Der Hauptangeklagte ist 28 Jahre alt, der Zweitangeklagte 26 Jahre. Beide sind in der Türkei geboren, leben in Wels, sind österreichische Staatsbürger und haben schon Vorstrafen, aber keine einschlägigen. „Sie sind bisher auch nicht durch Kontakte zur rechten Szene oder Ähnliches aufgefallen“, berichtet die APA.
Zum Gaza-Konflikt postete der Erstangeklagte auf seinem FB–Profil: „Zeigt keine Bilder von unseren toten Brüdern, Kindern, Frauen. Zeigt nur Bilder von deren Frauen und Kindern.” Und dann noch: „Tod den Juden, ich würde sie vergasen”, „Hitler hat der Welt gezeigt, dass er doch recht hatte, Sieg Heil!” Der Zweitangeklagte kommentierte das knapp mit „Sieg Heil! Adolf Hitler”
Beide waren im Ermittlungsverfahren geständig – der Jüngere bzw. Zweitangeklagte fand seine Äußerung auch vor Gericht „blöd“ und entschuldigte sich: „Es tut mir leid. Ich habe das wirklich nicht so gemeint.” – Kann man den Spruch irgendwie anders meinen?
Der Erstangeklagte, der bei den Ermittlungen noch zugegeben hatte, die Texte selbst verfasst und gepostet zu haben, versuchte es vor Gericht mit einer vor allem von blauen FunktionärInnen strapazierten Ausrede. Er war damals zur Drogentherapie in einer Kärntner Klinik untergebracht und dort habe sein Zimmerkollege, ein schizophrener Patient, der aus einer Nazi-Familie in Tirol oder Kärnten stamme, in seinem Namen das Posting verfasst und veröffentlicht. Er selbst habe davon nichts mitbekommen, sei unter Medikamenteneinfluss gestanden und außerdem: „Ich kenne mich da nicht so aus, ich bin nicht so oft im Internet.”
Dieser sehr verschlungenen Erklärung wollte aber kaum jemand im Gerichtssaal Glauben schenken, worauf der Erstangeklagte in seinem Schlusswort die Flucht nach vorne antrat: „Ich möchte mich auch entschuldigen. Egal, wer es geschrieben hat, es tut mir einfach leid.”
Für den Staatsanwalt ergaben die Postings des Erstangeklagten, darunter auch eines, das nicht Gegenstand des Verfahrens war („Der Tag wird kommen, wo nur die Arier untereinander sein werden. Blaue Augen, blondes Haar, unser Führer ist wunderba.”), ein „typisches NS-Tatbild“. Die Geschworenen mussten unter anderem darüber entscheiden, ob es sich bei den Äußerungen um NS-Wiederbetätigung oder um Verhetzung handelt. Bei dem Kommentar des Zweitangeklagten entschieden sie auf weder-noch, bei den Postings des Erstangeklagten auf Verhetzung. Das bedeutete im Endeffekt Freispruch für den Zweitangeklagten und acht Monate unbedingt für den Hauptangeklagten, der außerdem noch drei Monate und zwanzig Tage aus einer bedingt erlassenen Vorstrafe absitzen muss. Beide Urteile sind nicht rechtskräftig.
Nachdem die Staatsanwaltschaft Linz die Ermittlungen wegen Verhetzung gegen einen Welser Friseur, der ebenfalls im September 2014 sehr Ähnliches zum Gaza-Konflikt postete, zunächst einmal eingestellt und erst nach heftigen Protesten wieder aufgenommen und sich für eine Anklage wegen NS-Wiederbetätigung entschieden hat, wird wohl demnächst auch in Linz ein Geschworenengericht die Frage Verhetzung oder Wiederbetätigung oder beides verhandeln.