Das Mauthausen-Komitee Österreich (MKÖ) kritisiert heftig den Entwurf für ein Terror-Symbole-Gesetz, ‚mit dem die Verwendung von Symbolen der Gruppierung Islamischer Staat und anderer Gruppierungen’ verboten wird. Das neue Gesetz sieht höhere (Geld-)Strafen für die Verbreitung dieser Symbole vor als das Abzeichengesetz für die von NS-Symbolen.
Der neue „Falter“ (Nr. 40/ 2014) befragte den Politologen und Nahost-Experten Thomas Schmidinger auch zu diesem Gesetzesentwurf. Aus seiner lesenswerten Stellungnahme:
Man kann politische Gedanken nicht verbieten. Aber man kann es potenziellen Opfern der IS wie Jesiden oder Kurden ersparen, die Symbole ihrer Peiniger im öffentlichen Raum wahrnehmen zu müssen. Es ist wie beim NS-Verbotsgesetz. Neonazis gibt es nach wie vor, aber man erspart den Überlebenden des Holocaust, in Österreich Hakenkreuze zu sehen.
Gleichzeitig ist Schmidinger auch skeptisch: „Die IS verwendet ja bewusst Symbole, die tief im Koran und in der Geschichte der arabischen Welt verankert sind. Das wäre so, als würde ein Staat eine bestimmte Darstellung des katholischen Kreuzes im Missbrauchsfall bestrafen.“ (Falter Nr. 40 /2014)
Die Presseaussendung des MKÖ im Wortlaut:
MKÖ kritisiert unterschiedliche Bestrafung von IS- und NS-Symbolen: „Das läuft auf eine Verharmlosung des Rechtsextremismus hinaus”
MKÖ-Vorsitzender Mernyi fordert höhere Strafen für braune Delikte.
Wien (OTS) — Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hat Pläne präsentiert, wie die Verbreitung von Symbolen des „Islamischen Staates” (IS) und der Al-Kaida künftig bestraft werden soll. Die Details dieser Pläne rufen nun die Kritik des Mauthausen Komitees Österreich (MKÖ) hervor. „Kein Demokrat kann etwas dagegen haben, wenn die Propaganda gefährlicher menschenverachtender Gruppen bekämpft wird”, sagt MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi. „Allerdings ist es völlig unverständlich, dass für die Verbreitung von NS-Symbolen dann deutlich geringere Strafen gelten sollen.”
Tatsächlich sieht das Abzeichengesetz für die Verbreitung von NS-Symbolen derzeit eine Höchststrafe von 4.000,- Euro vor — wobei es nach Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 1960 mehr als fünf Jahrzehnte gedauert hat, bis die ursprüngliche Höchststrafe (10.000 Schilling oder 726 Euro) dem Geldwertverlust angepasst wurde! Bei IS-Symbolen will Mikl-Leitner nur für Ersttäter eine Höchststrafe von 4.000,-Euro einführen, für Wiederholungstäter dagegen eine von 10.000,-Euro.
„Das läuft auf eine Verharmlosung des Rechtsextremismus hinaus”, stellt Mernyi fest. „Dabei haben Neonazi-Gruppen wie NSU in Deutschland oder „Objekt 21” in Österreich bewiesen, dass sie ebenfalls für eine hochgradig gefährliche und menschenverachtende Gesinnung stehen.”
Laut Innenministerium stieg die Zahl der rechtsextremen und rassistischen Straftaten in Österreich in acht Jahren um 175 Prozent (2005: 209, 2013: 574)! Allein von 2012 auf 2013 war eine Zunahme von rund zehn Prozent zu verzeichnen.
„Wir fordern, dass Innenministerin, Sicherheitsbehörden und Justiz jetzt vor lauter Konzentration auf den Dschihadismus nicht den heimischen, sehr aktiven und brutalen Rechtsextremismus vergessen”, betont der MKÖ-Vorsitzende. „Für die Verbreitung von NS-Symbolen müssen zumindest dieselben Strafen gelten wie für die von IS-Symbolen. Darüber hinaus brauchen wir endlich einen wirksamen Paragraphen gegen Verhetzung sowie Verbesserungen des Verbotsgesetzes — etwa die Strafbarkeit von NS-Delikten durch Österreicher im Ausland”, so Mernyi.