Die Fremdenlegion hat der FPÖ-Kandidat tatsächlich kennengelernt. Vor vielen Jahren. Im Frühjahr 1993, Niederreiter war damals 21 Jahre alt, setzt er sich nach Frankreich ab, weil ihm das Pflaster in Salzburg zu heiß geworden ist. Die Polizei ist ihm wegen verschiedener Delikte auf der Spur. Er hat hohe offene Rechtsanwaltsgebühren, „und meine Strafen werden immer mehr“, schreibt er in seinem Buch.

Der falsche Ehrenlegionär
Also ab zur Fremdenlegion! Dort erhält er einen neuen Namen („Karl Benz“) und eine militärische Ausbildung. Nach einem Monat türmt Niederreiter „hinten an der Kaserne über die Büsche“ zurück ins Bundesland Salzburg, wo er bei den Neonazis rund um die VAPO des Gottfried Küssel und ihren Salzburger „Gaubeauftragten“ landet.
Mit seiner Desertion von der Fremdenlegion (die eine reguläre Einheit der französischen Armee ist) handelte sich Niederreiter aber gleich zwei Probleme ein. Nach französischem Recht ist sie strafbar und wird im gesamten NATO-Gebiet geahndet. Nach österreichischem Recht aber führt der freiwillige Eintritt in eine fremde Armee zum Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft. (1)
Wenn sich Niederreiter gegenüber den „Salzburger Nachrichten“ im Jahr 2022 damit brüstet, dass er von der Fremdenlegion zum Ehrenlegionär ernannt worden sei, dann ist das schon aus dem Grund falsch, weil die Legion einem Deserteur wohl keinen Orden verleiht und erst recht nicht den der Ehrenlegion. Für dessen Verleihung ist nicht die Fremdenlegion zuständig, sondern ausschließlich der französische Staatspräsident. Klar ist, Wolfgang Niederreiter ist kein Ehrenlegionär.
Wenn sich Niederreiter mit dem Bundesparteiobmann der FPÖ, Herbert Kickl, ablichten lässt, dann ist das eine Sache. Wenn der Bundesparteiobmann der FPÖ dabei allerdings – strahlend wie ein Hutschpferd – eine Medaille der Fremdenlegion in die Kamera hält, dann lässt er sich gleich mehrfach vorführen. Zum einen suggeriert er damit, dass der Mann neben ihm wohl eine Auszeichnung der Fremdenlegion erhalten hat. Zum anderen macht er damit wohl auch Werbung für die Fremdenlegion, von der der Mann neben ihm nicht nur desertiert, sondern – nach eigenen Angaben – auch mit dem Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft bestraft worden ist. Zumindest sehr peinlich ist das für den Obmann der FPÖ!

Niederreiter selbst ist das nicht peinlich. Auf einem seiner mindestens fünf Facebook-Konten führt er in einem Video mit dem Kommentar „Heute aufgeräumt“ ein von ihm mit Devotionalien der Fremdenlegion ausgestattetes Zimmer vor. Es ist ein kleines Museum, voll mit Uniformteilen, Medaillen, Bildern, Büsten und auch Waffenteilen. Das alles ist übers Internet erwerbbar, muss aber ein kleines Vermögen gekostet haben.
Niederreiter, der Hassprediger
Auf Social Media, vor allem auf Facebook, erreicht Niederreiter Tausende. Seine Spezialität sind technisch und inhaltlich primitiv gestaltete Fotomontagen mit manipulierten Aufnahmen von Personen: Politiker*innen in Sträflingskleidung oder nackt, halbnackt, kopulierend, in Frauenkleidern, als Angeklagte bei den Nürnberger Prozessen oder als Bierdosen am Schießstand.

Seine unzähligen Sujets sind sexistisch, misogyn, homophob, rassistisch und immer auch hetzerisch – fast immer jedenfalls verletzend. Klaus Schwab, der Gründer des WEF, Feindbild aller Rechtsextremen und Verschwörungsheinis, wird in SA-Uniform gezeigt, der Bundespräsident als dementer Alter, ein SPÖ-Politiker (vermutlich ist damit der Wiener Bürgermeister gemeint) mit Schweinskopf. Zum Suizid der Ärztin Lisa Kellermayr postete Niederreiter den Screenshot einer Zeitungsmeldung, unterlegt mit Bach/Gounods „Ave Maria” und mit dem Kommentar: „Gott hat uns von dieser Dame befreit Halleluja.”

2021 hat Niederreiter seine Facebook-Accounts eröffnet. Aus den Jahren vorher – seit seinen Jahren als Neonazi und Söldner in Kroatien – ist wenig öffentlich bekannt. Die Corona-Pandemie war offensichtlich sein (Wieder-)Erweckungserlebnis. Dementsprechend oft war er bei vielen Demos gegen die Corona-Maßnahmen dabei – immer wieder mit Uniformteilen der Fremdenlegion bekleidet. Auch bei Demos gegen Pädophilie war er einer der ganz eifrigen Eiferer. Zu dem schweren sexuellen Missbrauch in den eigenen Reihen durch einen Trychler schwieg er aber – so wie die anderen Heuchler aus der Szene.
Jetzt hat es Niederreiter zum Kandidaten der FPÖ Mistelbach für die Gemeinderatswahl am 26.Jänner geschafft.






Alle Postings sind gerichtstauglich gesichert.
Update 22.1.25: Niederreiter ist nach eigener Aussage (NÖN) von seiner Kandidatur zurückgetreten (was er – rechtlich gesehen – nicht mehr kann) und hat die FPÖ verlassen. Er bestreitet, die Postings selbst getätigt zu haben, sein Account sei gehackt worden. Fragt sich, welcher der vielen?
➡️ Wolfgang Niederreiter (Teil 1): Der FPÖ-Kandidat mit Geschichte
Fußnote
1 Die Aberkennung der Staatsbürgerschaft ist dokumentiert in Niederreiters Buch und auch in Medienberichten (APA, 17.8.1994). Wann und warum er die Staatsbürgerschaft wieder erhalten hat, ist unbekannt.