Wochenschau KW 39

Der beste Satz aus den Wieder­betä­ti­gung­sprozessen der ver­gan­genen Woche stammt von einem Steir­er: „I streit’s net oh, i geb aba a nix zua.“ Viel abstre­it­en kon­nte der Mann auch nicht, nach­dem einige mit­bekom­men hat­ten, als er mit seinem Smart­phone in der Straßen­bahn eine Hitlerrede abspielte. Wir ler­nen auch: Der Youtube-„Star“ Mar­co Wag­n­er hat nichts mit Naz­izeugs am Hut, auch wenn er Nazi­parolen grölte, und ein Hit­ler­gruß kann ganz falsch aufge­fasst wer­den – jeden­falls beim Erdäpfelfest in Stockerau.
Das rechte Wort der Woche lieferte dies­mal Her­bert Kickl – es geht ums E‑Mail seines Press­esprech­ers, von dem Kickl nichts gewusst haben will.

Wien: ein Jahr bed­ingt und verpflich­t­ende Stun­den im DÖW

Der 21-Jährige war vor Gericht geständig, was seinen Hang zum Nation­al­sozial­is­mus bet­rifft, was sich angesichts der Lat­te an Delik­ten, für die er angeklagt wurde, mildernd auf das Urteil – ein Jahr bed­ingt (nicht recht­skräftig) – aus­gewirkt hatte.

Nach­dem der Mann im Juni 2017 in alko­holisiertem Zus­tand von seinem Balkon mit ein­er Schreckschusspis­tole geballert hat­te, fand die her­beigerufene Polizei aller­lei ein­schlägiges Mate­r­i­al in sein­er Woh­nung, wie die APA berichtet: „Reich­skriegs­flaggen und Nazi-Plakate ‚zierten’ u.a. die Wände, eine Hak­enkreuzflagge fand als Tis­chtuch auf dem Balkon Ver­wen­dung und eine Hitler-Büste ver­voll­ständigte die Samm­lung des 21-Jähri­gen, der derzeit als Miliz­sol­dat beim Bun­desheer Dienst ver­richtet und Beruf­s­sol­dat wer­den möchte.“

Ermit­tlun­gen gegen den Mann bracht­en auch eine Rei­he von Face­book-Post­ings zum Vorschein, darunter ein Foto von sich selb­st mit Hit­ler­gruß. Er habe, so seine Vertei­di­gung, im Geschicht­sun­ter­richt nichts über den Nation­al­sozial­is­mus gel­ernt, sei von Mil­itär und Ord­nung fasziniert gewe­sen, sei inzwis­chen aber geläutert. Seine Wis­senslück­en muss der Mann nun in verpflich­t­en­den Stun­den im DÖW schließen. Hof­fen wir, dass es hil­ft. Seinen Wun­sch, Beruf­s­sol­dat zu wer­den, muss der Miliz­sol­dat allerd­ings den­noch begraben, sollte das Urteil recht­skräftig wer­den. Denn diese Kar­riere sei nach ein­er Verurteilung wegen Wieder­betä­ti­gung nicht möglich, meldete der Press­esprech­er des Vertei­di­gungsmin­is­teri­ums. (Wiener Zeitung, 25.9.18, S. 15)

Graz: Hitlerrede in der Straßenbahn

Eine nicht alltägliche Art, sein­er Gesin­nung Aus­druck zu ver­lei­hen, wählte ein Graz­er, der am 25. Sep­tem­ber vor Gericht stand: „Er stieg im Feb­ru­ar in die Straßen­bahn, blies mit seinem Smart­phone laut­stark eine Hitler-Rede in die Bim und schrie zwei Mal ‚Sieg Heil!’. Drei Zeu­gen bestäti­gen dies nochmals vor Gericht. Der Angeklagte (43) selb­st deklar­i­ert sich bezüglich Schuld/Unschuld auf seine Art: ‚I streit’s net oh, i geb aba a nix zua.’“ (Kleine Zeitung, 26.9.18, S. 26)

Nach­dem der Graz­er bere­its ein­mal eine Verurteilung wegen Wieder­betä­ti­gung aus­ge­fasst und auch wegen ander­er Delik­te viele Vorstrafen gesam­melt hat­te, bekam er dies­mal zwei Jahre unbe­d­ingt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Graz: Ermit­tlun­gen gegen Mar­co Wag­n­er eingestellt

Für den steirischen Internet-„Star“ Mar­co Wag­n­er wird sein unfrei­williger Auftritt, den er auf Face­book hat­te, keine rechtlichen Kon­se­quen­zen haben. Nach­dem im Früh­jahr ein Video aufge­taucht war, in dem Wag­n­er mit anderen zusam­men zu sehen und zu hören ist, wie er Nazi­parolen grölt, hat­te er, der nichts mit recht­sex­tremen Gedankengut zu tun haben will, Selb­stanzeige erstat­tet. „Als dem Komik­er bewusst wurde, was er angerichtet hat­te, erstat­tete er Selb­stanzeige bei der Polizei. Kurz darauf leit­ete die Staat­san­waltschaft Graz weit­ere Ermit­tlun­gen gegen ihn ein. Diese wur­den aber bere­its im August eingestellt, wie Han­sjörg Bach­er, Sprech­er der Staat­san­waltschaft, der ‚Kro­ne’ bestätigt: ‚Es kon­nten keine Hin­weise auf eine recht­sex­treme Nei­gung fest­gestellt wer­den.’“ (Kro­nen Zeitung, 25.9.18, S. 24)

