Überfall in Graz: „Identitäre“ Kader beteiligt

Am 17.1.16 fand in Graz eine Demon­stra­tion der neo­faschis­tis­chen Iden­titären statt, nach der eine Gruppe von AntifaschistIn­nen am Weg zu ihrem Auto von Kundge­bung­steil­nehmern der Iden­titären ver­fol­gt und über­fall­en wurde. Aus der Tat­sache her­aus, dass die Angreifer bere­its von Beginn an mit gezo­gen­em Teleskop­schlag­stock, Quarzhand­schuhen, Mund­schutz und Gür­telschnalle auf die AntifaschistIn­nen zustürmten, wurde ersichtlich, dass es sich dabei um einen geplanten und organ­isierten Angriff handelte.

Wie die Betrof­fe­nen dem Stan­dard gegenüber angaben, hat­ten die Täter ihre Opfer bere­its bei der davor stat­tfind­en­den anti­ras­sis­tis­chen Kundge­bung im Visi­er. Ein­er der Ange­grif­f­e­nen berichtet: „Die haben uns aufge­lauert, ein­er von ihnen ist während der Kundge­bung immer wieder durch unsere Rei­hen marschiert, hat sich unsere Gesichter eingeprägt, und ein ander­er hat uns auch fotografiert.” Von Anfang an wurde der Angriff von AntifaschistInnnen doku­men­tiert. Die Tat­sache, dass die Angreifer es nicht für nötig befan­den, sich unken­ntlich zu machen, deutet darauf hin, dass sie sich ihrer Sache sehr sich­er waren.

Der organ­isierte, bewaffnete Über­fall stellt eine neue Stufe der Radikalisierung des recht­sex­tremen Milieus dar, getra­gen von der gesellschaftlichen Stim­mung und den Wahler­fol­gen der FPÖ, die Recht­sex­tremen Rück­en­wind geben. Die FPÖ stellt den ver­längerten Arm der Stammtis­che im Par­la­ment dar und gewalt­tätige Recht­sex­treme exeku­tieren deren Willen auf der Straße.

Angesichts des gesellschaftlichen Kli­mas fühlen sich die Angreifer anscheinend so sich­er, dass ihnen das Gefühl ver­mit­telt wird, AntifaschistIn­nen ohne strafrechtliche Kon­se­quen­zen angreifen zu können.


Ver­fas­sungschutzbericht über die Iden­titären, PDF, Seite 13

Der Fatal­is­mus, der sich ger­ade bei den „besorgten Bürg­ern“ und deren recht­sex­tremem Kern bre­it macht, schafft eine Legit­i­ma­tion dafür, bei der der Zweck die Mit­tel heiligt. Die Neo­faschistIn­nen der „Iden­titären Bewe­gung“ sehen sich als die let­zte Gen­er­a­tion, die dazu in der Lage sei Europa vor dem „Volk­stod“ (syn­onym dazu auch „Über­frem­dung“, „Großer Aus­tausch“, „Ethnogenozid“) zu bewahren. Deshalb ver­wun­dert es nicht, dass die Angreifend­en als Schlachtruf ‚Généra­tion iden­ti­taire’ wählten. Das her­bei­hal­luzinierte Unter­gangsszenario sieht alleine sie als Ret­ter und Krieger des Abendlands.

Die Iden­titären haben sich in den let­zten Jahren viel Mühe gegeben, eine Fas­sade des gewalt­losen Aktivis­mus aufzubauen. Den­jeni­gen, die sich schon länger mit der Grup­pierung beschäfti­gen, war von Anfang an klar, dass es sich dabei nur um eine Medi­en­strate­gie han­delt und auch engagierte AntifaschistIn­nen haben in der Ver­gan­gen­heit bere­its erfahren müssen, wie es um die ver­meintliche Gewalt­losigkeit der Iden­titären steht.

Die Iden­titären ver­suchen zum wieder­holten Mal, eine Täter-Opfer-Umkehr zu vorzu­gaukeln, indem sie von „linken Pro­voka­teuren“ sprechen. Bedauer­licher­weise greifen einige Medi­en diese Darstel­lung auf.

Dieser Verzicht von Gewalt als poli­tis­chem Mit­tel, den Iden­titären-Chef Mar­tin Sell­ner seit Jahren gebetsmüh­le­nar­tig predigt, ist spätestens seit dem Angriff am 17.1. endgültig als Masker­ade entlarvt.


