FPÖ: Wer ist der nächste? (III)

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Nach der Ver­haf­tung der VAPO-Häupt­lin­ge Anfang der 1990er-Jah­re ret­te­ten sich etli­che Neo­na­zis in die FPÖ („rein in die Lega­li­tät“). Als die Hai­der-FPÖ in ihrem Par­tei­pro­gramm von 1997 die Zuwen­dung zum Chris­ten­tum beton­te und das Bekennt­nis zur deut­schen Sprach-und Kul­tur­ge­mein­schaft strich, wand­ten sich eini­ge von ihnen wie­der empört von der FPÖ ab.

Sebas­ti­an Ort­ner, bis vor kur­zem Klub­ob­mann der FPÖ im Lin­zer Gemein­de­rat, war 1994 in die FPÖ ein- und 1997 wie­der aus­ge­tre­ten. Das kann natür­lich ein blö­der Zufall sein – so wie der Zeit­punkt sei­nes zwei­ten Par­tei­ein­tritts 2005.

Die Jah­re 1997 und 1998 zäh­len sicher zu den tur­bu­len­tes­ten Jah­ren in der jün­ge­ren FPÖ-Geschich­te. In etli­chen Bun­des­län­dern gab es schwe­re Kri­sen und Aus­ein­an­der­set­zun­gen, wobei die Fron­ten nicht nur zwi­schen Moder­ni­sie­rern und Deutsch­na­tio­na­len ver­lie­fen. Die größ­te Kri­se des Drit­ten Lagers gab es aller­dings im Jahr 2005, als sich Jörg Hai­der und etli­che Spit­zen­funk­tio­nä­re von der FPÖ ver­ab­schie­de­ten und das BZÖ grün­de­ten. In eini­gen Bun­des­län­dern ist die Lage auch Mona­te nach der Abspal­tung völ­lig unüber­sicht­lich. In Ober­ös­ter­reich exis­tie­ren etwa bis zum Jahr 2006 die FPÖ, das BZÖ und eine eigen­stän­di­ge Lan­des­or­ga­ni­sa­ti­on FPÖ OÖ nebeneinander.

Der Lan­des­ob­mann der FPÖ OÖ, Gün­ther Stein­kell­ner, wird von der Bun­des­par­tei FPÖ unter Stra­che und dem dama­li­gen Gene­ral­se­kre­tär Karl­heinz Kle­ment aus­ge­schlos­sen und zur Ein­be­ru­fung eines Eini­gungs­par­tei­tags auf­ge­for­dert. Als inte­ri­mis­ti­scher Lan­des­ob­mann der Stra­che-FPÖ wur­de zunächst Wer­ner Neu­bau­er ein­ge­setzt, bevor Lutz Wein­zin­ger den Laden übernahm.

Der Streit hat auch die Jugend­or­ga­ni­sa­ti­on der FPÖ, den Ring Frei­heit­li­cher Jugend (RFJ) erfasst. Wäh­rend auf Bun­des­ebe­ne mit Johann Gude­nus als Vor­sit­zen­dem und Niko­laus Amhof als Gene­ral­se­kre­tär die Ver­tre­ter eines stramm­rech­ten Kur­ses eine deut­li­che Mehr­heit haben, ist es in Ober­ös­ter­reich genau umge­kehrt. Ende April 2005 erklärt der RFJ OÖ sei­nen Aus­tritt aus dem RFJ.

Lutz Wein­zin­ger, ein stram­mer deutsch­na­tio­na­ler Bur­schen­schaf­ter, schil­dert die Situa­ti­on, die er als Lan­des­ob­mann der Stra­che-FPÖ bei der Par­tei­ju­gend vor­ge­fun­den hat, ziem­lich beschö­ni­gend in dem Buch von Nina Horac­zek und Clau­dia Reiterer:

Der RFJ Ober­ös­ter­reich ist im Jah­re 2005 von der Füh­rung her ins BZÖ über­ge­führt wor­den als ‚Gene­ra­ti­on Zukunft Öster­reichs‘. Die­ser RFJ, den hat es auf ein­mal nicht mehr gege­ben und wir haben einen neu­en RFJ auf­ge­baut. Inzwi­schen hat sich eine Grup­pe jun­ger Buben zusam­men­ge­tan, die haben gesagt, na, einen RFJ gibt’s nicht und wir sind rechts­ge­rich­te­te und rechts ste­hen­de Jugend­li­che und haben die­sen Bund frei­er Jugend gegrün­det. Aber nicht als Ver­ein, son­dern ein­fach so als lose Ver­ei­ni­gung. In die­ser losen Ver­ei­ni­gung, weil sie eben nicht ordent­lich im Griff war.“ (Nina Horaczek/Claudia Rei­te­rer, HC Stra­che. Ueber­reu­ter Ver­lag, Wien 2009, S. 186 f.)

Wor­über Wein­zin­ger da so locker und harm­los plau­dert, waren offen­sicht­lich kon­kre­te Gesprä­che und Ver­ein­ba­run­gen mit den Akti­vis­ten des neo­na­zis­ti­schen Bun­des frei­er Jugend (BfJ), der seit Anfang der 2000er-Jah­re in Ober­ös­ter­reich aktiv war. Für Wein­zin­ger waren sie „Dumm­lacks“, und es war für ihn „nicht so tra­gisch, was die da auf­ge­führt haben“ (Horaczek/Reiterer, S.187).

Die Kader des neo­na­zis­ti­schen BfJ haben ab 2005 den Wie­der­auf­bau eines an der Stra­che FPÖ ori­en­tier­ten RFJ OÖ mit­be­trie­ben und Funk­tio­nen in der Jugend­or­ga­ni­sa­ti­on, spä­ter dann auch in der FPÖ OÖ über­nom­men; dar­an ändert auch die Dar­stel­lung von Wein­zin­ger nichts:

[I]ch habe von vorn­her­ein klar­ge­stellt, die BfJ­ler kön­nen Mit­glied des RFJ wer­den, aber den BfJ, den gibt’s bei uns nicht. Dar­aus hat man kon­stru­iert, dass wir vom BfJ unter­wan­dert sind. Aber das wäre völ­lig falsch gewe­sen, weil der BfJ waren viel­leicht 25 Buben und der RFJ hat inzwi­schen an die 1000 Mit­glie­der in Ober­ös­ter­reich. (Horaczek/Reiterer, S.187)

Auch in ande­ren Bun­des­län­dern fan­den Rechts­extre­mis­ten und Neo­na­zis ihren Weg in die Jugend­or­ga­ni­sa­tio­nen der FPÖ, aber nir­gend­wo sonst war er so erfolg­reich wie in Ober­ös­ter­reich. Im Gegen­satz zu Wein­zin­gers Dar­stel­lung han­del­te es sich beim BfJ näm­lich nicht um eine lose Samm­lung von Buben, son­dern um eine ille­ga­le Kader­or­ga­ni­sa­ti­on, die in Küs­sels Manier stren­ge Mit­glie­der­lis­ten führ­te und eng mit der Akti­ons­ge­mein­schaft für Poli­tik (AfP) ver­bun­den war. Wie gut die BfJ-Akti­vis­ten im RFJ ver­an­kert waren, wur­de dann durch die Erkennt­nis­se des par­la­men­ta­ri­schen Unter­su­chungs­aus­schus­ses über Abhör- und Beein­flus­sungs­maß­nah­men sicht­bar, die in die­ser par­la­men­ta­ri­schen Anfra­ge zusam­men­ge­fasst sind.

2005 war also nicht nur das Jahr des neu­er­li­chen Ein­tritts von Sebas­ti­an Mül­leg­ger, der jetzt schon Ort­ner hieß, in die FPÖ, son­dern auch das Jahr, in dem eini­ge „Dumm­lacks“ (Wein­zin­ger) vom BfJ in den RFJ ein­tra­ten und Funk­tio­nen über­nah­men, die sie spä­ter zu wei­te­ren Funk­tio­nen in der FPÖ führten.

➡️ FPÖ: Wer ist der nächs­te? (I)
➡️ 
FPÖ: Wer ist der nächs­te? (II)