Wir hof­fen aber, die Staat­san­waltschaft hat ihm auch gle­ich mit­geteilt, dass er seinen Fre­un­deskreis, bess­er aus­suchen soll. Der Mann, bei dem Wag­n­er den feucht­fröh­lichen Abend gefeiert hat­te, scheint zum Rechtsextremismus/Neonazismus weniger Abstand zu haben, als es Wag­n­er für sich behauptet, wie wir in unserem Beitrag über Wag­n­er aufgezeigt haben.

St. Johann/Tirol: HTLR SCHNTZL

Wie der „Kitzanzeiger“ in der let­zten Woche berichtete, wurde in St. Johann ein Mann angezeigt, der ein T‑Shirt aus dem Ver­sand des bekan­nten Thüringer Neon­azis Tom­my Frenck mit der Auf­schrift „HTLR SCHNTZL“ trug. Dass Frenck dabei nichts find­et und sich auf sein­er Web­site über die in Öster­re­ich ange­blich schär­fer­en „Zen­surge­set­ze“ und die Anzeige mok­iert, ist nicht ver­wun­der­lich. Aber vielle­icht mag jemand dem Her­rn Frenck erzählen, dass in Öster­re­ich auf das Zur-Schau-Stellen von nation­al­sozial­is­tis­chen Inhal­ten und Sym­bol­en – auch wenn die Vokale fehlen – eine Anzeige nach dem VRBTSGSTZ fol­gt. Alles klar?

Stock­er­au: ein falsch aufge­fasster Hitlergruß?

Die Frau, der beim Stock­er­auer Erdäpfelfest die Hand in die Höhe gefahren ist (wir berichteten), kon­nte nun nach ein­er Anzeige aus­ge­forscht wer­den. Aber: „Das Ver­hal­ten der Frau soll jedoch keinen nation­al­sozial­is­tis­chen Hin­ter­grund gehabt haben und falsch aufge­fasst wor­den sein.“ (NÖN, Nr. 39 / 2018, 26.9.18, S. 22) Die Anzahl der Biere, die mit­tels der Führergruß-Geste bestellt wer­den, ist uns nicht bekannt.

Graz: Mis­tkü­bel für Nazi-Dreck

Das ist doch ein­mal eine exzel­lente Art, um mit Nazi-Müll umzuge­hen, die sich der steirische herb­st ein­fall­en hat lassen. Wir zitieren:

Vielle­icht ist er dir schon aufge­fall­en, der schwarze Abfall­con­tain­er am Graz­er Haupt­platz vor dem Erzher­zog-Johann-Brun­nen, zwis­chen den Hal­testellen-Warte­häuschen. Im ersten Moment sieht er aus wie ein ganz gewöhn­lich­er Con­tain­er, dem man sein altes Gewand ein­ver­leiben kann. Doch der Schein trügt.
„Sie sind gequält von der Uni­form ihres Nazi-Onkels, die immer noch auf dem Dachbo­den liegt? Wohin damit, fra­gen Sie sich? Verkaufen zu pein­lich, ver­bren­nen zu schmerzhaft? Dann habe ich DIE Lösung für Sie!“ Das ste­ht gle­ich unter der Ein­wurf-Luke geschrieben. Und weit­er: „In diesem Con­tain­er entsor­gen Sie ganz unkom­pliziert alle Ihre Relik­te aus der Naz­izeit von NSDAP, SS, SA, NAKK, NSFK… Egal ob Uni­form, Hut, Flaggen Medaillen, Orna­mente, Fotos, Poster, Büch­er, alles was ein Hak­enkreuz hat, find­et hier seinen Platz. Frag­würdi­ge Ver­gan­gen­heit? Ein­fach weg damit. (…) Erste „Nazi-Mem­o­ra­bil­ia“ wur­den schon abgegeben, haupt­säch­lich waren Fotos und Büch­er darunter. Etwa ein „Gesund­heits­büch­lein“ als „Gemein­ver­ständliche Anleitung zur Gesundheitspflege.“

Mistkübelaktion steirischer herbst 2018 (Screenshot Video Yoshinori Niwa)

Mis­tkü­be­lak­tion steirisch­er herb­st 2018 (Screen­shot Video Yoshi­nori Niwa)

Mistkübelaktion steirischer herbst 2018 (Screenshot Video Yoshinori Niwa)

Mis­tkü­be­lak­tion steirisch­er herb­st 2018 (Screen­shot Video Yoshi­nori Niwa)

Einge­wor­fen wer­den kann der braune Dreck noch bis zum 14.10.. Hier gibt’s die ersten Videos zum Pro­jekt: https://www.steirischerherbst.at/volksfronten/artists/yoshinori-niwa

Das rechte Wort der Woche

„Die For­mulierun­gen bezüglich des Umgangs mit ‚kri­tis­chen Medi­en‘ find­en nicht meine Zus­tim­mung.“ (Her­bert Kickl in ein­er Aussendung)