Der tiefe Fall eines freiheitlich Resozialisierten

Der Besuch des Presse­fests der NPD im Jahr 2006 gab ihm den Rest: Seit gestern ist Sebas­t­ian Ort­ner nach wieder­holten Rück­tritts­forderun­gen wed­er Klubob­mann der FPÖ im Linz­er Gemein­der­at noch FPÖ-Mit­glied. Tags zuvor hat­te der Lan­deschef der FPÖ OÖ, Man­fred Haim­buch­n­er, noch um eine Chance für die Resozial­isierung Ort­ners gewor­ben. Von wegen Jugend­sünde und mit­tler­weile zum überzeugten Demokrat­en gereift!

Das Presse­fest der NPD ist ein­er der größten Aufmärsche von Neon­azis in Deutsch­land. Tausende Neon­azis haben sich am 5. August 2006 in Pap­pritz (Dres­den) ver­sam­melt, um Ansprachen ihrer Ober­nazis zu lauschen. Zu hören waren etwa Hol­ger Apfel, Frak­tion­sob­mann der NPD im säch­sis­chen Land­tag, und der mit­tler­weile verblich­ene Nazi und Rassenide­ologe Jür­gen Rieger, der ein­mal mehr Hitler lobte und gegen Schwarze hetzte.

Auf dem Pro­gram­mzettel standen u.a. Gigi & die braunen Stadt­musikan­ten, der braune Barde Frank Ren­nicke und ein­er, den die Neon­azis verehren wie einen Hal­b­gott: der Öster­re­ich­er Her­bert Schweiger, ein Alt­nazi der Leib­stan­darte-SS Adolf Hitler, der 2011 ver­starb, nach­dem er 2010 noch ein­mal eine Haft­strafe wegen NS-Wieder­betä­ti­gung kassiert hat­te. Es war also ein run­dum braunes Fest, bei dem auch Sebas­t­ian Ort­ner, der seit 1988 seine Kon­tak­te in die Neon­azi-Szene abge­brochen haben will, zuge­gen war. „Wir sind aus anderem Holz geschnitzt“, brüllte ein Red­ner dem braunen Pub­likum zu.

Was hat sich Ort­ner dabei gedacht? „Ich bin damals ein­ge­laden wor­den und wollte mir ein­fach ein Bild von der Ver­anstal­tung machen“, erk­lärte er jet­zt dem „Kuri­er“, der ihn zu dem bish­er ver­schwiege­nen Nazi-Fest befragte. Aus­gerech­net er brauchte noch ein Bild von grölen­den Neonazis?

2006 war Ort­ner wed­er Gemein­der­at noch Klubchef, son­dern ein ein­fach­es FPÖ-Parteim­it­glied. Ange­blich seit 2005, obwohl er auch schon vorher zwis­chen 1994 und 1997 als Mül­leg­ger, wie der „Stan­dard“ her­aus­ge­fun­den hat, Mit­glied war. Wie kommt man als frischge­back­enes FPÖ-Mit­glied zu ein­er Ein­ladung mit „inni­gen Umar­mungen“ (Kuri­er) durch Hol­ger Apfel? Wer war da noch dabei? Wer hat die Ein­ladung ver­mit­telt? Der Schweiger-Verehrer Andreas Thier­ry vielle­icht oder die BfJ-Kam­er­aden Mag­net und Hönig, mit denen Sebas­t­ian Ort­ner Jahre später geschäftlich zu tun hatte?


Mül­leg­ger alias Ort­ner und die neon­azis­tis­che „Heimatver­bun­dene Jugend” in den Jahren 1991 und 1992, mit dabei auch ein Abend mit dem ehe­ma­li­gen SA-Sturm­führer und Mit­glied der NSDAP und späteren VdU/F­PÖ-Poli­tik­er Otto Scrinzi

Ort­ners Neon­azi-Ver­gan­gen­heit endete nicht 1988. Das haben wir schon gestern mit Küs­sels Kon­tak­tliste aus dem Jahr 1991, Ort­ners Aktiv­ität in der Heimatver­bun­de­nen Jugend – Kam­er­ad­schaft Linz und seinen Auftrit­ten beim Dichter­stein Offen­hausen 1989 und 1995 beschrieben.

Der Fall Ort­ner ist nicht zufäl­lig. Das Neon­azi-Prob­lem ist endemisch bei der FPÖ, der Partei der Resozialisierten.