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Unseriöse Bürgerrechtsbewegung abgesoffen

FPÖ-Chef Stra­che hat sie noch vor weni­gen Tagen zur „seriö­sen Bür­ger­rechts­be­we­gung“ geadelt, konn­te sich sogar vor­stel­len, an einem Auf­marsch der Pegi­da teil­zu­neh­men, bevor er die Kur­ve kratz­te und nach Ost­ti­rol abtauch­te. Als sich am 2. Febru­ar rund 300 Rechts­extre­mis­ten, Neo­na­zis und ver­mut­lich ein Dut­zend Nai­ver in Wien ver­sam­mel­te, war „nur” der frü­he­re Drit­te Natio­nal­rats­prä­si­dent Martin […]

3. Feb 2015

Iden­ti­tä­re, Nazi-Hoo­li­gans und MC-Mit­glie­der, Bur­schen­schaf­ter und auch klas­si­sche Neo­na­zis bil­de­ten das Kern­per­so­nal des demons­trie­ren­den Hau­fens, der sich unter dem Namen „Pegi­da“ in Wien ver­sam­mel­te. Aus der Ver­samm­lung her­aus wur­de mehr­fach Hit­ler- und Küh­nen­gruß gezeigt und neben anti­is­la­mi­schen Paro­len auch anti­se­mi­ti­sche Sprü­che skandiert.


Küh­nen­gruß


Küh­nen­gruß (krone.at)

Mar­tin Graf, der frü­he­re Drit­te Prä­si­dent des Natio­nal­ra­tes (FPÖ) und Alter Herr der Bur­schen­schaft Olym­pia, war mit­ten in dem Hau­fen, angeb­lich, um sich ein „Bild zu machen“, hat aber nichts gese­hen und gehört – wie er spät­abends noch in einer Dis­kus­si­ons­sen­dung von Puls 4 erklärte.

Wäh­rend ein­ge­fleisch­te Pegi­da-Fans sofort die Paro­le aus­ga­ben, bei den sich offen dekla­rie­ren­den Neo­na­zis hand­le es sich um ein­ge­schleus­te Lin­ke, übten eini­ge deut­li­che Kri­tik an den Ver­an­stal­tern: „Die­se Leu­te hät­ten von den Ord­nern sofort ent­fernt wer­den müs­sen.“ (Face­book) Ein frei­heit­li­cher Akti­vist und Pegi­da-Fan kri­ti­sier­te ganz offen den Pegi­da-Spre­cher Nagel wegen des­sen mehr­fa­cher Aus­sa­gen, er kön­ne kei­ne Neo­na­zi-Ges­ten erken­nen: „Nicht böse gemeint, aber Herr Georg Imma­nu­el Nagel, sie kön­nen doch nicht sagen, das (sic!) auf dem Bild kein Hit­ler­gruß zu sehen ist!“ (Face­book)


Dass Nagel (so wie Graf) nichts Neo­na­zis­ti­sches erken­nen woll­te, hängt viel­leicht auch damit zusam­men, dass er, wie ihm sei­ne frü­he­ren Freun­de vor­wer­fen , selbst vor einem Jahr ein Pos­ting mit einem Haken­kreuz in Umlauf gebracht hat und einen But­ton mit Reichs­ad­ler ent­wor­fen hat. Der poly­mor­phe Nagel, der bis vor kur­zem auch noch ein eif­ri­ger Iden­ti­tä­rer war, ist auch Kor­po­rier­ter beim Corps Poso­nia. Ein Foto auf der Face­book-Sei­te des Corps zeigt ihn bei der Huber­tus-Knei­pe im Novem­ber, wie er etwas ver­lo­ren neben die Kame­ra blickt. Ahn­te er schon sei­ne trau­ri­ge Zukunft? „Ein leben­di­ger Bund“ ist das Foto zur Huber­tus­knei­pe unter­ti­telt – naja!

Ver­mut­lich mei­nen die Corps­brü­der damit auch den Umstand, dass die Adres­se ihrer Bude bis zum Jah­res­en­de 2014 die Anschrift des Ver­eins „Tech­no­Pas­si­on” mit dem Obmann Georg Imma­nu­el Nagel war. Über den Ver­ein wur­den die Ver­an­stal­tungs­ak­ti­vi­tä­ten von „Kräfte/Balance“ abge­wi­ckelt: Gothic‑, Fetish- und ein biß­chen Sado­Ma­so. Passt zum „leben­di­gen Bund” jedenfalls!

Ein Skan­dal so neben­bei: Die Poli­zei schritt nicht ein, als aus der Pegi­da-Ver­samm­lung die Hän­de zum Hit­ler­gruß gereckt wur­den und lös­te die Kund­ge­bung auch nicht auf. Der Pro­vi­ant­wa­gen der frei­heit­li­chen Per­so­nal­ver­tre­tungs­lis­te bei der Poli­zei, AUF, war dies­mal auch wie­der zur Stel­le: Die Poli­zis­ten im Ein­satz durf­ten sich dort laben und sicher auch mit AUF­mun­tern­den Sprü­chen ver­sor­gen las­sen, bevor sie dann zur Fest­stel­lung der Iden­ti­tät der blo­ckie­ren­den Gegen­de­mons­tran­ten schritten.


Twit­ter

Die Demons­tra­ti­on gegen den Pegi­da-Auf­marsch war eine ein­drucks­vol­le Mani­fes­ta­ti­on, dass Pegi­da nicht erwünscht ist: rund 5.000 Teil­neh­me­rIn­nen hat­ten sich schon am Nach­mit­tag ver­sam­melt und eini­ge Hun­dert von ihnen sind dann auch noch zur Pegi­da-Kund­ge­bung marschiert.

P.S.: Mitt­ler­wei­le gibt es eine reich­lich skur­ri­le Distan­zie­rung Nagels von einem „angeb­li­chen Hit­ler-Gruß“. Der Pegi­da-Spre­cher betont, dass das aber „in kei­ner Wei­se ein Ein­druck gewe­sen, der sich für die Teil­neh­mer vor Ort ergab” (APA). In dem einem Hit­ler-Freund ver­mu­tet er einen, der die „links­extre­men Blo­ckie­rer“ pro­vo­zie­ren woll­te oder das Gegen­teil davon, einen links­extre­men Pro­vo­ka­teur. Auf die ande­ren neo­na­zis­ti­schen Vor­fäl­le bei der Pegi­da-Kund­ge­bung geht Nagel nicht ein.

Die nächs­te Pegi­da-Kund­ge­bung fin­det nach dem Wie­ner Desas­ter am 8.2. in Linz statt. Ter­min für eine neue Pegi­da-Kund­ge­bung in Wien wer­de es „frü­her oder spä­ter“ geben, so Nagel. Wir ver­mu­ten eher, dass es eher frü­her als spä­ter einen Ter­min für Nagel geben wird: das Ende sei­ner Spre­cher­tä­tig­keit. Ein­zel­ne Pegi­dis­ten for­dern das schon ganz offen.

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