Das Blau-Schwarze Ende und eine fragwürdige Schlusssequenz
Wien: Hafenecker pudelt sich auf
Wien: Staatsanwaltschaft will gegen Harald Stefan ermitteln
Wien: Anfrage an Rosenkranz und ein Antrag
Rechtsextremes Parteien-Stelldichein in Madrid
Teures Danaergeschenk für die AfD?
Das Schwarz-Blaue Ende und eine fragwürdige Schlusssequenz
Die geleakte Liste der Verhandlungspunkte und ‑Ergebnisse der krachend gescheiterten Regierungsverhandlungen haben einen ungefähren Ausblick darauf gegeben, was unter einer FPÖ-ÖVP-Regierung gedroht hätte. Dass die FPÖ auch den jüngst eingeführten Rechtsextremismusbericht abschaffen, den Verhetzungsparagrafen auf Aufrufe zu physischen Gewalttaten zusammenstampfen, Interessensvertretungen wie die ÖH demontieren, die Wissenschaft an die blaue Kandare nehmen, den ORF in der bisherigen Form zerschlagen, dafür die Medienförderung auf ihre Propagandamedien ausweiten wollte, der Passus „Keine Inserate in extremistischen Medien (etwa bei Gewaltaufrufen, Verstoß Strafrecht, etc.)“ auf Rot, weil von der FPÖ abgelehnt, gestellt war, Sprüche von internationalen Gerichtshöfen ausgehebelt werden sollten, sind nur wenige Aspekte aus dem Papier, die aber gut zeigen, wohin der Zug gefahren wäre: aufs Ende der Zweiten Republik hin zu einem autokratischen Staat Marke „Orbán“ oder gar Trump.
Dass Kickl, der den mehr als einen Monat dauernden Verhandlungen gerade einmal sieben Stunden beigewohnt haben soll, angesichts seiner autoritären Anwandlungen und des Scheiterns der Verhandlungen aufgrund von Postenfragen das „Macht- und Besitzstanddenken“ der anderen – sprich: der ÖVP – bejammerte, könnte, wenn es denn nicht so ernst wäre, glatt als Satire durchgehen.
Herbert Kickl, der zur TV-Primetime mit seinen beiden als stumme Deko hingesetzten Generalsekretären mehr als eine halbe Stunde lang zum Verhandlungsende filibustern durfte, beendete seine Suada mit der Schlusssequenz jeder Paulchen Panther-Folge: „Heute ist nicht alle Tage, ich komm wieder, keine Frage.“ Ob Absicht oder bloße Ignoranz: Der NSU hatte ein Bekennervideo mit der Melodie aus dem „Pink Panther“ hinterlegt und dem Ende der Verhöhnung seiner Mordopfer auch die Schlusssequenz der Zeichentrickreihe mit dem oben genannten Zitat angefügt.
Wien: Hafenecker pudelt sich auf
Eine „unerträgliche Welle des Hasses“ (OTS, 4.2.25) ortete der FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker im „Standard“-Forum und bei dem Journalisten Markus Sulzbacher nach Publikwerden des Todes von Johannes Hübner. Jene Partei, die den Verhetzungsparagrafen demontieren wollte, ist dann, wenn es um die eigene Opferinszenierung geht, so sensibel, dass sie Markus Sulzbacher Antworten anlastet, die der auf seinen Tweet erhalten hatte: „Sulzbacher selbst stören diese Hasskommentare offenbar nicht, sie sind nach wie vor seit gestern online und wurden nicht gelöscht“, pudelt sich Hafenecker auf. Dass auf Twitter Antworten nicht löschbar sind, stört ihn dabei nicht. Und erst recht nicht, dass seine eigene Facebook-Seite als tatsächlich unerträglicher Pool von gewaltdurchtränkten Hasskommentaren fungiert.
