Begonnen hat der Prozess gegen die fünf Angeklagten bedauerlicherweise damit, dass sich der Staatsanwalt die Verlesung der zehnseitigen Anklageschrift erspart hat. Dass sie den Verteidigern, vor allem aber dem Staatsanwalt selbst geläufig ist – geschenkt! Aber was ist mit dem Publikum im Gerichtssaal?
Keine Bandidos, keine kriminelle Vereinigung?
Das durfte dann aus der Rede eines Verteidigers erfahren, dass in der ganzen Anklageschrift das wichtige Wörtchen „Bandidos“ ebenso wenig vorkommt wie der Vorwurf der kriminellen Vereinigung, der in einer Pressekonferenz und ‑mitteilung im Sommer 2023 in den Raum gestellt wurde, nachdem riesige Waffenlager und NS-Devotionalien entdeckt wurden.
35 Langwaffen, 25 Maschinenpistolen, 100 „normale“ Pistolen, Granatwerfer, 1.000 Waffenteile sowie 10.000 Schuss Munition und Nazi-Devotionalien wurden damals allein auf einem Bauernhof in Niederösterreich ausgehoben, dazu noch einiges an weiteren Fundorten im Innviertel. Den Ermittlungen, die zu diesem Waffenfund geführt haben, war ein Aufgriff an der Landesgrenze, bei Simbach in Bayern, vorausgegangen. Da wurde Ende November 2022 der deutsche Staatsbürger und „Bandido“ Dennis M. im Zug einer Routinekontrolle mit seinem PKW angehalten. Das doch einigermaßen überraschende Ergebnis der Kontrolle: sechs Maschinenpistolen, sechs Revolver, rund 1.500 Schuss Munition und eine geladene Pistole am Beifahrersitz – was ein „Bandido“ halt so mitnimmt von einem Besuch bei österreichischen Kameraden.
Während der schweigsame Dennis M. schon im Juli 23 vom Landgericht Landshut mit vier Jahren Haft abgefertigt wurde, hat es bis zum Februar 25 gedauert, bis sich vier seiner damaligen österreichischen Kameraden wegen Mithilfe beim illegalen Waffenexport und vier wegen Delikten nach dem Suchtmittelgesetz verantworten mussten.
Rätselhafte DNA-Spuren
Bei den Delikten nach dem Suchtmittelgesetz sind alle vier geständig, beim Waffenexport weisen vier Beschuldigte jede Schuld von sich. Wie seine DNA auf den bei M. sichergestellten Maschinenpistolen gefunden werden konnte, kann sich Haris D. (29), der Erstangeklagte, gar nicht erklären. Unser alter Bekannter, der Neonazi Manuel S. („Speedy“ (44) vom „Objekt 21“, hat natürlich auch keine Ahnung, wie sich seine DNA auf M.s Tasche, in der einige Waffen eingepackt waren, festsetzen konnte. „Speedy“ hatte zwei getrennte Prozesse schon hinter sich: nach dem Suchtmittelgesetz fasste er zwei Jahre unbedingt aus, und vom Vorwurf der Wiederbetätigung wurde er im Oktober 24 erstaunlicherweise freigesprochen.
Der nächste Neonazi aus der Runde, der sich den schmückenden Beinamen „Ungustlgwandl“ auf Facebook gegeben hat, hat sein FB-Konto von allen Erinnerungen an seine „Bandidos“-Ära geräumt – „Objekt 21“ und die NPD gefallen Manuel Ö. (42) aber noch immer. Eine Mitwirkung am Waffendeal bestreitet er ebenso wie Patrick B. (26). Der schafft auf seinem FB-Profil noch immer die fast schon kunstvolle Verschränkung zwischen seiner „Bandidos“-Kutte („Chapter Thun“) und dem dazwischen herauslugenden T‑Shirt mit der Inschrift „Bandidos“ und „NSDA“. Das „P“ darf man sich dazudenken.

Ein Urteil, vier Vertagungen
Der fünfte im Bunde, Peter P. (39), der 2023 auch schon in Untersuchungshaft gedunstet hat, ist der einzige, der am 10.2. bereits mit einem Urteil abgefertigt wird. Bei ihm wurde in der Hausdurchsuchung zwar ein Teleskop-Schlagstock gefunden, eine Beteiligung am Waffenexport von Dennis M. wurde ihm allerdings nicht vorgeworfen. Somit bleiben bei ihm der Schlagstock und Suchtmittel kleben, für die er sich auch ohne Einschränkung schuldig bekennt: neun Monate bedingt.
Bei den anderen vier Angeklagten geht die Verhandlung in die nächste Runde, nachdem sowohl Verteidiger als auch Staatsanwaltschaft neue Beweisanträge eingebracht haben. Was von dieser Verhandlung sicher in Erinnerung bleiben wird, ist der schöne Satz eines Verteidigers:
Das sind ein paar junge Männer, die haben eine gemeinsame Leidenschaft und zwar Motorradfahren, (…) wie bei Fußball (…) tragen meine Mandanten ihre Kutten, das ist nichts anderes. Die wollen einfach nur Motorrad fahren und schrauben. (Protokoll Prozessbeobachtung)
Der brisanteste Prozess
Die „Oberösterreichischen Nachrichten“ (11.2.25) wissen noch etwas:
Der wahrscheinlich brisanteste Prozess in der „Causa Bandidos” ist noch ausständig. Es geht dabei um einen 59-Jährigen, bei dem im Innviertel und Niederösterreich zahlreiche Waffen gefunden worden sein dürften. Der gebürtige, mehrfach vorbestrafte Waldviertler, der im Bezirk Braunau enge Kontakte zum Rotlichtmilieu haben soll, wurde vor rund einem Jahr bereits wegen Suchtgifthandel zu zwei Jahren unbedingter Haft verurteilt.
Gegen den Mann wurde Anklage wegen des Verbrechens nach dem Verbotsgesetz erhoben, der Prozess dürfte im Laufe der kommenden Wochen über die Bühne gehen. Zudem laufen gegen den Verdächtigen Ermittlungen nach dem Kriegsmaterial- und Waffengesetz. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Der Prozess gegen Erwin H. am 27.2., der eine Art Hauptangeklagter in der Causa Waffenfund von 2023 ist, wird mit Spannung erwartet. Erwin H. hat schon bei den Ermittlungen gegen „Objekt 21“ eine Rolle gespielt, weil er bereits damals als Waffendealer der Neonazis fungiert hat. Im Verlauf der Jahre hat er etliche Vorstrafen nach dem Waffengesetz kassiert, ohne dass ihm Gröberes passiert wäre. Über zehn Vorstrafen bringt H. mit, schreibt die „Kronen Zeitung“ (19.2.25) in einem Vorbericht zum Prozess. H.s Verteidiger gäbe sich, so die „Kronen Zeitung” zum Vorwurf der NS-Wiederbetätigung optimistisch, weil die Devotionalien-Sammlung, mit denen laut Anklage ein privates Nazi-Museum in Zwettl bestückt werden hätte sollen, nicht öffentlich zugänglich gewesen sein sollen.
Aus dem Artikel der „Kronen Zeitung“ geht nicht hervor, ob die riesige „Schwarze Sonne“ vor Erwin H.s Bauernhof, die sogar in Luftaufnahmen klar erkennbar war, in der Anklage eine Rolle spielt. Die war zweifelsohne für sehr viele sichtbar.
