satz zu den geg­ne­ri­schen Armeen. Zum Schluss trumpft der Nazi-Autor noch mit all­ge­mei­nem Geschichts­re­vi­sio­nis­mus auf: „Ein­zig­ar­tig ist die Wir­kung der Umer­zie­hung, die der Nach­kriegs­ge­nera­ti­on ein total fal­sches Geschichts­bild ein­impft, das die Wahr­heit kon­se­quent ver­schweigt. Zum fal­schen Geschichts­bild gehört die Äch­tung des Sol­da­ten­tums der Kriegs­ge­nera­ti­on.“ (ebd., S. 295) Die­ses Buch wird im Jahr 2019 von einem staat­li­chen Muse­um ver­trie­ben, und es ist kei­nes­wegs die ein­zi­ge Publi­ka­ti­on des Ares-Ver­lags, die der HGM-Shop anbietet!

Außer­dem fin­det sich im HGM-Shop ein skan­da­lö­ses Buch über den 1947 als Kriegs­ver­bre­cher hin­ge­rich­te­ten Wehr­machts­ge­ne­ral Alex­an­der Löhr.

Erschie­nen ist die­ses Werk von Erwin Pitsch im Öster­rei­chi­schen Miliz­ver­lag. Auf der Ver­lags­web­sei­te heißt es dazu:

Das Bild die­ses Man­nes ist in jün­ge­rer Zeit durch gehäs­si­ge Ver­leum­dun­gen ver­zerrt wor­den, wozu das ein­lei­ten­de Kapi­tel „Vom Geden­ken zur Ver­dam­mung“ eine ernüch­tern­de Chro­nik bie­tet: Die Urtei­le über ihn stam­men durch­wegs aus unbe­ru­fe­nem Mund und sind zumeist ohne recher­chier­te Grundlage.“

Löhr ließ 1941 Bel­grad bom­bar­die­ren und zwar nach einem Plan, der ganz bewusst hohe Opfer­zah­len unter der Zivil­be­völ­ke­rung in Kauf nahm: 17.000 Men­schen muss­ten dafür ihr Leben las­sen! „Ein klas­si­sche­res Kriegs­ver­bre­chen gibt es nicht“, so der Wie­ner His­to­ri­ker Wal­ter Manoschek.

In die Ver­ant­wor­tung Löhrs fie­len die Ermor­dun­gen von Par­ti­sa­nIn­nen sowie als Kom­man­dant der berüch­tig­ten Hee­res­grup­pe E (der auch Kurt Wald­heim unter­stand) die Depor­ta­tio­nen von mehr als 48.000 grie­chi­schen Jüdin­nen und Juden in die Ver­nich­tungs­la­ger der Nazis. Harald Wal­ser, bis 2017 ver­gan­gen­heits­po­li­ti­scher Spre­cher der Grü­nen und maß­geb­lich ver­ant­wort­lich dafür war, dass Löhrs Ehrun­gen durch das Bun­des­heer been­det wur­den, hat dem Kriegs­ver­bre­cher Löhr hier ein kur­zes Kapi­tel gewid­met. Im Shop des HGM bzw. in den Büchern des Öster­rei­chi­schen Miliz­ver­lags wird – davon unbe­irrt – eine rechts­extre­me, revi­sio­nis­ti­sche Geschich­te über den NS-Ver­bre­cher Löhr erzählt und verkauft.

Zudem bie­tet der Shop mas­sen­haft Hef­te des Mili­ta­ria-Maga­zins Osprey und ande­re üppi­ge Bild­bän­de zu Waf­fen, Abzei­chen und Pan­zern, sowie glo­ri­fi­zie­ren­de Bio­gra­fien von „gro­ßen“ Feld­her­ren zum Kauf an. Tech­ni­sche Detail­ver­liebt­heit und Glo­rie ste­hen alle­mal über his­to­ri­scher Auf­klä­rung und der kri­ti­schen Ver­mitt­lung einer von Auto­ri­tät, Krieg und Mas­sen­mord gepräg­ten Öster­rei­chi­schen Militärgeschichte.

Dies lässt sich auch an einem ande­ren Pro­dukt auf­zei­gen: Abge­se­hen von Büchern und Maga­zi­nen ver­kauft der Shop Kin­der­spiel­zeug. So etwa Modell-Pan­zer von der pol­ni­schen Fir­ma „Cobi”, wobei ein außer­or­dent­lich gro­ßer Teil die­ses Sor­ti­ments aus Model­len von Wehr­macht­pan­zern besteht. Dar­un­ter fin­det sich unter ande­rem der „Jagd­pan­zer 38 Het­zer“, der auch in einem HGM-Video­clip vor­ge­stellt wird (sie­he Teil 4).

Es wäre bereits in Fra­ge zu stel­len, war­um eine staat­li­che Ein­rich­tung über­haupt Kriegs­ge­rät als Kin­der­spiel­zeug ver­treibt; schließ­lich han­delt es sich dabei jeden­falls um eine pro­ble­ma­ti­sche Glo­ri­fi­zie­rung von Krieg. Aber die Tat­sa­che, dass das HGM etli­che Nazi-Pan­zer an Kin­der ver­kauft, ist schlicht skandalös.

Auf ihrer Web­site bewirbt die Fir­ma „Cobi“ übri­gens ein neu­es „Mili­tär Spiel“: Die Simu­la­ti­on des Pan­zer­krie­ges im Zwei­ten Welt­krieg, wobei ein Team die faschis­ti­schen Ach­sen-Mäch­te spielt und ein ande­res die Alli­ier­ten. In der Wer­bung heißt es etwa: „Fin­de selbst her­aus, wel­che Sei­te sich als stär­ker her­aus­stel­len wird!“ (Im Ori­gi­nal auf der Web­site: „See for yours­elf which side will turn out to be stron­ger!“). Selbst­ver­ständ­lich braucht es für das Spiel jene „Cobi“-Modellpanzer. Wer sei­ne Kin­der also die Nazis spie­len las­sen möch­te, fän­de im HGM-Shop eine gro­ße Auswahl.

Lite­ra­tur und Quellen

Botsch, Gideon (2009): Sün­der­mann, Hel­mut. Ein­trag in Benz et al. (Hg): Hand­buch des Anti­se­mi­tis­mus. Bd. 2: Per­so­nen. Juden­feind­schaft in Geschich­te und Gegen­wart. Ber­lin: De Gruy­ter, S. 812–813.
Pust, Ingo­mar (1988): Öster­reich im Feu­er. Tra­gö­di­en der Tap­fer­keit. Leo­ni am Starn­ber­ger See: Druffel-Verlag.

zu Teil 1: Das HGM als iden­ti­tä­re Projektionsfläche
zu Teil 2: Der zeit­ge­schicht­li­che Saal als Steil­vor­la­ge für rechts­extre­me Umdeu­tun­gen der Geschichte
zu Teil 4: Eine Pan­zer­schau mit NS-Reliquien
zu Teil 5: Der Minis­ter lässt die Vor­wür­fe prüfen