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Sommerlektüre Rechtsextremismus: das Strache-Buch

Im vier­ten Teil unse­rer Lek­tü­re­emp­feh­lun­gen behan­deln wir das kon­kur­renz­los bes­te Buch, das über den amtie­ren­den (Langzeit-)Parteiobmann der FPÖ bis­lang erschie­nen ist: die Bio­gra­phie von Nina Horac­zek und Clau­dia Rei­te­rer. Es ist zugleich das jüngs­te Werk in die­ser Serie. Nina Horaczek/Claudia Rei­te­rer, „HC Stra­che: Sein Auf­stieg. Sei­ne Hin­ter­män­ner. Sei­ne Fein­de“ (Wien: Ueber­reu­ter 2009, 255 S.)  Die 1990er Jahre […]

30. Jul 2016

Nina Horaczek/Claudia Rei­te­rer, „HC Stra­che: Sein Auf­stieg. Sei­ne Hin­ter­män­ner. Sei­ne Fein­de“ (Wien: Ueber­reu­ter 2009, 255 S.) 

Die 1990er Jah­re waren die Hoch­zeit der FPÖ-kri­ti­schen Publi­zis­tik. Nicht nur auf den „NEWS“- und „PROFIL“-Covers war Jörg Hai­der Dau­er­gast, auch der Buch­han­del ver­zeich­ne­te kräf­ti­ge Umsät­ze mit aller­lei Hai­der-Exege­sen. Nicht vie­le erreich­ten dabei das Niveau von Chris­ta Zöch­lings Bio­gra­phie „Hai­der. Licht und Schat­ten einer Kar­rie­re“ (Wien: Mol­den 1999). Im Ver­gleich dazu nimmt sich die Lite­ra­tur über Heinz-Chris­ti­an Stra­che äußerst schüt­ter aus. Trotz inzwi­schen elf­jäh­ri­ger Obmann­schaft, die von ähn­li­chen FPÖ-Erfol­gen wie zu Hai­ders Zei­ten gekenn­zeich­net war, lie­gen bis­lang kaum Wer­ke über den frei­heit­li­chen Chef­ein­peit­scher vor. Das mag zum Teil am man­geln­den Cha­ris­ma Stra­ches lie­gen, sicher aber nicht dar­an, dass sein Lebens­weg zu wenig Stoff für publi­zis­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung her­gä­be. Den Beweis für letz­te­res tritt die Bio­gra­phie an, die „Falter“-Redakteurin Nina Horac­zek und ORF-Jour­na­lis­tin Clau­dia Rei­te­rer 2009 vor­ge­legt haben. In zwölf schwung­voll geschrie­be­nen Kapi­teln zeich­nen sie Stra­ches Wer­de­gang von sei­ner Kind­heit bis in die dama­li­ge Gegen­wart nach.

Die gro­ße Stär­ke des Buchs liegt, neben akri­bi­scher Recher­che, in den zahl­rei­chen Gesprä­chen, die die Autorin­nen mit Weg­be­glei­tern Stra­ches und diver­sen Par­tei­gran­den geführt haben. Sie flie­ßen in Form zahl­rei­cher O‑Töne in die Dar­stel­lung ein und ver­lei­hen ihr eine Sub­stanz und Infor­ma­ti­ons­fül­le, die bloß auf Medi­en­be­rich­te und Sekun­där­li­te­ra­tur rekur­rie­ren­de Publi­ka­tio­nen nicht lie­fern kön­nen. Neben den übli­chen Ver­däch­ti­gen wie Andre­as Möl­zer oder Lothar Höbelt wur­den auch (damals) aus­ge­fal­le­ne­re Gesprächs­part­ner wie Otto Scrin­zi und Nor­bert Hofer gesucht und gefun­den. Auch Stra­che selbst (mehr­mals) sowie Jörg Hai­der (in einem sei­ner letz­ten Inter­views) waren zu Gesprä­chen mit den Jour­na­lis­tin­nen bereit. Das Ergeb­nis der Recher­chen scheint in frei­heit­li­chen Krei­sen aller­dings auf wenig Gegen­lie­be gesto­ßen zu sein, wie die Ein­lass­ver­wei­ge­rung gegen­über Horac­zek bei der FPÖ-Wahl­par­ty in Wien im Okto­ber 2015 nahelegt.

Zu den High­lights des Buches zäh­len die Aus­füh­run­gen zu Stra­ches Inter­nats­zeit („was einen nicht umbringt, macht einen nur här­ter“, O‑Ton Stra­che, S. 28) und die in die­ser Aus­führ­lich­keit bis­lang uner­reich­te Dar­stel­lung von Stra­ches Wehr­sport-Akti­vi­tä­ten und der damit in Ver­bin­dung ste­hen­den „Foto-Affä­re“ 2006/2007 (Kapi­tel 4). Infor­ma­tiv sind auch die im Anhang fak­si­mi­liert wie­der­ge­ge­be­nen Ori­gi­nal­do­ku­men­te, dar­un­ter eine eides­staatt­li­che Erklä­rung von Johann Gude­nus zur erwähn­ten Foto-Cau­sa und ein Brief des rechts­extre­men Akti­vis­ten Mar­cus Vet­ter an eben­die­sen („lie­ber Joschi“).

Mit ihrer Stra­che-Bio­gra­phie haben Nina Horac­zek und Clau­dia Rei­te­rer ein lesens­wer­tes Por­trait nicht nur des Men­schen Stra­che, son­dern auch sei­nes poli­ti­schen Den­kens und der Par­tei unter sei­ner Füh­rung vor­ge­legt. Ein gro­ßer jour­na­lis­ti­scher Wurf, der eine unbe­ding­te Lese­emp­feh­lung verdient!

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