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Kurs der verweigerten Aufklärung — NSU-Prozess geht (skandalös) weiter

Nach einer mehr­wö­chi­gen Som­mer­pau­se wird jener Pro­zess, der die Taten der rechts­ter­ro­ris­ti­schen Orga­ni­sa­ti­on Natio­nal­so­zia­lis­ti­scher Unter­grund (NSU) auf­klä­ren soll, die u.a. min­des­tens zehn Men­schen ermor­de­ten, fort­ge­setzt. Auch wenn das media­le wie auch gesell­schaft­li­che Inter­es­se an der Auf­klä­rung der ras­sis­tisch moti­vier­ten Mor­de sowie ihrer Hin­ter­grün­de inzwi­schen deut­lich gesun­ken ist und kaum noch dar­über berich­tet wird, gehen die […]

12. Sep 2016

Auch wenn das media­le wie auch gesell­schaft­li­che Inter­es­se an der Auf­klä­rung der ras­sis­tisch moti­vier­ten Mor­de sowie ihrer Hin­ter­grün­de inzwi­schen deut­lich gesun­ken ist und kaum noch dar­über berich­tet wird, gehen die Ver­hand­lun­gen am Münch­ner Ober­lan­des­ge­richt seit Ende August wei­ter. So stan­den am 31. August, dem 306. Pro­zess­tag, erst­mals kei­ne Zeug_innen vor Gericht und statt­des­sen wur­den u.a. Erkennt­nis­mit­tei­lun­gen des Ver­fas­sungs­schut­zes ver­le­sen. Ein von der Neben­kla­ge ein­ge­brach­ter Beweis­an­trag, der belegt, dass der Ver­fas­sungs­schutz bereits 2002 Kennt­nis von eine Grup­pe namens NSU hat­te, wur­de hin­ge­gen abge­lehnt. Damit zeigt das Gericht erneut, dass es sei­nen Kurs der ver­wei­ger­ten Auf­klä­rung” fort­setzt, wie es auf einer Pro­zess­be­richts­ei­te aus Sicht der Neben­kla­ge heißt.

Einen Tag spä­ter, am 1. Sep­tem­ber gab einer­seits ein Beam­ter des Bun­des­kri­mi­nal­amts als Zeu­ge Aus­künf­te über die eher laxen Ermitt­lungs­me­tho­den sei­ner dienst­ge­ben­den Ein­rich­tung und ande­rer­seits wur­de ein wei­te­res Mit­glied der Jena­er Neo­na­zi-Sze­ne der 1990er befragt. Danach waren erneut rund zehn Tage Pau­se, bevor am 12. Sep­tem­ber wei­ter ver­han­delt wird.

Ursprüng­lich wur­de davon aus­ge­gan­gen, dass die gericht­li­chen Sit­zun­gen bis Herbst 2016 lau­fen wür­den. Ein Ende scheint jedoch nach wie vor in wei­ter Fer­ne. Im Gegen­teil hat das Gericht erneut Ter­mi­ne bis Sep­tem­ber 2017 ange­setzt – auch wenn das nicht zwangs­läu­fig bedeu­tet, dass auch wirk­lich an allen Tagen ver­han­delt und der Pro­zess tat­säch­lich noch ein wei­te­res Jahr dau­ern wird. Gera­de wegen der sin­ken­den Auf­merk­sam­keit zeigt sich immer wie­der die Wich­tig­keit der Arbeit der Grup­pe NSU-Watch, die sowohl über Twit­ter, Face­book und ihre Home­page nach wie vor aus­führ­lich und kri­tisch über die ein­zel­nen Pro­zess­ta­ge berich­tet. Um die­se not­wen­di­ge Ein­mi­schungs- und Auf­klä­rungs­ar­beit wei­ter­hin leis­ten zu kön­nen, ist NSU-Watch auf finan­zi­el­le Unter­stüt­zung angewiesen.