Die in seiner Presseaussendung zitierten Kommentare im Standard-Forum seien „ein einziger Schwall an Hass, Menschenverachtung und Unanständigkeit“. Als Beleg zitiert Hafenecker: „Die Welt ist sicher nicht schlechter geworden mit der Meldung“, meinte ein User, während sich ein anderer höhnisch mit einer „gesetzeskonformen Liederwahl beim Begräbnis“ über Hübners Ableben lustig machte.“
Wien: Staatsanwaltschaft will gegen Harald Stefan ermitteln
Die Staatsanwaltschaft Wien hat ein Auslieferungsersuchen gegen den FPÖ-Abgeordneten Harald Stefan gestellt, nachdem der beim inzwischen berühmt gewordenen FPÖ-Stammtisch in Simmering afghanische Flüchtlinge pauschal als „Gesindel“ diffamiert hatte, garniert mit der Behauptung, dass nur die problematischsten Personen nach Europa geschickt würden. Diese Äußerungen wurden von französischen Journalisten aufgezeichnet und führten zu einem Antrag auf strafrechtliche Verfolgung wegen Verhetzung. Die Staatsanwaltschaft argumentiert, dass Stefans Aussagen geeignet seien, die Gruppe der afghanischen Flüchtlinge in der öffentlichen Meinung herabzusetzen.
Da Stefan als Abgeordneter Immunität genießt, muss der Nationalrat einer strafrechtlichen Verfolgung zustimmen. Das Auslieferungsersuchen wird nun vom Immunitätsausschuss des Nationalrats geprüft. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Nationalrat Stefan ausliefert, ist allerdings gering, da die Aussagen im Rahmen seiner politischen Tätigkeit gemacht wurden und somit von der Immunität gedeckt wären. (Quelle: profil.at, 13.2.25)
Gegen Stefan wird nach seiner Teilnahme beim Begräbnis des Olympen Walter Sucher, wo „Wenn alle untreu werden“ abgesungen wurde, bereits wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Verbotsgesetz ermittelt.
Update 26.2.25: Wie erwartet, wird Stefan mit einem einstimmigen Beschluss des Nationalrats nicht ausgeliefert.
Wien: Anfrage an Rosenkranz und ein Antrag
Die Grünen haben eine parlamentarische Anfrage an den Nationalratspräsidenten Walter Rosenkranz zu dessen Büroleiter René Schimanek gerichtet. Hintergrund ist ein Bericht der „Zeit im Bild“, wonach gegen Schimanek ermittelt würde. Im Zuge der Razzien gegen die „Sächsischen Separatisten“ hatte auch eine Razzia im „Forsthaus“ an der Burgruine Kronsegg stattgefunden.
Bei der Hausdurchsuchung am 5. November im Kronsegger Forsthaus wurden laut Bericht auf krone.at neben einschlägigen NS-Gegenständen wie Devotionalien, Fotos und sogar Gemälden auch insgesamt 30 Kilogramm Munition beschlagnahmt. Bei den Tausenden Schuss handle es sich teils um Geschosse aus dem Zweiten Weltkrieg, aber auch neuwertige Munition. Zudem wurden demnach ein moderner Schalldämpfer und diverse taktische Ausrüstungsgegenstände bzw. „Uniformsorten“ wie militärische Westen sichergestellt.
Schimanek war an der Adresse hauptgemeldet und hatte sich kurz nach der Hausdursuchung umgemeldet. Er gab an, dort seit 2002 nicht mehr gewohnt und nur seine Eltern besucht zu haben. Rosenkranz sprach in einem Interview mit Ö1 (19.1.25) davon, Schimanek sei lediglich „ein Meldevergehen“ anzulasten, es sei vor 20 Jahren übersehen worden, „dass diese Hauptwohnsitzeigenschaft nicht geändert wurde“. Klar ist wohl, dass Schimanek 22 Jahre nach seinem Umzug just nach der Hausdurchsuchung auf die Idee gekommen ist, diese „Hauptwohnsitzeigenschaft“ zu ändern.
Lukas Hammer, Rechtsextremismussprecher der Grünen, will nun u.a. wissen, ob bei Schimanek eine Sicherheitsüberprüfung durchgeführt wurde, bevor er Büroleiter von Rosenkranz wurde, welche Maßnahmen Rosenkranz nach Bekanntwerden der Vorwürfe ergriffen hat, ob Rosenkranz überprüft hat,
ob Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter aus Ihrem Büro in Verbindung mit rechtsextremen oder neonazistischen Gruppen in Österreich oder Deutschland, insbesondere jenen, die im Verfassungsschutzbericht des Innenministeriums sowie im Österreichischen Rechtsextremismusbericht erwähnt werden, stehen.
