Gleich zu Beginn der Verhandlung versucht der Verteidiger die vielen Schüler*innen einer gymnasialen Oberstufe, die die Schwurgerichtsverhandlung mit ihren Lehrer*innen besuchen, wieder nach Hause zu schicken, indem er den Ausschluss der Öffentlichkeit fordert. Für seinen Mandanten sei das Risiko der sozialen Ächtung und von Einblicken in höchst persönliche Lebensbereiche gegeben.
Der Antrag der Verteidigung wird vom Richtersenat abgelehnt. Gerade bei Prozessen zum NS-Verbotsgesetz sei die Öffentlichkeit wichtig – dem ist vorbehaltlos zuzustimmen! Zuvor war schon die Anklage vorgetragen worden, in der von den vielen Nazi-Tattoos, etlichen NS-Devotionalien und seinen Bestellungen beim schwedischen Midgård-Versand die Rede war.
Wer bei Midgård bestellt, will Nazi-Dreck und bekommt ihn auch. 2023 öffnete schwedische Antifa in einem großen Hack die Konten und auch die Strukturen des Midgård-Versandes, seine enge Verbindung zur (neonazistischen) Nordischen Widerstandsbewegung. Aus Österreich fanden sich 277 Bestellungen von insgesamt 61 Personen. Führend zeigte sich die Steiermark mit 19 Besteller*innen, von denen die meisten schon auf den ersten Blick der Neonazi-Szene zuordenbar waren. Der Oststeirer Herbert Z. war einer von ihnen.

Der Midgård-Versand ist aber nicht nur 2023 gehackt worden, sondern auch schon 2017. Das spricht nicht unbedingt für den Kundenservice des Nazi-Versands. Herbert Z. bestellt offensichtlich gerne bei gehackten Versandhäusern, denn als Ende 2009 Kundendaten des Thor-Steinar-Versands auftauchten, war Herbert Z. ebenfalls darunter.
Herbert Z. hat einige Runen, aber auch andere Nazi-Symbole auf verschiedenen Körperteilen: Hakenkreuz auf der rechten Brust, eine schwarze Sonne am linken Ellbogen, eine Odalrune auf der rechten Schulter, eine Triskele am rechten Arm. Dazu noch „Blood & Honour“ am Bauch, „KKK“ für Ku-Klux-Klan auf der rechten Schulter. Es ist ziemlich dicht gedrängt auf Herbert Z.s Oberleib, den er auch öffentlich präsentiert hatte.
Darum geht’s dann auch in der Anklage. Die Hausdurchsuchung, die bei ihm 2024 durchgeführt wurde, ist im Nachhinein für unzulässig erklärt worden, da der Verfassungsschutz gepfuscht hatte. Die bei Z. gefundenen Gegenstände durften jedoch zur Beurteilung durch das Gericht herangezogen werden.
Die Antifa und das Gericht
Herbert Z., der seit langer Zeit bestens in der Grazer Nazi-Hooligan-Szene verankert ist, auch bei Pegida und der „Partei des Volkes“ aktiv war, gab bei seiner Befragung das Unschuldslamm. Das Hakenkreuz auf seiner Brust? Nur ein Glückssymbol, auch die Odalrune soll ihm nur Glück bringen und etwas Schutz.
Den hätte er schon früher gebraucht, vor der schwedischen Antifa zum Beispiel. Bei der schwingt sich Herbert Z. zum Ankläger auf: Die Antifa habe den Webshop von Midgård gehackt und auch Pegida, da müsse er in den Raum stellen, dass das Gericht mit der Antifa zusammenarbeite. Schuld daran, dass er sich jetzt vor Gericht verantworten muss, hat also nicht Z., sondern die Antifa.
Zur Sprache kommt auch noch seine üppige Sammlung von einschlägigen CDs. Die sammle er seit 20 Jahren, habe die Musik aber schon lange nicht mehr ab- und auch niemandem vorgespielt. Einem beisitzenden Richter fällt dazu ein, dass Leute wie Herbert Z. draußen „immer laut und zornig“ seien, „im Gerichtssaal aber herumeieiern, wie man es noch nie gesehen hat“.
Eine Schuldeinsicht kommt vom Angeklagten nicht. Als Schlusswort meint Z., dass er nicht wisse, was er sagen solle, verweist auf die Erklärung seines Verteidigers und auf die achtjährige Tochter, für die er Verantwortung trage.
Die Geschworenen sind sich bei der Schuld einig. Die Strafe fällt milde aus: acht Monate bedingt und eine unbedingte Geldstrafe von 360 Tagsätzen zu 5 Euro, ersatzweise 180 Tage Ersatzfreiheitsstrafe. Der Angeklagte will seine Bedenkzeit nutzen, das Urteil war daher zu Prozessende noch nicht rechtskräftig.
Danke an prozess.report für die Prozessbeobachtung!