Ein Burschenschafter und sein krauses Geschichtsbild

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Ein öster­rei­chi­scher Bur­schen­schaf­ter bewirbt sich um eine Pro­fes­sur in Ber­lin. Rein­hard Kien­ber­ger, Mit­glied der pen­na­len Ver­bin­dung „Anton Wall­ner in Saal­fel­den” und der deut­schen Bur­schen­schaft „Ober­ös­ter­rei­cher Ger­ma­nen in Wien” ist ein erfolg­rei­cher Phy­si­ker. Sei­ne poli­ti­schen Stel­lung­nah­men sind aller­dings ziem­lich ein­deu­tig. Der ASTA an der Tech­ni­schen Uni­ver­si­tät Ber­lin lehnt Kien­ber­ger des­halb ab.

Rein­hard Kien­ber­ger hat sich in einem Inter­view mit der Zeit­schrift „Echo Salz­burg” im Jahr 2009 geoutet. Das Inter­view erschien als Ver­such einer Replik auf einen „Echo“-Beitrag über das „Netz­werk der Bur­schen­schaf­ten“ in Salz­burg, für den der Autor spä­ter den „Alfred Worm“-Preis erhielt.

Das Inter­view mit Kien­ber­ger erschien nicht voll­stän­dig, weil Kien­ber­ger auf der Strei­chung von Pas­sa­gen über Her­wig N. und Hel­mut G., bei­de eben­falls Bur­schen­schaf­ter bei der pen­na­len Ver­bin­dung „Anton Wall­ner”, bestand. Die bei­den, Her­wig Nacht­mann und Hel­mut Golo­witsch wer­den auf der Sei­te „Kel­ler­na­zis in der FPÖ” knapp, aber infor­ma­tiv beschrieben.

In dem Inter­view bezeich­net sich Kien­ber­ger als „deutsch­na­tio­nal“, aber nicht rechts­extrem oder rechts­ra­di­kal. Fast im glei­chen Atem­zug beschimpft er aber in der Dik­ti­on von FPÖ und Rechts­extre­men das Doku­men­ta­ti­ons­ar­chiv des öster­rei­chi­schen Wider­stan­des (DÖW) als „Pri­vat-Sta­si“. An ande­rer Stel­le bezeich­net er Wal­ter Nowot­ny, den Kriegs­hel­den der Nazis, Bur­schen­schaf­ter, Mit­glied der Hit­ler-Jugend und NSDAP-Mit­glied als einen, der „sich nichts zu Schul­den“ hat kom­men las­sen. Die NSDAP lehnt Kien­ber­ger ab, weil sie für ihn nicht „natio­nal“ war:

Ich weiß, dass vie­le Leu­te im Natio­nal­so­zia­lis­mus gehofft haben, ihre natio­na­len Ideen zu ver­wirk­li­chen. Ich als natio­na­ler Mensch leh­ne ihn aber auch des­we­gen ab, weil der Natio­nal­so­zia­lis­mus eben nicht natio­nal war. Wenn man sich ansieht, was die NS-Regie­rung mit Süd­ti­rol auf­ge­führt hat, dann ist das ent­schie­den nicht natio­nal, und noch viel schlim­mer, man hat gegen­über ande­ren Völ­kern einen Chau­vi­nis­mus ver­tre­ten, den ich als natio­na­ler Mensch ein­fach ent­schie­den ablehne.

Da kommt man dann schon ziem­lich ins Grü­beln bei die­sem Geschichts­bild! Die flo­ckig locke­re For­mu­lie­rung, wonach die Nazis gegen­über ande­ren Völ­kern bloß einen Chau­vi­nis­mus ver­tre­ten hät­ten, wird wohl weder dem Holo­caust noch dem Angriffs­krieg der Nazis auch nur ansatz­wei­se gerecht.

Die Bur­schen­schaft „Ober­ös­ter­rei­cher Ger­ma­nen”, der Kien­ber­ger als Alter Herr eben­falls ange­hört, hat sich in den jüngs­ten Aus­ein­an­der­set­zun­gen inner­halb der Deut­schen Bur­schen­schaft (DB) als Antrag­stel­le­rin zum „Arier­pa­ra­gra­fen“ eben­falls auf der Sei­te der rech­ten Hard­li­ner von der Bur­schen­schaft­li­chen Gemein­schaft (der die „Ober­ös­ter­rei­cher Ger­ma­nen“ auch ange­hö­ren) ausgezeichnet.

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dradio.de — Zwi­schen Leh­re und Burschenschaft
alfred-worm-preis.at — Das Netz­werk der Salz­bur­ger Bur­schen­schaf­ten (pdf)
burschenschafterpacktaus.wordpress.com — Buxen-Pro­fes­sor in Ber­lin: Twit­ter-Sturm wegen eines österr. Bur­schen­schaf­ters an der TU
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