In einer Presseaussendung (21.2.25) kritisiert Hammer scharf, dass sein Antrag auf eine Gesetzesänderung, die ermöglichen würde, dass nicht automatisch der Erste Nationalratspräsident mit dem Vorsitz im Kuratorium des Österreichischen Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus betraut wird, von Seiten der ÖVP und SPÖ vertagt wurde.
„Durch die heute im Ausschuss erfolgte Vertagung, kann über die von uns vorgeschlagene Gesetzesänderung nächste Woche nicht abgestimmt werden. Damit tragen SPÖ und ÖVP die Verantwortung dafür, dass Walter Rosenkranz weiterhin Vorsitzender des Kuratoriums des Nationalfonds bleibt. Gerade im Gedenkjahr 2025 — 80 Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus — habe ich für das Verhalten insbesondere von ÖVP und SPÖ nicht das geringste Verständnis“, erläutert Hammer.
Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) hat bereits im Dezember 2024 beschlossen, „dass das IKG-Präsidium an Sitzungen des Kuratoriums nur teilnimmt, wenn diese nicht von Walter Rosenkranz sondern dem Zweiten Präsidenten oder der Dritten Präsidentin geführt werden“. Wie es aussieht wird die IKG den Sitzungen also weiterhin fernbleiben.
Rechtsextremes Parteien-Stelldichein in Madrid
Als sich die rechtsextreme Elite der EU-Fraktion „Patrioten für Europa“ in Madrid getroffen hatte, zeichnete sich bereits ab, dass es mit einem rechtsextremen Kanzler in Österreich nichts werden würde. Herbert Kickl befand sich noch offiziell mit im Verhandlungsgeschehen und schickte nach Madrid nur eine Videobotschaft, in der er sich bestens gelaunt zeigte. Angelehnt am Trump-Wahlspruch „Make Europe great again“, versprachen sich die Parteienvertreter*innen zwar Einigkeit, die sich jedoch vorrangig gegen die EU richtete – wie das mit dem Großwerden angesichts von Trumps antieuropäischem Kurs aussehen könnte, wurde naturgemäß nicht skizziert.
Die versammelten Nationalisten und Rechten taten ihr Bestes, um Einigkeit im Angesicht eines gemeinsamen Feindes zu demonstrieren, aber gleichzeitig zu verschweigen, was sie schon heute trennt und was in Zukunft ihre Internationale unmöglich machen könnte, weil sie in ihren Grundannahmen widersprüchlich ist. So forderten sie alle die Schließung der europäischen Grenzen für Immigranten, die Verteidigung von Familie und Demokratie und den Sturz des Projekts des vereinten Europas. Aber sie schwiegen nicht nur zu Donald Trumps antieuropäischen Exkursen wie seiner Drohung, Zölle auf europäische Waren zu verhängen, sondern auch zur Bedrohung Europas und der europäischen Demokratien durch die imperialen Bestrebungen von Wladimir Putins Russland. (Gazeta Wyborcza via eurotopics.net, 10.2.25)
Hauptredner der Veranstaltung waren prominente Figuren der Rechtsaußenszene, darunter der spanische Vox-Vorsitzende Santiago Abascal, der ungarische Premierminister Viktor Orbán, die französische Politikerin Marine Le Pen und der italienische Vizepremier Matteo Salvini.
Es ist keineswegs neu, dass rechte Parteien von einer Rückkehr alter Zeiten träumen, in Madrid griffen sie gleich ins Mittelalter zurück und postulierten eine „Reconquista“, also die „Rückeroberung“ des damals islamischen Spaniens durch christliche Machthaber. Abascal bemühte die Rolle Europas als „Mauer gegen den Vormarsch des Islamismus“ und versprach, dass Spanien diese Rolle erneut übernehmen würde. Orbán lobte den spanischen Diktator Francisco Franco. Marine Le Pen träumte von einem Sieg bei den kommenden Präsidentschaftswahlen in Frankreich und lobte den Wahlsieg von Donald Trump als Zeichen für eine „Wiedergeburt Europas“.
