Don Pedro und seine braune WhatsApp-Ausstellung
Ein etwa 80-jähriger Angeklagter, der nicht weiß, dass der primitive Vernichtungsantisemitismus, der ihm so gefallen hat, strafbar ist? Der dümmliche Hitler-Bildchen, oft Memes, verschickt und den Geschworenen verklickern will, dass das ja nichts anderes sei als Ausstellungen zum Nationalsozialismus in Museen?
Peter V., der sich am 9.12. wegen § 3g Verbotsgesetz und eigentlich auch wegen § 50 Waffengesetz am Landesgericht Wien als Angeklagter einfinden musste, hat es mit dieser Argumentation versucht.
Erster Einschub: Der Hinweis, dass er so um die 80 Jahre alt ist, beruht auf einer Schätzung unserer Prozessbeobachtung, die etwas zu spät zur Verhandlung eingetroffen ist und deshalb die Aufnahme der persönlichen Daten versäumte.
Zweiter Einschub: Die Anklage wegen des Vergehens nach dem Waffengesetz wurde gleich zu Beginn wieder ausgeschieden. Dabei war es der Hinweis von einem, der von Peter V. Waffen gekauft hat, der zu einer Hausdurchsuchung geführt hat. Bei der hat man zwar nur eine Waffe und Munition, dafür aber viel Nazi-Kram in den WhatsApp-Nachrichten auf seinem Handy gefunden*.
Von Schuldeinsicht ist bei V., der auch als „Don Pedro“ unterwegs ist, nichts zu bemerken. Nur die Floskel, dass es ihm leidtue, kommt ihm über die Lippen. Natürlich mit dem Zusatz, er habe ja nicht gewusst, sich damit strafbar zu machen. Einem Geschworenen ist dieses Gesülze zu viel, und er fragt den Angeklagten, ob er denn sein ganzes Leben zuhause eingesperrt verbracht habe – ohne Kontakt nach außen? Der erklärt, dass ihm seine Freunde „irgendwann“ gesagt hätten, das sei verboten, und daraufhin habe er das eh nicht mehr gemacht.
„Irgendwann“ muss nach dem Dezember 2023 gewesen sein, denn zwischen August 2019 und Dezember 2023 liegen die Vorfälle, die ihm die Staatsanwaltschaft in der Anklage zur Last legte. Dass der Tipp zur Zurückhaltung aus seinem tiefblauen Freundeskreis gekommen sein soll, ist überraschend – aber wir glauben ja an das Gute in den Menschen.
Die Geschworenen glaubten den Märchen von Don Pedro nicht und sprachen ihn schuldig. Die 18 Monate Strafe, bedingt auf drei Jahre, hat der Angeklagte akzeptiert, aber die Staatsanwaltschaft gab zum Ende der Verhandlung noch keine Erklärung ab.
*Die Beschlagnahmung und Auswertung von Handys und anderen Datenträgern wird in Zukunft schwieriger: Handysicherstellung: Breite Mehrheit für Paket zur Neuregelung
Glatzen-Michael und der „Bereich”
Der Angeklagte macht auch auf seinem Facebook-Profil keinen gewinnenden Eindruck. Die Anklage verfestigt das Bild: Wegen des Verdachts der Verhetzung, der NS-Wiederbetätigung und der Herabwürdigung religiöser Lehren musste sich Michael L. (59) am 11.12. vor einem Geschworenengericht in Innsbruck verantworten.
Vorgeworfen werden ihm die Delikte für einen Zeitraum zwischen November 2023 und 20. April 2024. Begangen hat er sie auf TikTok, Instagram, Facebook und X. Das spricht für ein starkes Mitteilungs- und Selbstdarstellungsbedürfnis. Zeit für seine Hetzereien hatte er jedenfalls ausreichend, weil seit einem Arbeitsunfall 2007 bezieht er eine Pension.
Auf der Brust hat sich der Glatzkopf den SS-Wahlspruch „Meine Ehre heißt Treue“ tätowieren lassen, dazu die SS-Runen. In seinen Posts geht’s viel um Hitler-Fotos mit entsprechendem Begleittext. Z.B.: „Ich vergesse, ich vergaß, ich vergaste“ Das nennt sein Verteidiger dann bloß „geschmacklos“. L. betont in seinem Schlussplädoyer, dass er nie etwas mit dem „Bereich“ zu tun gehabt hätte. Weil das keine sehr glaubhafte Erklärung für sein Nazi-Tattoo und seine medialen Aktivitäten war, kauften ihm die Geschworenen den Schmäh auch nicht ab und sprachen ihn in fünf von 18 Anklagepunkten schuldig. Das reichte für eine Verurteilung zu einem Jahr bedingt und einer Geldstrafe von 2.700 Euro. Unklar ist, ob das Urteil bereits rechtskräftig ist.
Danke an prozess.report für die Prozessbeobachtung!