Mar­tin Sell­ner beim Nowot­ny-Gedenken 2008. Damals noch um Got­tfried Küs­sel und Felix B., die Ver­ant­wortlichen der neon­azis­tis­chen Web­site “Alpen-Donau.info”, Bildquelle: kuesselskameraden.blogsport.eu

Denn Dominic H., Philipp H. und Fabi­an Rus­n­jak, nun wegen der Attacke bei der Polizei in Graz wegen schw­er­er Kör­per­ver­let­zung angezeigt, sind keine Mitläufer, die sich ein­fach so zur Demo der Iden­titären begeben hat­ten, um die Forderun­gen der Recht­sex­tremen zu unter­stützen. Sie sind vielmehr Chef-Kad­er der Wiener Iden­titären und repräsen­tieren die Organ­i­sa­tion somit auch nach außen.

Der Mann mit dem Teleskop­schlag­stock, Fabi­an Rus­n­jak, gibt sog­ar seinen Namen für den Vere­in der „Iden­titären Bewe­gung Öster­re­ich“ her.


Fabi­an Rus­n­jak mit Teleskopschlagstock

Im Vere­in­sreg­is­ter­auszug des „Vere­ins zur Erhal­tung der kul­turellen Iden­tität“ wird er als Kassier geführt. Neben öffentlichen Auftrit­ten, bei denen er von Sell­ner als „ein­er der Mit­be­grün­der der IB” vorgestellt wird, scheint er die Funk­tion eines „Anti-Antifa Fotografen“ einzunehmen, wobei er sich dabei nicht auf anti­ras­sis­tis­che Kundge­bun­gen beschränkt.


Fabi­an Rus­n­jak, Kassier


Rechts im Bild: Fabi­an Rusnjak

Auch Phillipp H. trat beispiel­sweise als Red­ner für die „Iden­titäre Bewe­gung“ auf der von der neon­azis­tis­chen „Partei des Volkes“/“Nationale Partei Öster­re­ich“ organ­isierten Kundge­bung am 21.11.2015 in Wien auf und ist ein altge­di­entes Mit­glied der „Iden­titären“ in Wien.


Philipp H., aktives Mit­glied der Iden­titären, Quelle: recherchewien.nordost.mobi

Der in Hooli­gan-Manier (Gür­tel als Hieb­waffe um die Hand gewick­elt) auftre­tende Dominic H. sticht auf den zum Angriff veröf­fentlicht­en Fotos beson­ders her­vor. Der WKO-Angestellte ist schon seit län­gerem bei den Iden­titären aktiv. So war er beispiel­sweise Ord­ner bei der Demo der Gruppe am 6.6.2015.


Dominic H.

Dominic H.

Dominic H.

Die Täter sind nicht nur führende Köpfe der „Iden­titären Bewe­gung“, manche von ihnen waren sog­ar maßge­blich am Auf­bau dieses recht­sex­tremen Net­zw­erks beteiligt. Mit dem Angriff ihrer Kad­er am Son­ntag haben sie ein unmissver­ständlich­es Sig­nal nach außen gesendet: Ein­schüchterun­gen durch kör­per­liche Angriffe kön­nen nun nicht mehr als bloße Vertei­di­gungs­maß­nahme gerecht­fer­tigt wer­den, wie zum Beispiel bei den Angrif­f­en nach der Demon­stra­tion in Wien am 6.6.2015 argu­men­tiert wurde.

Diese Doku­men­ta­tion belegt, welche Rolle drei der angezeigten Angreifer in der Gruppe ein­nehmen und warum die Ein­stu­fung der Iden­titären als aggres­sive recht­sex­treme Gruppe in den Medi­en längst über­fäl­lig ist. Mit­tler­weile kon­nten anhand der umfassenden Bild­doku­men­ta­tion des Angriffs weit­ere Per­so­n­en iden­ti­fiziert wer­den. Auch diese – namentlich Max­i­m­il­ian M. und Richard S. – sind der Gruppe bzw. den eng­sten Umfeld der Iden­titären zuzuordnen.

P.S.: Wir gehen sehr sorgsam mit Namen­snen­nun­gen um. Im Falle der Funk­tionäre von poli­tis­chen Organ­i­sa­tio­nen geht allerd­ings das Inter­esse der Öffentlichkeit an Infor­ma­tion und Aufk­lärung vor. Im Übri­gen gilt für alle Beteiligten bzw. Verdächti­gen die Unschuldsver­mu­tung, bis ein Gericht entsch­ieden hat.