WKStA beantragt Auslieferung des FPÖ-Chefs
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat am 6. November die Auslieferung von FPÖ-Chef Herbert Kickl beantragt, um gegen ihn wegen Verdachts auf falsche Beweisaussage im Untersuchungsausschuss zum „rot-blauen Machtmissbrauch“ zu ermitteln.
Hintergrund des Auslieferungsansuchens ist eine Sachverhaltsdarstellung, die der frühere ÖVP-Abgeordnete Andreas Hanger im Juli bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebracht hat. Darin wird Kickl vorgeworfen, als Auskunftsperson am 11. April im Untersuchungsausschuss zum „rot-blauen Machtmissbrauch” mehrfach die Unwahrheit gesagt zu haben. Dabei ging es unter anderem um die Klagenfurter Werbeagentur Ideenschmiede, Inseratengeschäfte und um Kickls Beziehung als Innenminister zum früheren FPÖ-Abgeordneten Hans-Jörg Jenewein. Die Sachverhaltsdarstellung Hangers begründe „den Anfangsverdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung”. (derstandard.at, 14.11.24)
Auslieferungsersuchen wegen des Verdachts auf Wiederbetätigung
Am 20. November traf das Ansuchen der Staatsanwaltschaft Wien um Aufhebung der parlamentarischen Immunität jener drei FPÖ-Nationalratsabgeordneten ein, die bei dem Begräbnis des Olympen Walter Sucher teilgenommen hatten. Wie das auch „Stoppt die Rechten“ vorliegende Video belegt, wurde dort das in der ursprünglichen Textversion von Max von Schenkendorf stammende Lied „Wenn alle untreu werden“ gesungen. Das Lied avancierte im Nationalsozialismus in leicht veränderter Form zum „Treuelied“ der SS und gilt seither als „verbrannt“. Die Staatsanwaltschaft Wien sieht in der Teilnahme von Martin Graf, Norbert Nemeth und Harald Stefan, die den „Standard“ für die Berichterstattung geklagt haben, einen Anfangsverdacht und will gegen die drei FPÖ-Abgeordneten Ermittlungen wegen des Verdachts auf Wiederbetätigung einleiten.
Die drei FPÖ-Abgeordneten sehen in der Tatsache, dass DER STANDARD im Bericht über das Begräbnis das dort gesungene Lied Wenn alle untreu werden als SS-Hymne bezeichnete und ihnen unterstellte, die Veranstaltung deshalb nicht verlassen zu haben, den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllt. Ein medienrechtliches Verfahren wurde eingeleitet. (derstandard.at, 29.11.24)
Zur Empörung aller Parteien mit Ausnahme der FPÖ führte, dass das Schreiben der Staatsanwaltschaft nicht wie in der Geschäftsordnung vorgeschrieben sofort an die Parlamentsparteien weitergeleitet wurde.
Dass das Ersuchen der StA Wien bereits am 20. November – vier Tage vor der Landtagswahl in der Steiermark – im Postfach von Rosenkranz eingelangt ist, den anderen Fraktionen bisher aber nicht übermittelt wurde, sorgt am Montag für Kritik. Schließlich sieht die Geschäftsordnung des Nationalrats vor, dass der Nationalratspräsident ein Auslieferungsersuchen der Staatsanwaltschaft „sofort nach dem Einlangen” dem Immunitätsausschuss zuweist. Doch nicht durch den Nationalratspräsidenten, sondern über den STANDARD haben die anderen Fraktionen vergangenen Freitag von der Post der Behörde erfahren. (…)
Ein Sprecher von Rosenkranz weist die Vorwürfe zurück: Das Ersuchen sei „von uns zeitnah an die zuständige Stelle im Haus weitergeleitet worden”, sagt er, ohne dabei nähere Angaben zu machen. Diese sei auch für die Übermittlung an die Fraktionen zuständig. Ein Sprecher der Parlamentsdirektion lässt wissen, dass das Schreiben vergangenen Freitag in der Kanzlei des Nationalrats eingegangen sei – zehn Tage nach Einlangen im Büro des Präsidenten und erst an jenem Tag, an dem DER STANDARD darüber berichtet hatte. (derstandard.at, 2.1.24)
„Ich war’s jedenfalls nicht”
Der „Standard“ (2.1.24) will herausgefunden haben, dass der ehemalige FPÖ-Gemeinderat Alexander Pawkowicz (Burschenschaft Aldania Wien) als Organisator des Begräbnisses fungiert habe. Doch der weist jegliche Verantwortung von sich „und betont auch, dass er keinerlei Funktionen mehr innerhalb der FPÖ bekleide. Tatsächlich ist er laut Website der FPÖ aber noch blauer Bezirksrat in Wien-Meidling.“ Auch auf der Bezirkswebsite ist Pawkowicz als FPÖ-Bezirksrat angeführt.
Doch wer war nun wirklich für die Darbietung des „Treuelieds“ verantwortlich? Pawkowicz dazu zum Standard: „Das kann ich Ihnen nicht sagen, ich war’s jedenfalls nicht, das kann ich Ihnen sagen.“ Feststeht, dass ein in Kärnten lebender und im freiheitlichen Milieu verankerter Olympe die Begräbnisteilnehmenden dazu aufgefordert hat, das Lied zu singen, wie im Video zu sehen und zu hören ist: „Walter Sucher hat mit seinem letzten Willen verfügt, dass wir an seiner Grabstätte das uns von Max von Schenkendorf geschenkte Treuelied singen, und ich bitte sie herzlich miteinzustimmen.“ Und feststeht, dass die FPÖ mit ihrer Behauptung, „[v]or Ort wurde zudem explizit angekündigt, man singe — auf ausdrücklichen Wunsch des Verstorbenen — das Lied des Max von Schenkendorf aus 1814” (ots.at, 1.10.24), ein klein wenig, aber nicht unerheblich falsch liegt und „aus 1814” dazugedichtet hat.
Anzunehmen ist, dass nun nicht nur gegen Graf, Nemeth und Stefan ermittelt werden wird, sondern auch gegen andere Begräbnisteilnehmer. Anders als bei den drei FPÖ-Politikern sind einige direkt im Video zu sehen, wie sie das „Treuelied” absingen.
Bei allen hier genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung!
Update 4.12.24: Die Jüdischen österreichischen Hochschüler:innen (JöH) und Bini Guttmann (Jurist und Exekutivrat des World Jewish Congress) haben eine Anzeige gegen Rosenkranz wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch eingebracht.