Harald Vilimsky verkündete auf „X“ freudig: „Der Likud ist nun offiziell, mit einstimmigem Beschluss und sofortiger Wirkung bei unserem Patrioten-Kongress in Madrid als Observer in unserer Partei. Willkommen an Bord, Likud und Ministerpräsident @Netanyahu.“ Dem widersprach der der Likud-Politiker Ariel Bulshtein, der auch in Madrid teilgenommen hatte, jedoch deutlich. „Er wies in einem langen Statement darauf hin, dass der Likud schon ‚seit Jahren‘ ein ‚Beobachtermitglied‘ der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) sei und diese Organisation auch nicht verlassen wolle.“ (APA via oe24.at, 13.2.25)
Bulshtein kritisierte die FPÖ und hob die Schwedendemokraten als Beispiel hervor, die sich von ihrer Neonazi-Vergangenheit distanziert hätten. „Die FPÖ habe ‚noch keinen Weg gefunden, sich als echter Verbündeter Israels und der jüdischen Gemeinde in Österreich zu positionieren.“ (APA)
Teures Danergeschenk für die AfD?
Die Zutaten: eine verdeckte Parteispende eines österreichischen Ex-FPÖ-Politikers, ein Schweizer Multimillionär, ein seltsamer Club und die AfD. Aufgedeckt haben die seltsamen Vorgänge der „Standard“ und der „Spiegel“.
Über den ehemaligen Vorarlberger Landesgeschäftsführer der FPÖ, Gerhard Dingler, ist eine bemerkenswert hohe Spende an die AfD gegangen. 2,35 Millionen gingen in Form von Wahlplakaten als Unterstützung an die deutsche Rechtsaußen-Partei. Dingler soll dabei, so der Verdacht, als Strohmann für den deutsch-schweizerischen Immobilienmogul Henning Conle gedient haben.
Laut den Erkenntnissen der Behörden teilte Dingler im Dezember 2024 seiner Hausbank mit, dass er bald eine große Schenkung erwarte. Wenig später gingen 2,6 Millionen Euro von Dinglers Konto bei der Schweizer UBS auf sein Girokonto bei der Raiffeisenbank Montfort. Auf Anfrage der Bank legte Dingler eine Schenkungsurkunde vor, wonach das Geld von Conle stamme. (…)
Die Bank führte die Transaktionen durch, forderte von Dingler aber zusätzliche Dokumente – etwa die Bestätigung einer Finanzamtsmeldung sowie eine Bestätigung der UBS über die Mittelherkunft. Da beides ausblieb, wurde eine Geldwäscheverdachtsmeldung abgesetzt. Der Vorwurf der Geldwäsche ergibt sich, wenn Vermögen aus einer kriminellen Vortat stammt. Diese Vortat wäre das Vorlegen eines falschen Beweismittels, in diesem Fall die Schenkungsurkunde von Conle an Dingler. Sie wäre inhaltlich falsch, wenn das Geld eben nicht geschenkt, sondern mit dem Auftrag einer Weitergabe an die AfD überwiesen worden wäre. (derstandard.at, 19.2.25)
Conle, bekannt für seine hochumstrittenen Immobiliengeschäfte – auch in Österreich –, wurde bereits früher mit einer illegalen Parteispende an die AfD in Verbindung gebracht. Während die AfD jegliche Kenntnis von illegalen Vorgängen bestreitet, vermuten die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic, und der SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese ein illegales Finanzierungssystem zugunsten der AfD. Trotz der Vorwürfe beteuerte Dingler, dass das Geld aus seinem Vermögen stamme, und verweist auf einen nicht auffindbaren „Club der Freunde und Förderer von Frieden und Sicherheit“. Die Ermittlungen dauern an, der AfD droht, sollten sich die Vorwürfe bestätigen, eine Strafe in dreifacher Höhe der Spende, also rund sieben Millionen Euro. Und das für Plakate, mit deren Gestaltung die AfD unzufrieden gewesen sei.