Die Pressemitteilung des BfV zur Hochstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ ist knapp, enthält aber einige wesentliche Anknüpfungspunkte, die dann auch in Medien erläutert wurden. Die konservative „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (3.5.25) schreibt:
Weiter war zu erfahren, dass der ethnisch-abstammungsmäßige Volksbegriff, den das Gutachten der Partei attestiert, unter anderem festgemacht wird an Begriffen wie „Passdeutsche”, Chiffren wie „Großer Austausch” und „Umvolkung” für einen angeblich gesteuerten Prozess der Verdrängung ethnisch Deutscher und der Verwendung von Tiermetaphern — mit Fokus auf invasive Arten — im Zusammenhang mit Migration. Fremdenfeindlich seien etwa in der Partei verbreitete Ausdrücke wie „Messermigranten” und die wiederholte Forderung nach „millionenfacher Remigration“.
Was bedeutet die Hochstufung?
De Einstufung als gesichert rechtsextremistisch erleichtert dem Verfassungsschutz vor allem den Einsatz nachrichtendienstlicher Maßnahmen zur Überwachung der AfD.
Andere Rechtsfolgen für die AfD sind nach dieser Einstufung denkbar, aber nicht zwingend damit verbunden:
- Parteifinanzierung: nach Artikel 21 (3) des deutschen Grundgesetzes ist es möglich, „Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen (…)”, von der staatlichen Finanzierung auszuschließen. Das ist bei der Partei „Die Heimat“ (früher NPD) für die Dauer von 6 Jahren vom Bundesverfassungsgericht 2024 https://www.parlament.gv.at/fachinfos/rlw/Deutschland-Keine-Finanzierung-fuer-verfassungsfeindliche-Partei so entschieden worden.
- Keine staatliche Finanzierung für die politische Bildungsarbeit: Das Stiftungsfinanzierungsgesetz erfordert, dass Stiftungen der Parteien (in Österreich die Parteiakademien) „aktiv für die freiheitlich-demokratische Grundordnung“ eintreten müssen. Die AfD hat schon bisher für die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung keine Finanzierung erhalten – mit der jetzt festgestellten rechtsextremistischen Ausrichtung ist das faktisch ausgeschlossen.
- Parteiverbot: Anders als in Österreich gibt es in Deutschland ein Verfahren, das das Verbot von Parteien, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährden oder beseitigen wollen, auf Antrag von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung durch das Bundesverfassungsgericht ermöglicht. In der Geschichte Deutschlands gab es bisher zwei Parteiverbote: die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) und die neonazistische Sozialistische Reichspartei (SRP) wurden 1956 bzw. 1952 verboten. 2001 und 2017 scheiterten Parteiverbotsanträge gegen die NPD.
In Österreich ist auf der Grundlage des Verbotsgesetzes (vor allem § 3a) die Neubildung der NSDAP oder einer ihrer Organisationen verboten bzw. unter schwere Strafandrohung gestellt. Ein Verfahren zum Verbot extremistischer Parteien ist in Österreich gesetzlich nicht vorgesehen.
Auch andere Maßnahmen wie der Entzug von Grundrechten (für Einzelpersonen) oder ein Beschäftigungsverbot im Öffentlichen Dienst (Berufsverbot) sind aufgrund der Einschätzung des BfV denkbar, erfordern aber Einzelfallprüfungen und ‑entscheidungen.
FPÖ und AfD: ein Vergleich
Gesichert scheint, dass die Kriterien, die das BfV für seine Einstufung der AfD als rechtsextremistische Partei anwendet, auch auf die FPÖ zutreffen. Die „Umvolkung“ hat Andreas Mölzer schon vor vielen Jahren FPÖ-salonfähig gemacht, das Bekenntnis zur „deutschen Volks‑, Kultur- und Sprachgemeinschaft“ ist im Parteiprogramm der FPÖ (2011) neu festgeschrieben worden, die „Minuszwanderung“ wurde durch die noch eindeutigere Forderung nach „Remigration“ abgelöst und von Parteichef Kickl höchstpersönlich bestätigt.
Auch die Denunzierung Geflüchteter als „Messermigranten“ ist uns nicht erspart geblieben. Gernot Darmann, Sicherheitssprecher der FPÖ im Nationalrat, erklärte erst vor kurzem: „Diese unkontrollierte Massenmigration war gerade in letzten Jahren auch eine Messermigration, ein Import von Gewalt, Kriminalität und auch Terrorismus.“ (FPÖ-Presseaussendung, 5.3.25). Der Unterschied zu Deutschland? In Österreich regt sich kaum noch jemand darüber auf. Auch darüber nicht, dass etwa die FPÖ Tirol sich knapp vor Weihnachten 2024 eine „Remigration! Millionenfach!“ über die Sozialen Medien wünschte.
Gemessen an seinen Kriterien, müsste der deutsche Verfassungsschutz die FPÖ mit Sicherheit als rechtsextrem einstufen.
Update 7.5.25: Die deutsche Transparenzplattform „Frag den Staat” hat Teile aus dem Gutachten des Verfassungsschutzes veröffentlicht: „Hier sind die ersten Belege zur Verfassungsfeindlichkeit der AfD”
Zecken und andere Parasiten in der FPÖ
FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker stieß am 25. April im Zuge der Nationalratsdebatte zum Rechtsextremismusbericht des DÖW während der Rede des Grünen Lukas Hammer als Zwischenruf aus: „Dürfen die Zecken alles?“ (vorläufiges Stenographisches Protokoll, 25.4.25) FPÖ-Obmann Herbert Kickl beschimpfte in seiner Rede zum 1. Mai den SPÖ-Vorsitzenden Andreas Babler als „linke Zecke“. Beide folgten damit einem Sprachgebrauch, der ausschließlich in rechtsextremen Kreisen verbreitet ist, um Andersdenkende, vor allem Linke, zu diffamieren.
Die Abwertung von Menschen als Parasiten haben schon die Nationalsozialisten benutzt, um Juden und Jüdinnen zu dehumanisieren. Hitler schrieb in „Mein Kampf“ über „den Juden“:
Er ist und bleibt der typische Parasit, ein Schmarotzer, der wie ein schädlicher Bazillus sich immer mehr ausbreitet, sowie nur ein günstiger Nährboden dazu einlädt. Die Wirkung seines Daseins aber gleicht ebenfalls der von Schmarotzern: wo er auftritt, stirbt das Wirtsvolk nach kürzerer oder längerer Zeit ab.
Dieses Bild hatte wohl auch eine niederösterreichische FPÖ-Funktionärin 2015 im Kopf, als sie Geflüchtete als Parasiten beschimpfte und anfügte, dass zu viele Parasiten den Wirt töten würden. Sie und Kickl sind aber nicht die einzigen in der FPÖ, die Metaphern mit Parasiten benutze. Unter Blauen wimmelt es geradezu von Sprachbildern, in denen Arbeitslose als „Wohlstandsparasiten“ oder „Sozialschmarotzer“, politische Gegner als „Volksschädlinge“, die Regierung als „Parasiten“ oder „Schmarotzer“ bezeichnet werden.