Immer wieder bedingte Entlassungen
Seit mindestens 2009 hatte der 59-jährige, aus Zwettl stammende Innvierter Erwin H. Kontakt in die Neonazi-Szene. Er war bereits der Waffendealer des „Objekt 21“, kam damals aber wie viele andere Beteiligte unbeschadet, nämlich straffrei davon. Begonnen hatte H. seine kriminelle Karriere bereits als 25-Jähriger mit einem Einbruchdiebstahl, danach folgten bereits Delikte nach dem Waffen- und Kriegsmaterialgesetz. Bis 2014 waren es sechs Vorstrafen, nach den allermeisten Verurteilungen wurde er bedingt entlassen. Warum, weiß wohl nur die Justiz, nachvollziehbar ist es von außen nicht. Auch nicht, dass H. nach seiner Verurteilung 2023 (Suchtgifthandel) erneut bedingt entlassen wurde, um direkt wieder in die Untersuchungshaft zu wandern.
Auf H. stieß man im Zuge von Ermittlungen gegen den früheren Objekt 21-Boss Manuel „Speedy“ S.. Der wurde, nachdem der Deutsche Dennis M. an der Grenze nach Deutschland mit Waffen im Auto abgefangen worden war, überwacht. „Speedys“ Kontakte zu H. wurden dem Angeklagten zum Verhängnis. Die Razzien im Juni 2023 („Bandidos-Komplex“) förderten bei H. ein Waffenarsenal und NS-Devotionalien zu Tage. Die Ermittlungen zu den Waffen dauern noch an.
Keine Distanzierung vom NS
Am 27. Februar ging es im Landesgericht Ried nur um die Delikte nach dem Verbotsgesetz. Bei den Hausdurchsuchungen wurden in seinem Elternhaus in Zwettl und an anderen Orten im Innviertel zahlreiche NS-Devotionalien gefunden, darunter „Hitler-Wein“, Hakenkreuze in diversen Ausformungen, Fotografien, Büsten, Bücher, Abzeichen und viele weitere Nazi-Relikte. Der Angeklagte habe geplant, mit seinen Devotionalien in Zwettl ein privates NS-Museum einzurichten, lautete ein Vorwurf. Ein anderer: Vor dem Elternhaus hatte er zusammen mit seinem Vater eine riesige „Schwarze Sonne“ „von Pfuschern aus dem Ausland“ pflastern lassen, die jahrelang offenbar niemanden gestört hatte, obwohl sie selbst via Google Streetview zu sehen war.

Zudem wurden 127 Nazi-bezogene Inhalte auf seinen zehn beschlagnahmten Handys entdeckt. Seine Nachrichten, die zum Teil an einen größeren Kreis an Personen gingen – einige von ihnen werden ebenfalls vor Gericht erscheinen müssen –, enthielten jede Menge Adolf Hitler verehrende Sujets, aber auch direkte Vergleiche der Corona-Maßnahmen mit dem NS. Kurios: Angeklagt wurde auch ein von H. verschicktes Posting der antifaschistischen Doku-Initiative „democ“ zum neonazistischen „Tag der Ehre“ Budapest.
Erwin H. bekannte sich in keinem Punkt schuldig, zu den Vorwürfen äußerte er sich nur sporadisch. Sein Verteidiger ließ daher größere Teile aus dem Akt vorlesen, was sich vermutlich für seinen Mandanten nicht positiv ausgewirkt haben dürfte. Ob der Bezug auf René Schimanek, den seit wenigen Tagen ehemaligen Büroleiter von Walter Rosenkranz, und die einschlägigen Funde im Langenloiser Forsthaus geholfen hat, darf ebenfalls bezweifelt werden. Vom Nationalsozialismus mochte H. sich vor Gericht nicht distanzieren, obwohl er dies gegenüber seiner Bewährungshelferin, die ebenfalls vor Gericht aussagte, getan haben soll. Die erklärte die braunen Gegenstände mit seiner Sammelleidenschaft und dass H. nun durch die Situation sehr belastet sei.
Die Geschworenen gingen schließlich mit 54 Hauptfragen in die Beratungen und kamen nach drei Stunden mit einem sehr eindeutigen Schuldspruch zurück: Sie entschieden in 52 einstimmig auf schuldig, in der Frage, ob H. mit Devotionalien ein Museum in Zwettl geplant hatte, mit sechs zu zwei auf schuldig und nur in der Frage, die zwei gefälschte Geldscheine betraf, auf nicht schuldig. H. erhielt zwei Jahre unbedingt als Zusatzstrafe und wanderte wieder ins Gefängnis zurück. Die Staatsanwaltschaft legte sofort Berufung ein, der Verteidiger äußerte sich nicht. Damit ist das Urteil nicht rechtskräftig.
Gescheiterter Rettungsversuch
Um den braunen Schrott zu retten, legte der Verteidiger eine auf Französisch verfasste und mit dem Tag des Prozesses datierte Schenkungsurkunde vor. H. wollte die Devotionalien einem Museum im französischen Colmar überlassen. Der Richter wies das Schriftstück mit dem Hinweis „Ich kann kein Französisch“ kurzerhand ab. Damit wird H.s Sammlung vernichtet.
Wir danken prozess.report für die Prozessbeobachtung!