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Nazi-Leaks (III): Die komplexen Kunden von Thor Steinar

Die Moti­ve, Kla­mot­ten von Thor Stei­nar zu bestel­len bzw. zu tra­gen, wur­den schon vom Ver­fas­sungs­schutz Bran­den­burg aus­führ­lich dar­ge­stellt. Einen gibt es aller­dings, der will gar nicht bestellt, son­dern nur einen News­let­ter erhal­ten haben: Mathi­as Veni­er, Nach­fol­ger von Wer­ner Königs­ho­fer für die FPÖ im Natio­nal­rat. Mitt­ler­wei­le wer­den die Öster­rei­che­rIn­nen unter den Thor Stei­­nar-Fans immer mehr. An […]

7. Jan 2012

Mathi­as Veni­er, frisch­ge­ba­cke­ner FPÖ-Abge­ord­ne­ter, hat sich nach dem ers­ten nicht ganz gelun­ge­nen Erklä­rungs­ver­such auf die Angriffs­tak­tik ver­legt: Da braucht man nicht mehr erklä­ren, wie und war­um man einen News­let­ter erhält, den man gar nicht bestellt hat. „Ich bekom­me aber ihren News­let­ter, wie auch von ande­ren der­ar­ti­gen Anbie­tern”, erklärt er zunächst dem Stan­dard.

Wird er noch irgend­wann erklä­ren, von wel­chen ande­ren „der­ar­ti­gen“ Anbie­tern er mit News­let­tern über­schwemmt wird? Ver­mut­lich nicht, denn mitt­ler­wei­le ist ihm ein­ge­fal­len, dass die gan­ze Akti­on „der Ver­such eines into­le­ran­ten und gegen Mei­nungs- und Gesin­nungs­frei­heit auf­tre­ten­den links­extre­men Netz­wer­kes“ (OTS-Aus­sendung der FPÖ) ist. Der tat­säch­li­che Skan­dal liegt für ihn im Dieb­stahl elek­tro­ni­scher Daten und weil die Medi­en auch noch dar­über berich­ten, beklagt er den „Ver­fall der Medi­en-Kul­tur“. Keck meint Veni­er: Das Geschäft ist nicht ver­bo­ten, der Kauf sei­ner Pro­duk­te auch nicht, also braucht sich nie­mand, der dort kauft, vor irgend­wem zu rechtfertigen.“

Zur Krö­nung ein Satz, der von Kickl stam­men könn­te: „Veni­er hält wei­ter fest, dass es tri­vi­al und unse­ri­ös sei, Schlüs­se auf das umfas­sen­de Gesamt­kon­strukt eines kom­ple­xen Welt­bil­des bzw. einer Gesin­nung auf­grund des Tra­gens einer bestimm­ten Beklei­dungs­mar­ke zie­hen zu wol­len.“ (FPÖ-OTS) Wow! Jetzt ste­hen wir schön beläm­mert da mit unse­rem tri­via­len Ver­such, aus der Kom­bi­na­ti­on von Bestell­vor­gang bei Thor Stei­nar und Mail­adres­se auf das kom­ple­xe Welt­bild der Bestel­le­rIn­nen Rück­schlüs­se zu zie­hen. Wenn die Mail­adres­se etwa wer­wolf, natio­na­ler, sauf­ju­gend, 88, 1488, 1888, frei­heit­li­che-jugend, gladiator18, snei­per-88 usw. ent­hält, dann ist noch lan­ge nicht das kom­ple­xe Welt­bild der Bestel­le­rIn­nen erschlos­sen, folgt man Venier!

Dabei hat er inso­fer­ne sogar Recht, als nicht jeder Neo­na­zi eine Mail­adres­se mit Nazi­codes ver­wen­det. Die Jungs vom Bund frei­er Jugend (BfJ ), Ste­fan M., Mar­tin M. und Mario R. ver­zich­ten auf Codes, nur Roman G. kann sich den Hin­weis „natio­na­ler linz“ nicht ver­knei­fen. Auch Karl­heinz B., ein beson­ders hef­ti­ger Neo­na­zi, ver­steckt sich hin­ter einer tri­via­len .com-Adres­se! Ja, und die Frei­heit­li­chen unter den Bestel­lern von Kla­mot­ten oder News­let­ter: Wer wür­de den Bezirks­rä­ten Hel­wig L. oder Her­wig G., dem Gemein­de­rat Gün­ther B., der RFS-Kan­di­da­tin Sig­rid G., der FPÖ- Refe­ren­tin Vere­na R. ihr kom­ple­xes Welt­bild abspre­chen wol­len? Nur wegen eines News­let­ter oder eines Lei­berls? Selbst ein­schlä­gig Ver­ur­teil­te wie Harald K. oder frü­he­re VAPO- Leu­te und Paint­ball- Part­ner von HC haben doch das Recht auf ein unschul­di­ges Runen­lei­berl samt kom­ple­xer Gesinnung!

Und was ist mit den vier Poli­zis­ten, die via Dienst­mail bei Thor Stei­nar geor­dert haben? Her­bert Anderl, Gene­ral­di­rek­tor für die Öffent­li­che Sicher­heit, betont gegen­über der ZIB 24 am 5.1.2012, dass das Bestel­len nicht ver­bo­ten sei, meint dann aber: „Wir haben sehr inten­siv mit die­sen Kol­le­gIn­nen gespro­chen und ihnen das ver­an­schau­licht und auch die erfor­der­li­chen dienst­recht­li­chen Maß­nah­men gesetzt“. Als der ORF-Redak­teur nach­fragt: Das wären?“, kommt die etwas ver­schwur­bel­te Prä­zi­sie­rung: „Ääähhh … Sie kön­nen ver­si­chert sein, dass es sehr nach­hal­ti­ge Beleh­run­gen gab. Mehr möch­te ich nicht sagen, da die Namen die­ser Kol­le­gen bekannt sind.“

Ob sich die dienst­recht­li­chen Maß­nah­men und Beleh­run­gen auch auf pri­vat bestel­len­de Pol­zis­ten bezie­hen bzw. auf Poli­zis­ten, die bei ein­deu­tig rechts­extre­men Orga­ni­sa­tio­nen unter­wegs sind, wer­den wir auch noch erfah­ren oder eben erfra­gen müssen.

Das nächs­te Mal etwas mehr über die Kun­den vom „Odin-Ver­sand“. Es könn­te ja sein, dass auch dort noch Per­so­nen mit kom­ple­xem Welt­bild auftauchen.

➡️ Nazi-Leaks (I): ein FP-Abge­ord­ne­ter und die Poli­zei dabei
➡️ Nazi-Leaks (II): Thor Stei­nar: Sze­ne­ty­pi­sche Polizisten?
➡️ Nazi-Leaks (IV): Die tri­via­len Kun­den von Odin

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